Samstag, 11. Mai 2024

Wehrbericht
"Von allem zu wenig": Högl fordert substanzielle Verbesserungen für die Bundeswehr

Wie steht es um Personal, Material und Infrastruktur bei der Bundeswehr? Die Wehrbeauftragte des Bundestages, Högl, beklagt in ihrem Jahresbericht erneut eine unzureichende Ausstattung. In einigen Bereichen sieht sie aber Fortschritte.

13.03.2024
    Eine Panzerhaubitze 2000 der Bundeswehr wird instand gesetzt, mehrere Soldaten arbeiten mit Werkzeug auf dem Panzer.
    Die Bundeswehr ist immer noch unzureichend mit Material ausgestattet. (Archivbild) (imago / photothek / Thomas Imo)
    In dem Bericht, den die SPD-Politikerin in Berlin vorstellte, schreibt die Wehrbeauftragte, die Truppe altere und schrumpfe. Etliche Verbände hätten "große Personalvakanzen". Wörtlich heißt es: "Ich komme nicht umhin festzuhalten, dass auch im zweiten Jahr der Zeitenwende substanzielle Verbesserungen (...) auf sich warten lassen."

    "Marode Stuben, verschimmelte Duschen, verstopfte Toiletten"

    Högl betont zum Beispiel, es mangele an Material vom Großgerät bis hin zu Ersatzteilen. Durch die Abgabe von Material an die Ukraine sei der Mangel noch größer geworden. Auch die Infrastruktur sei vielerorts desaströs. Der Zustand der Kasernen sei teils beschämend. So erreichten sie Schreiben von Eltern, deren Kinder ihren Dienst angetreten hätten - in Kasernen "mit maroden Stuben, verschimmelten Duschen und verstopften Toiletten".

    Digitalisierung? Neuland!

    Hinzu kämen "über-bürokratisierte Prozesse und Strukturen". Gesundheitsakten würden per Post verschickt, Stundenzettel in Excel erstellt, dreifach ausgedruckt und abgeheftet. Högl wörtlich: "Digitalisierung? Neuland!"

    Zunahme an sexuellen Übergriffen

    Högl stellte bei der Truppe zudem eine wachsende Zahl an Verstößen gegen die sexuelle Selbstbestimmung fest. Die Fälle reichten von unangemessenen Witzen bis hin zur Vergewaltigung und beträfen überwiegend Frauen. Oft sei Alkohol im Spiel. Mit Bezug auf den Rechtsextremismus betonte sie, die weit überwiegende Mehrheit der Bundeswehrangehörigen stehe fest auf dem Boden des Grundgesetzes.

    Aber auch "wichtige Weichen gestellt"

    Högl erkannte aber zugleich an, dass im vergangenen Jahr in vielen Bereichen bei der Bundeswehr wichtige Weichen gestellt worden seien. Es werde aber noch Zeit brauchen, bis die Truppe die Ergebnisse auch spüre.
    Ausdrücklich lobte sie die "persönliche Ausrüstung" der Truppe. Bei vielen Besuchen sehe sie inzwischen in leuchtende Augen von Soldatinnen und Soldaten, die stolz ihre neue Ausrüstung präsentierten. "Das ist keine Kleinigkeit. Das ist eine Form der Wertschätzung und Anerkennung. Das macht Zeitenwende spürbar und sichtbar." Allerdings sei die Bundeswehr noch nicht am Ziel.
    Die Wehrbeauftragte unterstützt den Bundestag bei der parlamentarischen Kontrolle der Streitkräfte. Sie gilt auch als Anwältin der Soldaten, die sich jederzeit an sie wenden können.

    Auch Bundeswehrverband fordert umfangreiche Investitionen

    Der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes, Wüstner, mahnte ebenfalls umfangreiche Investitionen in die Truppe an. Man habe in allen Teilstreitkräften massive Probleme gemessen am Auftrag und an der Lage, sagte Wüstner im ARD-Fernsehen. Keine einzige Heeresbrigade sei einsatzbereit. Die Lage habe sich auch mit dem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr leider nicht verbessert, da in den Jahrzehnten zuvor zu viel eingespart worden sei.
    Diese Nachricht wurde am 12.03.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.