Im kleinen Konverenzsaal in der Rue Demot in Brüssel sitzt eine
zwölfköpfige Jury und dreht Däumchen. Eigentlich sollte eine
Dolmetscherkandidatin vorsprechen. Die Europäische Kommission und das Europaparlament suchen gemeinsam neue Mitarbeiter für den Sprachendienst. Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses ist etwas irritiert.
"Die erste Kandidatin ist einfach nicht gekommen. Wir
warten seit einer dreiviertel Stunde, wir geben ihr noch eine
Viertelstunde und wenn sie dann nicht kommt, gilt sie als
durchgefallene Kandidatin. Als nächstes kommt eine junge Dame mit
Französisch, Polnisch und Englisch. Aber sie sollte erst in einer
Stunde ankommen, da haben wir für sie noch Zeit genug."
Serge Leveneck arbeitet seit knapp 20 Jahren als Dolmetscher für
das Europäische Parlament. Der Elsässer dolmetscht aus drei Sprachen ins Französische. Nach einer Zusatzausbildung sitzt er jetzt
gelegentlich in der Auswahlkommission für den Nachwuchs. Dass jemand zur mündlichen Prüfung nicht erscheint, das ist ihm noch nie passiert. Denn wer es bis hierhin geschafft hat, der läßt normalerweise nicht mehr locker, der ist schon in der engeren Auswahl. Das sieht auch die junge Polin so, die inzwischen angekommen ist und sich etwas nervös auf ihren Einsatz vorbereitet.
"Ich habe im September einen Ausscheidungstest gemacht. Den hat die EU-Kommission speziell für die zehn neuen Mitgliedsländer organisiert. Von den 500 Bewerbern blieben nur 50 übrig. Die sind jetzt zu Einzelprüfungen eingeladen."
Jobs bei den Europäischen Institutionen sind heiß begehrt. Zwar
wurde das Einstiegsgehalt etwa für Dolmetscher vor kurzem auf rund 3000 Euro gesenkt, aber europäische Beamte bekommen großzügige Sozialleistungen, Sondervergünstigungen und zahlen nur geringe Steuern. Für freie Dolmetscher bieten Europäische Kommission und Parlament Tagessätze von 350 Euro. Aber dafür sind die Anforderungen hoch.
"Die Tests sind sehr anspruchsvoll, sehr schwierig. Eigentlich muss man schon sehr viel Erfahrung mitbringen, wenn man sich hier bewirbt. Ich habe jetzt etwa drei Jahre Berufspraxis und das ist eigentlich zu wenig. Um sich hier sicher zu fühlen, müßte man mindestens fünf Jahre als Dolmetscher gearbeitet haben."
Die Aufnahmeprüfung als Dolmetscher für Maltesisch hat bisher
kein einziger Bewerber geschafft. Dabei sucht die Europäische Union händeringend nach Dolmetschern und Übersetzern. Für fast alle Amtssprachen der Europäischen Union fehlt es an Personal. Trotzdem halten die Institutionen an ihren Standards fest. Der Vorsitzende der Jury, Serge Leveneck:
"Beim Dolmetscher, ob Erfahren oder Anfänger, wenn das
Wort gesprochen ist, gilt es. Wenn etwas missverstanden wird, ist es zu spät. Wenn man ein falsches Wort korrigieren will, dann ist der Redner schon kilometerweit weg. Es ist fast eine Frage des Charakters oder des Temperaments."
Durch die Osterweiterung ist die Nachfrage nach Dolmetschern
deutlich gestiegen. Ganz anders sieht es bei den Übersetzern aus. Zwar müssen viele europäische Gesetzestexte jetzt nicht mehr nur in elf, sondern in 21 Sprachen übertragen werden. Doch aus Angst vor dem Kollaps hat die EU-Kommission vor einem Jahr ihre Beamte angewiesen, prägnanter und kürzer zu schreiben. Der Appell, anfangs als Schnapsidee verspottet, hat offensichtlich gewirkt. Die Texte der europäischen Verwaltung sind heute knapper, bestätigt eine Übersetzerin aus der Kommission, unterm Strich sei die Arbeit sogar weniger geworden. Vor allem für externe Übersetzungsbüros gebe es praktisch kaum noch Aufträge aus der Europäischen Kommission.
Trotzdem schießen in Brüssel immer neue Übersetzungsbüros aus dem Boden. Doch das habe nichts mit der Osterweiterung zu tun, sagt Berry Brennan von Kings Translations. Seine Kundschaft ist nicht die Europäische Kommission. Es sind die Lobbyfirmen und die europäischen Branchenverbände, die bei
"Der Markt ändert sich vor allem dadurch, dass viel mehr Leute ihre Websites übersetzen. Das war früher nicht so. Die sehen, dass es ganz wichtig ist, besonders für mittlere bis größere Unternehmen, dass ihre Website in mehreren Sprachen zu lesen ist, also
auf Englisch, Französisch, Deutsch und Spanisch. "
Ein guter Übersetzer kann in Brüssel zwischen 150 und 200 Euro am
Tag verdienen, sagt Barry Brennan. Doch er warnt davor, auf die neuen EU-Amtssprachen zu setzen. Auch wenn es jetzt so aussieht, als ob da die Nachfrage besonders groß sei.
"Dieser Bedarf wird bald weniger werden, weil sie jetzt
alle Sachen zu übersetzen haben. Aber das wird sich mit der Zeit
stabilisieren. In Fünf Jahren, glaube ich, wird sich das stabilisiert
haben. Aber die großen Sprachen werden die großen Sprachen bleiben. Deutsch, Französisch, Spanisch, Russisch, Chinesisch."
zwölfköpfige Jury und dreht Däumchen. Eigentlich sollte eine
Dolmetscherkandidatin vorsprechen. Die Europäische Kommission und das Europaparlament suchen gemeinsam neue Mitarbeiter für den Sprachendienst. Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses ist etwas irritiert.
"Die erste Kandidatin ist einfach nicht gekommen. Wir
warten seit einer dreiviertel Stunde, wir geben ihr noch eine
Viertelstunde und wenn sie dann nicht kommt, gilt sie als
durchgefallene Kandidatin. Als nächstes kommt eine junge Dame mit
Französisch, Polnisch und Englisch. Aber sie sollte erst in einer
Stunde ankommen, da haben wir für sie noch Zeit genug."
Serge Leveneck arbeitet seit knapp 20 Jahren als Dolmetscher für
das Europäische Parlament. Der Elsässer dolmetscht aus drei Sprachen ins Französische. Nach einer Zusatzausbildung sitzt er jetzt
gelegentlich in der Auswahlkommission für den Nachwuchs. Dass jemand zur mündlichen Prüfung nicht erscheint, das ist ihm noch nie passiert. Denn wer es bis hierhin geschafft hat, der läßt normalerweise nicht mehr locker, der ist schon in der engeren Auswahl. Das sieht auch die junge Polin so, die inzwischen angekommen ist und sich etwas nervös auf ihren Einsatz vorbereitet.
"Ich habe im September einen Ausscheidungstest gemacht. Den hat die EU-Kommission speziell für die zehn neuen Mitgliedsländer organisiert. Von den 500 Bewerbern blieben nur 50 übrig. Die sind jetzt zu Einzelprüfungen eingeladen."
Jobs bei den Europäischen Institutionen sind heiß begehrt. Zwar
wurde das Einstiegsgehalt etwa für Dolmetscher vor kurzem auf rund 3000 Euro gesenkt, aber europäische Beamte bekommen großzügige Sozialleistungen, Sondervergünstigungen und zahlen nur geringe Steuern. Für freie Dolmetscher bieten Europäische Kommission und Parlament Tagessätze von 350 Euro. Aber dafür sind die Anforderungen hoch.
"Die Tests sind sehr anspruchsvoll, sehr schwierig. Eigentlich muss man schon sehr viel Erfahrung mitbringen, wenn man sich hier bewirbt. Ich habe jetzt etwa drei Jahre Berufspraxis und das ist eigentlich zu wenig. Um sich hier sicher zu fühlen, müßte man mindestens fünf Jahre als Dolmetscher gearbeitet haben."
Die Aufnahmeprüfung als Dolmetscher für Maltesisch hat bisher
kein einziger Bewerber geschafft. Dabei sucht die Europäische Union händeringend nach Dolmetschern und Übersetzern. Für fast alle Amtssprachen der Europäischen Union fehlt es an Personal. Trotzdem halten die Institutionen an ihren Standards fest. Der Vorsitzende der Jury, Serge Leveneck:
"Beim Dolmetscher, ob Erfahren oder Anfänger, wenn das
Wort gesprochen ist, gilt es. Wenn etwas missverstanden wird, ist es zu spät. Wenn man ein falsches Wort korrigieren will, dann ist der Redner schon kilometerweit weg. Es ist fast eine Frage des Charakters oder des Temperaments."
Durch die Osterweiterung ist die Nachfrage nach Dolmetschern
deutlich gestiegen. Ganz anders sieht es bei den Übersetzern aus. Zwar müssen viele europäische Gesetzestexte jetzt nicht mehr nur in elf, sondern in 21 Sprachen übertragen werden. Doch aus Angst vor dem Kollaps hat die EU-Kommission vor einem Jahr ihre Beamte angewiesen, prägnanter und kürzer zu schreiben. Der Appell, anfangs als Schnapsidee verspottet, hat offensichtlich gewirkt. Die Texte der europäischen Verwaltung sind heute knapper, bestätigt eine Übersetzerin aus der Kommission, unterm Strich sei die Arbeit sogar weniger geworden. Vor allem für externe Übersetzungsbüros gebe es praktisch kaum noch Aufträge aus der Europäischen Kommission.
Trotzdem schießen in Brüssel immer neue Übersetzungsbüros aus dem Boden. Doch das habe nichts mit der Osterweiterung zu tun, sagt Berry Brennan von Kings Translations. Seine Kundschaft ist nicht die Europäische Kommission. Es sind die Lobbyfirmen und die europäischen Branchenverbände, die bei
"Der Markt ändert sich vor allem dadurch, dass viel mehr Leute ihre Websites übersetzen. Das war früher nicht so. Die sehen, dass es ganz wichtig ist, besonders für mittlere bis größere Unternehmen, dass ihre Website in mehreren Sprachen zu lesen ist, also
auf Englisch, Französisch, Deutsch und Spanisch. "
Ein guter Übersetzer kann in Brüssel zwischen 150 und 200 Euro am
Tag verdienen, sagt Barry Brennan. Doch er warnt davor, auf die neuen EU-Amtssprachen zu setzen. Auch wenn es jetzt so aussieht, als ob da die Nachfrage besonders groß sei.
"Dieser Bedarf wird bald weniger werden, weil sie jetzt
alle Sachen zu übersetzen haben. Aber das wird sich mit der Zeit
stabilisieren. In Fünf Jahren, glaube ich, wird sich das stabilisiert
haben. Aber die großen Sprachen werden die großen Sprachen bleiben. Deutsch, Französisch, Spanisch, Russisch, Chinesisch."