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Holz ersetzt Stahl

Technik. - Das Bauen mit Holz ist gekennzeichnet durch die Verwendung runder und rechteckiger Vollquerschnitte. Im Vergleich zu technischen Profilen sind diese Vollquerschnitte aber sehr schlecht angeordnet. Das heißt, ihre Materialeffizienz beträgt etwa nur ein Siebtel. Betrachtet man noch den Verschnitt im Sägewerk, dann fällt die Ressourcenproduktivität mit einem Faktor 15 gegenüber technischen Profilen nahezu dramatisch aus.

Von Axel Köhn | 30.08.2004
    Technische Profile, das sind beispielsweise U- oder T-Profile aus Stahl, Aluminium oder anderen Werkstoffen. Sie können meist wesentlich stärker belastet werden als ein Holzbalken. Dass Holz tragfähiger wird, daran forscht Professor Peer Haller vom Institut für Baukonstruktion und Holzbau der TU Dresden – mit Erfolg. Denn mittlerweile kann er technische Profile auch aus Holz herstellen. Der erste Arbeitsschritt ist das Pressen.

    Die Stämme werden in einer Richtung gepresst oder auch zweiseitig gepresst. Denkbar ist auch eine isostatische Pressung, das heißt, der Druck kommt von allen Seiten. Holz ist ein poröser Stoff. Das heißt, beim Nadelholz besteht der Aufbau aus Zellen mit einem Porenanteil von etwa 60 Prozent. Unter Wärme und Druck lässt sich diese Zellstruktur zusammenfalten wie ein Schwamm oder ein Schaumstoff und dadurch verdichten.

    Das verdichtete Holz sieht zunächst aus wie ein normaler eckiger Holzbalken. Nun wird er in der Mitte – da wo einst der Mittelpunkt des Baumstammes war, in zwei Hälften geteilt. Heraus kommen zwei gleich große rechteckige Formen.

    Professor Haller leimt diese dann an den schmalen Stirnseiten zusammen. Die ursprüngliche Balkenform wandelt sich in ein dickes Brett. Dieses Brett aus verdichtetem Holz kann nun – ähnlich wie in einem Stahlwalzwerk – beliebig geformt werden.

    Es ist für diesen Formvorgang dann entscheidend, dass man diese Verdichtung wieder unter Wärme und Druck rückgängig machen kann. Mit diesem Verfahren lassen sich nun alle prismatischen Formen, seien sie nun offen oder geschlossen, herstellen. Das heißt, es sind Kreisquerschnitte möglich, elliptische Querschnitte, Kasten mit abgerundeten Ecken, offene Profile wie u-förmige Profile, Winkelprofile mit abgerundeten Ecken oder Wellenprofile.

    Für das Verfahren können alle möglichen Holzarten verwendet werden. Auch billige einheimische Hölzer erlangen eine Festigkeit, die hochwertigen Hölzern gleich kommt. Dadurch, dass Professor Haller die Form des Holzes durch Pressen und nicht durch Sägen bestimmt, entfällt der Holzabfall im Sägewerk. Das Holz wird damit hundertprozentig genutzt, es kann sogar Schwachholz eingesetzt werden.

    Die Einsparungen durch Vermeidung des Verschnittes beziehungsweise die bessere Materialeffizienz des Profilquerschnittes übertreffen bei weitem die zusätzlichen Verfahrenskosten bei der Herstellung.

    Somit ist es rein rechnerisch günstiger, anstelle normaler gesägter Holzbalken Formholzprofile beim Bau oder bei der Möbelherstellung einzusetzen. Dies beweist eine Studie der Sächsischen Patentverwertungsagentur. Die Agentur hat die Forschung begleitet, ein Patent angemeldet und will die Innovation nun bis zur Marktreife führen.

    Formholz soll mit seinen Tragwerkseigenschaften so verwendet werden wie Stahl, erläutert Elke Göring, die Leiterin der Agentur. Ein erstes Anwendungsbeispiel ist bereits realisiert. Ein Sonnenschutz in einem Berliner Kindergarten. In spätestens zweieinhalb Jahren soll aber ein noch viel größeres Referenzprojekt gebaut werden.

    Wir versuchen, ein Hochleistungsholztragwerk zu erstellen, was zum Beispiel ein Brückenbau sein kann oder eine große Halle, wo sich genau die Vorteile, die dieses Formholz hat, sehr gut nachvollziehen lassen.