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Hochfliegende Karrieren

In der Luft- und Raumfahrtindustrie gehen in den kommenden Jahren viele Ingenieure in den Ruhestand. Der Bedarf an Absolventen in den entsprechenden Studienfächern ist deshalb groß. Viele Firmen suchen händeringend nach geeignetem Nachwuchs. Und so gab es bei der Stellenbörse der internationalen Luftfahrtausstellung einige viel versprechende Stellenangebote.

Von Philip Banse | 19.05.2006
    "Mein Studium neigt sich dem Ende entgegen, die Diplomarbeit liegt in den letzten Zügen und da wollte ich mich mal ein bisschen umgucken."

    Torsten Pannebäcker ist 27, studiert in Dortmund Angewande Informatik und steht im Career Center der Internationalen Luftfahrtausstellung, mitten zwischen Flugzeugen und märkischen Rapsfeldern. In Halle 4 und 5 suchen Unternehmen der Luft- und Raumfahrtindustrie nach neuen Mitarbeitern, Universitäten werben für ingenieurwissenschaftliche Studiengänge. Torsten Pannebäcker schreibt seine Diplomarbeit zum Thema Wartungsunterstützung, Fehlerdiagnose. Arbeiten würde er gerne im Bereich Avioniksysteme, Flugregelung. Dass er sich seinen Arbeitgeber fast aussuchen kann, ist dem angehenden Ingenieur bewusst:

    "Ja, ich glaube, es gibt Branchen, denen es schlechter geht, das stimmt wohl, ja."

    Dietrich Bücher bestätigt das. Er ist bei Airbus in Hamburg zuständig für Personalwesen und Nachwuchsrekrutierung. Vor allem die enorme Nachfrage nach Luftfahrtechnik aus China beschwere der Branche ein enormes Wachstum. Auf der ILA will Büscher für sein Unternehmen werben, denn mittlerweile hat er Probleme die offenen Stellen bei Airbus zu besetzen.

    "In diesem Jahr suchen wir noch rund 500 Positionen, davon 300 in Hamburg, überwiegend Ingenieure. Und die in einer ziemlich breiten fachlichen Spreizung. Wir suchen nicht allein Luft- und Raumfahrttechniker, sondern wir suchen auch den Maschinenbauer, den Elektrotechniker, den Maschinenbauer mit Verfahrenstechnikvertiefung."

    Willkommen seien aber auch Ingenieure aus der Autoindustrie und dem Schiffbau. Ähnliches berichtet Frank Schmith, bei Lufthansa Technik Leiter Personalmarketing und Nachwuchsprogramme. Auch sein Unternehmen werde bis Ende 2007 bis zu 500 neue Mitarbeiter einstellen, auch sein Unternehmen hat zusehends Schwierigkeiten gute Ingenieure zu finden, berichtet Schmith. Der Ingenieursmangel liege zum einen darin begründet, dass in den Schulen zu wenig Technik vermittelt werde. Auch die vielen arbeitslosen Ingenieure Mitte Neunziger hätten diese Studienrichtungen nicht attraktiver gemacht. Mittlerweile, sagt Frank Schmith, habe die Luftfahrtindustrie wieder das Niveau des Jahres 2000 erreicht. Die große Nachfrage nach Ingenieuren aller Couleur treibe deren Anfangsgehälter spürbar nach oben:

    "Das beobachten wir im Moment, dass für Ingenieure das Gehaltsniveau anzieht. Das kann für einen Hochschulabsolventen losgehen bei 42.000 Euro pro Jahr und das geht hoch bis Anfang der 50.000. Das sind Gehälter, von denen Ingenieure vor ein paar Jahren nicht zu träumen wagten, die der Markt aber hergibt.""

    Auch Ingrid Schilling-Kalitsch wirbt in Halle 4 des Career Centers für die Luftfahrtbranche. Sie leitet in Hamburg die Qualifizierungsoffensive Luftfahrtindustrie, einen Zusammenschluss von Industrie und Hamburger Senat, der die Nachfrage nach Ingenieuren helfen soll zu befriedigen: Verbesserung der Ausbildung, der Fortbildung, Technik-Unterricht in Schulen – selbst aus Schweden holt Ingrid Schilling-Kalitsch Luftfahrttechniker in die Hansestadt. In Hamburg sei die Zahl der Beschäftigten in der Luftfahrtindustrie zuletzt jährlich um über acht Prozent gewachsen. Da kommt gleich der Einwand: Antizyklisch studieren, denn wer Luft- und Raumfahrttechnik studiert hat, als alle abrieten, ist heute gefragter denn je. Doch die Nachwuchs-Fahnderin Schilling-Kalitsch glaubt nicht, dass in ein paar Jahren eine Ingenieursschwemme die Anfangsgehälter wieder in den Keller drückt.

    "Das glaube ich nicht, denn wir müssen ja auch den demografischen Faktor berücksichtigen, dass in den nächsten Jahren sehr viele in den Ruhestand gehen und dass es allein dadurch einen gewissen Ersatzbedarf besteht. Selbst wenn es nicht mehr ein so großes Wachstum geben würde, wäre der Bedarf an Ingenieuren durchaus gegeben."