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Hongkong
Demonstrationen gegen wachsenden Einfluss Festland-Chinas

In der früheren britischen Kolonie gehen Zehntausende Menschen auf die Straße, um gegen den wachsenden Einfluss der chinesischen Zentralregierung zu demonstrieren. Offiziell ist Hongkong seit der Übergabe an China autonom. Doch politische Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit werden immer weiter eingeschränkt.

Von Steffen Wurzel | 01.07.2018
    Die Teilnehmer der Protestaktion gegen China in Hongkong.
    Menschen protestieren in Hongkong gegen die Zentralregierung in Peking (Deutschlandradio / Steffen Wurzel)
    Eine laute, engagierte und bunte Mischung von Menschen ist heute in Hongkong durch die Straßen gezogen: darunter Demokratie-Aktivisten, Menschenrechtler, Unabhängigkeitsbefürworter und Anhänger diverser prodemokratischer Parteien. Sie alle nutzten den 21. Jahrestag der Übergabe der früheren britischen Kolonie an China um zu protestieren: gegen den wachsenden Einfluss der chinesischen Staats- und Parteiführung auf Hongkong und für mehr Mitbestimmung, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.
    "Wir rufen die Menschen in Hongkong auf, auf die Straßen zu gehen und der Regierung zu zeigen, dass wir unzufrieden sind. Wir sind wütend und sind willens, für Demokratie zu kämpfen."
    "Es wird immer schlimmer. Einige pro-festlandchinesische Politiker drohen nun sogar damit, es hier in Hongkong unter Strafe zu stellen, ein Ende der Einparteien-Herrschaft in China zu fordern. Aber das genau fordern wir heute: Ein Ende der kommunistischen Diktatur in China."
    Die Teilnehmer der Protestaktion gegen Festland-China in Hongkong. 
    Die Teilnehmer der Protestaktion richten sich gegen den immer stärker werdenden Einfluss Festland-Chinas auf Hongkong. (Deutschlandradio / Steffen Wurzel )
    Pekings Arm wird immer länger
    Die pro-festlandchinesische Stadtregierung hatte den Demonstranten dieses Jahr verschärfte Auflagen gemacht und den Ablauf der Protestaktion genau vorgeschrieben. Die Organisatoren kritisierten das scharf und warfen der Stadtregierung vor, Angst vor den Demonstranten zu haben. Die pro-demokratische Parlamentsabgeordnete Claudia Mo:
    "In Hongkong sagt man: Ab 21 ist man erwachsen. Und einige Pro-Pekinger-Politiker fürchten sich genau davor, weil mit dem Erwachsenwerden auch die Ansprüche gegenüber der Kommunistischen Partei steigen: Wir fordern Demokratie, Menschenrechte und das Bewahren der Rechtsstaatlichkeit."
    Heute vor 21 Jahren übergab Großbritannien seine Kolonie Hongkong an China. Beide Seiten vereinbarten damals das weltweit einzigartige Prinzip "Ein Land, zwei Systeme", das für 50 Jahre gelten sollte. Also: Hongkong gehört zwar zu China, Rechtsstaatlichkeit, Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie ein freies Wirtschaftssystem bleiben aber.
    Die Teilnehmer der Protestaktion gegen Festland-China in Hongkong.
    Viele Hongkong-Chinesen sehen ihre Grundrechte durch Festlandc-China in Gefahr (Deutschlandradio / Steffen Wurzel)
    Angst um die Freiheits- und Grundrechte
    Auch wenn diese weitreichende Autonomie offiziell noch bis Mitte 2048 gilt, nimmt der festlandchinesische Einfluss auf Hongkong rasant zu. Die politische Teilhabe wird beschnitten, chinakritische Aktionen werden behindert und das Bildungssystem wird zunehmend auf festlandchinesische Agenda getrimmt. Vor allem viele junge Leute in Hongkong haben zunehmend Angst, in den nächsten Jahren auch die letzten Freiheits- und Grundrechte zu verlieren.
    Choy Ki von der Progressive Lawyers Group, einem Juristen-Verband Juristen, der sich für Rechtsstaatlichkeit in Hongkong einsetzt:
    "Um den Zustand der Rechtsstaatlichkeit in Hongkong steht es immer noch ziemlich gut. Aber sie wird bedroht, von verschiedenen Seiten: von der pro-festlandchinesischen Stadtregierung etwa und von der Zentralregierung in Peking. Deswegen müssen wir die Rechtsstaatlichkeit verteidigen."
    Die Chefin der Hongkonger Stadtregierung, Carrie Lam, lobte heute bei einem Empfang zum Jahrestag der Übergabe Hongkongs den allgemeinen Zustand der Stadt. Die vielen politisch heiklen Themen erwähnte sie mit keinem Wort.