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Hohe Neuverschuldung
Italiens Regierung beschließt Haushaltsplanung

Nach heftigen Verhandlungen steht der Entwurf für die italienische Haushaltsplanung. Er sieht eine hohe Neuverschuldung vor - Insgesamt 37 Milliarden soll das Paket der Regierung kosten. In Brüssel wird man davon nicht begeistert sein.

Von Jan-Christoph Kitzler | 16.10.2018
    Die Flaggen Italiens und der Europäischen Union (EU) wehen über dem Eingang eines Gebäudes in Rom,
    Brüssel wird von der geplanten Neuverschuldung Italiens nicht begeistert sein (dpa / Soeren Stache)
    Nach allem, was man hört, waren noch einmal heftige Verhandlungen nötig, aber am Ende steht der Entwurf für die Haushaltsplanung im kommenden Jahr. Und Giuseppe Conte, der in der Regierung von Fünf Sterne Bewegung und Lega weniger Premierminister und mehr ein Moderator zweier ungleicher Partner ist, zeigte sich zufrieden:
    "Wir haben mehr ein Projekt als einen Haushalt entwickelt. Ein Projekt der Wirtschaftspolitik, das gut ist für das Land, es nützt den Bürgern. Und das schönste ist: Wir haben es geschafft, den Haushalt in Ordnung zu halten und unsere Versprechen zu halten."
    Einige Wahlversprechen sollen zwar Wirklichkeit werden, aber es wird teuer. Die Neuverschuldung wird stärker ansteigen, als die EU verlangt: um 2,4 Prozent – eigentlich hatte Italien maximal 0,8 Prozent versprochen –, aber daran fühlt sich diese Regierung nicht gebunden. Stattdessen schlägt der Chef der Fünf Sterne Luigi di Maio pathetische Töne an:
    "Das ist ein Haushalt des Volkes, und vor allem ein neuer Sozialvertrag, den der Staat mit den Bürgern schließt. Das ist die große Gelegenheit damit aufzuhören, die Rechte der Bürger zu beschneiden, um Privilegien zu finanzieren. Stattdessen benutzen wir in diesem Haushalt die Privilegien von denen von früher, um die Rechte der Bürger zu finanzieren."
    Einschnitte bei hohen Renten und Migranten
    In den letzten Tagen hatte sich die Regierungskoalition noch auf die Suche nach fehlenden Milliarden begeben. So soll es nun Einschnitte bei hohen Renten geben, bei den Kosten für Migranten will Italien künftig Milliardensummen einsparen und eine teilweise Steueramnestie soll zusätzliche Einnahmen bringen. Dafür sollen 400.000 Italiener früher als bisher in Rente gehen können – in der Hoffnung, dass Junge ihre Arbeitsplätze einnehmen können.
    Eine Flattax wird zunächst für Selbständige eingeführt und ein Grundeinkommen, das in Verbindung mit einer verbesserten Arbeitsvermittlung vor allem vielen Menschen in Süditalien helfen könnte. Doch die Wirtschaftsprofessorin Veronica de Romanis ist skeptisch, ob das funktioniert:
    "Meiner Meinung nach setzen diese Maßnahmen nicht die richtigen Anreize. Man sorgt für Wirtschaftswachstum, in dem man die richtigen Anreize setzt. Wir geben zehn Milliarden für ein Instrument aus, dass mit Arbeitsagenturen einhergehen soll, die nicht funktionieren. Aber wir kümmern uns nicht darum, Nachfrage nach Arbeit zu schaffen."
    Kosten des Pakets: 37 Milliarden Euro
    Trotz dieser Kritik – Italiens Regierung ist stolz über den erreichten Kompromiss. Matteo Salvini, Innenminister und Chef der rechtsnationalen Lega, glaubt, dass sich in Italien nun etwas verbessert:
    "Ich weiß nicht, was wir noch hätten regeln können. Das ist ein Haushalt, der keine Wunder vollbringt, nicht Fische und Brot vermehrt, aber der das Leben von einigen Millionen Italienern verbessert. Und unsere Gewissheit ist, dass er für einige Hunderttausend Junge Arbeit bringt, die sonst ins Ausland fliehen würden. Jetzt bleiben sie für die nächsten Jahre in Italien."
    Insgesamt 37 Milliarden soll das Paket der Regierung kosten – und besonders der parteilose Finanzminister Giovanni Tria war in den letzten Tagen des harten Ringens nicht zu beneiden. Bis zuletzt hatte es Rücktrittsgerüchte um ihn gegeben, die Tria jedoch dementiert hat. Ebenso hat er die Befürchtung zurückgewiesen, dieser Haushalt sei eine tickende Bombe für Europa:
    "Die Idee, dass wir mit diesem Haushalt Europa in die Luft jagen wollen, ist völlig unbegründet. In unserer Diskussion mit der EU-Kommission ist davon keine Rede."
    Bürssel muss nun sein Urteil sprechen
    Dennoch: Jetzt muss Brüssel sein Urteil sprechen. Begeistert wird man dort angesichts der recht hohen Neuverschuldung nicht sein. Jetzt wird sich auch zeigen, wie groß das Vertrauen der Finanzmärkte in die Maßnahmen der italienischen Regierung ist. Schon in den letzten Tagen waren die Risikoaufschläge auf italienische Staatsanleihen deutlich angestiegen.
    Aber das letzte Wort hat ohnehin das Parlament in Rom – bis Ende des Jahres muss der Haushalt ausgearbeitet und verabschiedet sein. Änderungen im Detail sind nicht ausgeschlossen.