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Holzschutzmittel

Holzschutzmittel sollen dabei helfen, dass das Holz nicht zerstört wird oder seinen Wert verliert durch Pilze, Insekten oder Feuer. Um dieses Ziel zu erreichen, enthalten diese Mittel Gifte. Diese Gifte aber, so das Umweltbundesamt, können in zu hoher Dosis oder bei falscher Anwendung für andere Lebewesen und auch für die Anwender gefährlich sein. In Deutschland seien nach dem Einsatz von Holzschutzmitteln immer wieder gesundheitliche Beeinträchtigungen und Umweltschäden gemeldet worden, so das Umweltbundesamt. Dabei gibt es durchaus Alternativen, ungiftige Holzschutzmittel, die aber schlechte Chancen haben, in die Regale der Geschäfte zu kommen oder gar mit einem Gütesiegel ausgezeichnet zu werden. Warum das so ist - dieser Frage ist Jochen Bülow nachgegangen:

Von Von Jochen Bülow |
    Prüfsiegel und Gütezeichen sollen den Kunden signalisieren: Geprüft und für gut befunden – ein solches Produkt kann man unbesorgt kaufen. Beispiel: Holzschutzmittel. Nach dem Skandal Anfang der 90er Jahre riefen einige Hersteller die "Gütegemeinschaft Holzschutzmittel" ins Leben: "Der Verein hat den Zweck", so heißt es in der Satzung, "die bestimmungsgemäße Wirksamkeit, die gesundheitliche Unbedenklichkeit und die Umweltverträglichkeit von Holzschutzmitteln zu sichern". Peter Graßmann, Geschäftsführer der Gütegemeinschaft erklärt, was sein Arbeitgeber darunter versteht: "

    ür uns ist zwingende Voraussetzung, dass diese Mittel biozide Wirkstoffe enthalten müssen.

    "Biozide Wirkstoffe" – das sind auf Deutsch Gifte, die Schädlinge töten. Das RAL-Gütesiegel der "Gütegemeinschaft Holzschutzmittel" bekommen nur Produkte, die solche Gifte enthalten. Das ungiftige Mittel der kleinen Firma "masid" aus Dreieich bei Frankfurt hat deshalb keine Chance auf das Siegel: Denn das masid-Produkt tarnt das Holz durch einen Versteinerungs- effekt – Schädlinge erkennen das Holz dann nicht mehr als Nahrung und befallen es nicht. Abschrecken statt Töten reicht der Gütegemeinschaft aber nicht, bedauert Christa Eck, die masid-Geschäftsführerin:

    Wir haben die geforderten Wirknachweise seit vielen Jahren vorgelegt. Der RAL-Ausschuss selbst hat uns bestätigt, dass er die Wirkung unseres Produktes gar nicht anzweifelt - dennoch bekommen wir das Siegel nicht, weil unser Produkt kein Gift enthält.

    Der giftfreundliche Standpunkt ist kaum verwunderlich – schließlich sind bis auf eine Firma alle anderen Mitglieder der Gütegemeinschaft Hersteller von mehr oder weniger giftigen Holzschutzmitteln oder deren Zutaten. Nach Untersuchungen der Zeitschrift Öko-Test fallen RAL-getestete Holzschutzmittel auch keineswegs durch besondere gesundheitliche Unbedenklichkeit auf: Bei einem Test unter gesundheitlichen Aspekten wurden neun Holzschutzmittel mit "ungenügend” – also der Schulnote 6 - bewertet, vier davon tragen das RAL-Gütezeichen. Die sechs mit "sehr gut” bewerteten Holzschutzmittel haben dagegen allesamt kein RAL-Gütesiegel.

    Dieses Geräusch versetzt Hausbesitzer in Alarmstimmung: Holzbock-Larven, mit die schlimmsten Schadinsekten an Holzkonstruktionen, lassen sich Kiefernlatten schmecken. Damit das nicht gar zu oft passiert, müssen tragende Holzbauteile in Deutschland mit Holzschutzmitteln behandelt werden, die die Bauaufsicht geprüft hat. Diese Tests sind beim Deutschen Institut für Bautechnik, DIBT, zu beantragen und finden bei staatlichen Materialprüfungsanstalten oder anerkannten Labors statt. Das schafft nachvollziehbare Beurteilungskriterien, sollte man meinen. Doch die jahrelangen Erfahrungen der Firma masid sehen anders aus, berichtet Geschäftsführerin Christa Eck:

    Wir haben leider die Erfahrung, dass uns immer wieder neue Steine in den Weg geworfen werden. Wir fragen uns auch, wo ist der objektive Standard, nach dem alle Produkte gleich behandelt werden. Den vermissen wir total.

    Tatsächlich entsprechen die Prüfanforderungen des DIBT nur bedingt den Vorgaben der einschlägigen Euro- und DIN-Normen. Da werden Prüftemperaturen und Luftfeuchtigkeit nach eigenem Ermessen festgelegt, ein sogenannter Abhobeltest soll das Eindringen des Holzschutzmittels nachweisen. Robby Wegner ist Chemiker bei der mit der Prüfung beauftragten Materialprüfungsanstalt Brandenburg und er verteidigt das Vorgehen:

    Gerade weil es ein neuer Wirkungsansatz war, hat man sich mit den zuständigen Prüfungsanstalten zusammen gesetzt und ein Prüfprogramm entwickelt. Es ist natürlich selbstverständlich, dass bei derartigen Produkten natürlich auch ein Erkenntnisgewinn während der Prüfung stattfindet.

    Mit welchem Recht das DIBT Prüfungen fordert, die in keiner Norm stehen, bleibt unklar. In der Schweiz, wo viele Holzhäuser seit Jahrhunderten stehen und weiter neue gebaut werden, ist die Zulassung ungiftiger Holzschutzmittel längst selbstverständlich. Auch das ungiftige Mittel der Firma Masid darf dort für den vorbeugenden Holzschutz an tragenden Teilen verwendet werden, berichtet Dr. Erwin Graf von der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt in St. Gallen:

    Es ist in der Schweiz zugelassen für vorbeugende Wirkung gegen Hausbock. Welches Wirkprinzip, ob es über Biozid oder eine andere Stoffklasse geht, das spielt bei uns keine Rolle.

    Künftig könnte es für die Hersteller ökologischer und ungiftiger Holzschutzmittel übrigens noch enger werden: Obwohl teilweise seit Jahrhunderten im Gebrauch, müssen sich alle Produkte, die als Holzschutzmittel verkauft werden, bald einer Prüfung nach der neuen europäischen Biozidrichtlinie unterziehen. Nach derzeitigem Sachstand spielt es dabei keine Rolle, ob giftige Inhaltsstoffe enthalten sind oder nicht. Geprüft werden muss in jedem Fall. Nach Expertenansicht werden die Tests mindestens zwei Millionen Euro pro Mittel kosten – und dann werden die ungiftigen Mittel kleiner Öko-Hersteller bald wie von selbst vom Markt verschwinden: Soviel Geld für Prüfungen kann keine der kleinen Firmen im späteren Verkauf wieder erwirtschaften.