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Hoffen auf Heilung von Chorea Huntington

Neurologie. - Chorea Huntington ist eine zurzeit unheilbare und tödlich verlaufende Erbkrankheit, auch als erblicher Veitstanz bekannt. Berliner Forscher haben auf der Suche nach einem Mittel gegen die Krankheit einen Bestandteil des Grünen Tees im Visier. Sie löst im Experiment die tödlichen Eiweißklumpen in den Nervenzellen in kleinere Einheiten oder sogar ganz auf.

Von William Vorsatz |
    Wenn ein Kind das Chorea-Huntington-Gen von einem Elternteil geerbt hat, kommt es unweigerlich irgendwann zum Ausbruch der Krankheit. Meist zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr. Dann gehen immer mehr Nervenzellen zu Grunde. Schuld daran sind massive Eiweißablagerungen in den Zellen. Dagmar Ehrnhoefer vom Max-Delbrück-Zentrum für Molekulare Medizin in Berlin hat eine Probe mit betroffenem Gewebe unter dem Mikroskop:

    "In diesen Zellen sieht man schon sehr schön, das macht richtig dicke Klumpen, die sind meistens in der Nähe vom Zellkern gelagert, und man sieht auch im Mikroskop, die drücken den Zellkern richtig ein. Also der kriegt dann richtig eine Delle, und das sieht schon, wenn man sich mit Zellen ein bisschen auskennt, die sehen schon meistens nicht mehr sehr gesund aus, also denen geht es dann richtig schlecht, wenn die so ein mutiertes Huntington-Gen produzieren müssen."

    Das Team um Ehrnhoefer hat die Verklumpungen der Eiweiße im Reagenzglas nachgestellt. Zunächst ohne jede weitere Beeinflussung. Dazu nahmen die Wissenschaftler die veränderte menschliche DNA und bauten sie in Bakterien ein. Diese produzierten dann das verklumpte Eiweiß. Dann haben die Wissenschaftler verschiedene Pflanzensubstanzen darauf hin getestet, ob sie die Klumpenbildung stoppen können. Fündig geworden sind sie schließlich bei Epigallocatin-Gallate, einem Farbstoff aus dem Grünen Tee. Ehrnhoefer:

    "Es kam im Prinzip der Effekt, dass wir erst einmal sahen, die Aggregate sind weg. Das ist eigentlich schon sehr erstaunlich, weil diese Aggregate sehr stabil sind. Also die kann man kochen, die kann man mit Enzymen behandeln, die lassen sich nicht so einfach klein kriegen, und es ist schon erstaunlich, das so eine Substanz, die von einer Pflanze produziert wird, das dann schafft, die Bildung von diesen Klumpen wirklich zu verhindern."


    Die Wissenschaftler haben das Experiment hunderte Male wiederholt und die Bedingungen variiert. Das Ergebnis blieb gleich. Dann wollte sie wissen, an welcher Stelle die Teesubstanz verhindert, dass sich die Eiweiße in den Nervenzellen verklumpen: Offenbar sehr früh, gleich am Anfang der Klumpenbildung. So werden schon die ersten falschen Faltungen der Proteine verhindert, bei denen ansonsten Kerne entstehen, um die herum sich später immer größere Klumpen anlagern. Ehrnhoefer:
    "Was man hier so ein bisschen sieht, sind zwar immer noch dicke Klumpen, aber hier sehen Sie zum Beispiel, da wird so ein dicker Klotz aufgelöst in mehrere kleine, das heißt, das Protein wird löslicher. Es klumpt nicht mehr zusammen, sondern es verteilt sich gleichmäßig in der Zelle, und das ist dann eigentlich der Zustand, den wir erreichen wollen."

    Epigallocatin wird dadurch für neue Medikamente gegen Chorea interessant. Allerdings müssen noch einige wichtige Fragen geklärt werden. Beispielsweise, wie die Substanz am besten und möglichst hoch konzentriert an der Blut-Hirnschranke vorbei direkt zu den Nervenzellen im Gehirn gelangen kann.
    Teekonsumenten muss Ehrnhoefer allerdings enttäuschen:


    "Wenn man Grünen Tee trinkt, landet der Tee ja erstmal im Verdauungstrakt, die Substanzen werden dann über den Darm aufgenommen, und der Weg bis zum Gehirn ist ein langer. Und ich glaube jetzt nicht, dass man nur durch den Konsum von Grünem Tee Chorea Huntington verhindern kann."

    Grüner Tee sei wahrscheinlich dennoch bei degenerativen Krankheiten wie Chorea Huntington sinnvoll. Weil auch andere Bestandteile, wie die antioxidativen Substanzen, die Nervenzellen schützen.