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Hilfe mit dem Rollstuhl

Physiologie. - Wenn Kinder einen Rollstuhl brauchen, leisten sie physische Schwerstarbeit. Kleine Stufen stellen riesige Hürden dar, ein paar Meter im Rückwärtsgang geraten zur Zitterpartie. Wie sie diese Aufgaben bewältigen, bleibt den jungen Patienten nahezu selbst überlassen. Denn eine Anleitung zum Rollstuhlfahrern gibt es nicht. Ein Projekt der sportwissenschaftlichen Fakultät an der Universität Leipzig will das ändern.

    Schon erwachsene Rollstuhlfahrer haben es im Alltag schwer. Bordsteine, Treppen, selbst geringe Steigungen sind für anstrengend. Kinder haben es noch schwerer, doch bislang gibt es für sie keinerlei planmäßige Schulung. Am Institut für Rehabilitationssport, Sporttherapie und Behindertensport wollen die Therapeuten den Kindern mit Hilfe eines Ergometers individuell zugeschnittene Hilfestellung geben. Projektleiterin Simone Zimmermann: "Wir können die Geschwindigkeiten erfassen und gleichzeitig die Bewegungen mit Videokameras von drei Seiten aufnehmen. Diese Aufnahmen digitalisieren wir und analysieren sie mit einer Bewegungsanalyse-Software." Auf Schultern, Ellbogen, Handrücken und Fingern kleben dabei Positionsmarkierungen, die der Rechner erfassen kann. Damit können die Bewegungen des Probanden im Computer exakt nachgezeichnet werden. Zimmermann: "So können wir erkennen, wie der Raumweg der Hände beim Fahren aussieht, wie der Raumweg von Ellenbogen oder Schulter aussieht, wie der Winkel aussieht, wenn sie fahren, und das zu unterschiedlichen Geschwindigkeiten."

    Offenbar ist es gar nicht so einfach, einen Rollstuhl optimal, das heißt sicher und mit möglichst wenig Anstrengung zu bedienen. Simone Zimmermann berichtet: "Ich wurde einmal mit Kindern konfrontiert, die auch im Rollstuhl sitzen, aber so unmöglich, dass sie sich gar nicht richtig drin bewegen können und wegen der mangelhaften Anpassung des Stuhls auch nie eine Motivation haben, sich schneller zu bewegen. Denn es strengt einfach nur an." Dieses Erlebnis brachte Simone Zimmermann dazu, eine wissenschaftliche Studie zum Fahrstil der Kinder zu initiieren. Seit dem vergangenen Jahr vermessen die Forscherinnen in Leipzig die Art und Weise, wie die jungen Rollstuhlfahrer an die Räder greifen und ihren Stuhl antreiben. Die gesammelten Daten vom Rollstuhlergometer zeigen, welche Sitzhöhe, Körperhaltung und Fahrtechnik optimal sind. Das Projekt liefert also wertvolle Anhaltspunkte für Therapeuten in der Rehabilitation oder für Sanitätshäuser, die die Rollstühle der Kinder einstellen. Zum Abschluss möchte Simone Zimmermann noch ein Video erstellen, mit dem Kinder das effektive Rollstuhlfahren erlernen können

    [Quelle: Uta Bilow]