Archiv


Hochbelasteter Aushub aus der Elbe wird in der Nordsee entsorgt

Nach einer Studie der Vereinten Nationen wächst die Belastung der Meere vor allem im Stillen durch Schlammablagerungen mit giftigen Schwermetallen oder durch die Einleitung radioaktiver Stoffe. Genau um diese stille Belastung geht es derzeit auch bei einem Streit in Hamburg. Das ausgebaggerte Flussbett der Elbe wird nämlich in die Nordsee gebracht. Doch was da entsorgt wird, hat es in sich.

Von Werner Nording |
    Im Hamburger Hafen sind derzeit Saugbagger im Einsatz, um die Fahrrinne für die Ozeanriesen freizuhalten. Mit der Flut werden täglich schwebende Teilchen in den Hafen befördert, die sich am Boden des Flusses absetzen. Die müssen beseitigt werden, sagt die Sprecherin der neuen Hamburg Port Authority, Christiane Kurth:

    "Unsere Aufgabe ist es ja in erster Linie, den Hamburger Hafen am Laufen zu halten, der ja der zweitgrößte in Europa ist, wir hatten zur Zeit einige Mindertiefen bedingt durch verschiedene Naturphänomene, die sehr viele Ursachen haben, entsprechend mussten wir diese Wassertiefen wieder herstellen und das ging nur, indem wir die Elbsedimente wegbaggern und an einen Ort verbringen, wo sie nicht spontan gleich wieder zurückgespült werden. "

    In den nächsten zwei bis drei Jahren müssen rund vier Millionen Kubikmeter Sedimente ausgebaggert werden. Manfred Braasch, Geschäftsführer beim BUND-Hamburg sagt, welche Schadstoffe sich über die Jahre im Boden der Elbe abgelagert haben:
    "Die Sedimente in der Elbe sind ein Langzeitgedächtnis. Dort finden wir Schadstoffe, die zum Teil schon 20 bis 30 Jahre in der Elbe rauf- und runterdiffundieren, die sich dann in dem Sediment ablagern. Dazu gehören Schwermetalle wie Blei, organische Verbindungen wie HCH, aber auch neuere Schadstoffe wie TBT, ein Anti-Fouling-Anstrich, den man bis vor kurzem im Werftbereich beim Schiffsbau eingesetzt hat."

    Bis zu Beginn der 80er Jahre wurden die Sedimente zum Beispiel von der Landwirtschaft genutzt. Als man die erhöhte Belastung des Baggerguts erkannte, wurde der Schlick in Deponien abgelagert. Nachdem die Wasserqualität der Elbe sich nach der Wende deutlich verbessert hatte, entschied Hamburg sich dafür, das Baggergut wieder in den Strom einzuführen. Die ausgebaggerten Sedimente wurden anfangs bei Wedel, an der Landesgrenze zu Schleswig-Holstein verklappt. Doch weil die Flut das Baggergut innerhalb weniger Wochen wieder in den Hafen zurücktrieb, hat sich die Hamburger Port Authority jetzt eine Verklappungsstelle 25 Kilometer nordwestlich von Scharhörn in der Deutschen Bucht ausgesucht, sagt Behörden-Sprecherin , Christiane Kurth:

    "Wir haben sie danach ausgesucht, dass sie fernab von allen Schutzgebieten liegt, dass die Verdriftung nicht in die Watten- oder in irgendwelche anderen Vogel- oder Naturschutzgebiete geht. Die Strömungsbemessungen haben gezeigt, dass wir hier eine Drehströmung haben, das heißt, das Sediment verdriftet auch nicht so stark. Auch hier wollten wir ausschließen, dass es eine Verdriftung in Naturschutzgebiete gibt."

    Der BUND ist mit der neuen Verklappungsstelle keineswegs einverstanden. TBT zum Beispiel kann das Fortpflanzungsverhalten der Meeresfauna beeinträchtigen. Auch die Bundesanstalt für Gewässerkunde in Koblenz kommt in einer vorläufigen Einschätzung zu dem Ergebnis, dass bedeutende Umweltrisiken für die Umwelt nicht auszuschließen sind. BUND-Geschäftsführer Braasch sagt, warum sein Verband es ablehnt, die Sedimente in der Nordsee zu verklappen:

    "Wir lehnen es deswegen ab, weil man einen Bereich in der Nordsee ausgesucht hat, der ökologisch relativ sensibel ist. Er liegt in einem Gebiet, das bedeutend für Rast und Nahrung von Seevögeln ist. Es liegt in unmittelbarer Nähe zu einer International Bird Area, also einem für den Vogelzug wichtigen Bereich. Und die Hamburger Behörde hat das aus unserer Sicht ohne ausreichende Prüfung schon vollzogen und hat nicht die wichtigen Bundesbehörden eingeschaltet, die für die Nordsee zuständig sind. "

    Behördensprecherin Kurth gesteht zu, dass bei der Verklappung von Sedimenten Umweltrisiken nicht auszuschließen sind. Da die Verklappungsstelle auf dem Hoheitsgebiet von Schleswig-Holstein liegt, das Nachbarland sich bislang aber nicht beschwert habe, gehe man in Hamburg davon aus, dass es bislang keine gravierenden Beeinträchtigungen gegeben habe.