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Honorarprofessur für Chef der Deutschen Bank?

Der Beschluss des Fachbereichs Wirtschaftwissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt am Main, den Deutsche Bank-Manager Josef Ackermann zum Honorarprofessor machen zu wollen, sorgt für handfesten Streit an der Universität. Während der Fachbereich die wissenschaftlichen Qualifikationen des umstrittenen Managers herausstellt, betonen Kritiker, dass ein Honorarprofessor auch eine öffentliche Vorbildfunktion habe. Außerdem entstehe der Verdacht, dass die große finanzielle Unterstützung, die die Deutsche Bank der Frankfurter Universität gewähre, mit großzügiger Vergabe akademischer Titel vergolten werde.

Von Ludger Fittkau |
    Ja, auf jeden Fall macht es Sinn, ihn hier zu beschäftigen, weil er halt sehr Erfahrung aus der Praxis mit einbringen kann.

    Wenn er vom qualitativen Standard her das bringen kann als Professor, sehe ich da eigentlich kein Problem.

    Schlecht, bei seiner Politik, die er da betreibt, mit seinem Kündigungskram, finde ich nicht gut.

    Würde mir absolut nicht gefallen, das würde mal wieder zeigen, dass, wenn man einen bestimmten Status und einen gewissen Grad an Öffentlichkeit und Einfluss erlangt hat, es egal ist was man macht, weil man dann alles zugeschanzt bekommt. Er mag fachlich qualifiziert sein, aber aus persönlicher Sicht hat er es nicht verdient, weil es sich nicht so benimmt, wie es ein Mensch tun sollte, der in der Öffentlichkeit steht.

    Ob der Deutsche Bank-Manager Josef Ackermann Honorarprofessor werden soll oder nicht, darüber gehen die Meinungen an Uni Frankfurt am Main auseinander, bei den Studierenden und in der Professorenschaft. Als Lehrbeauftragter ist Ackermann zwar an der Goethe-Uni kein Unbekannter, doch ein Professorentitel ist eben noch ganz andere Sache. Ackermann sei ein Fachmann und es gehe nicht darum, seine moralischen Qualitäten zu bewerten, argumentiert Wolfgang König, Dekan des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften. Dass Ackermann mit seiner Unternehmenspolitik besonders die Interessen der Aktionäre im Blick habe, sei sogar wichtiger Lernstoff für die Studierenden, findet König:

    Er macht Bankenstrategie, er macht Bankenstruktur, er macht Kapitalmarktüberlegungen und da spielen natürlich so Fragen wie ‚shareholder value‘ ne Rolle. Insofern ist das schon ein Teil des Ausbildungsprogramms.

    Das sei in Ordnung so, glaubt auch der Philosophieprofessor Axel Honneth, Leiter des von Adorno und Horkheimer gegündeten Instituts für Sozialforschung an der Goethe-Universität. Allerdings gebe es inzwischen vielfältige Verflechtungen zwischen der Uni und der Deutschen Bank, die zum Beispiel das neue ‚House of Finance" auf dem Campus Westend mitfinanziere. Wenn dann Spitzenmanager dieses wichtigen Sponsors akademische Ehren-Titel bekämen, hätte das einen schalen Beigeschmack, so Honneth:

    Es ist gar nicht von der Hand zu weisen, das es von außen den Eindruck einer Gefälligkeit erzeugen könnte, bis hin zu der leichten Anrüchigkeit von Korrumpierbarkeit. Wenn also ein Institut oder ein Fachbereich eine Honorarprofessur gerade an die Person vergibt, die für die Instanz einsteht, von der man enorm viel Geld zugewandt bekommt.

    Um den Grundsatz der Freiheit von Forschung und Lehre zu wahren, müsse sich die Universität vor einer zu engen Verquickung mit Sponsoren aus der Wirtschaft schützen, warnt Axel Honneth.

    Dass Josef Ackermann Honorarprofessor werden soll, ist für Joel Fourier und Jens Reich ein Symptom für die Veränderung der Ausbildungsinhalte in den Wirtschaftwissenschaften in Frankfurt am Main. Die beiden Studenten der Volkswirtschaft kritisieren, dass die Studienschwerpunkte öffentliche Wirtschaft und soziale Sicherung zu Gunsten des Finanzsektors abgebaut werden:

    Ich habe nichts gegen Josef Ackermann und ich finde das auch toll, wenn er hier Professor ist, aber es ist halt schade, das es nur ne Umverteilung der Gelder im Fachbereich ist. Rentenversicherung, Krankenversicherung, Pflegeversicherung, all das, was wir im Moment manchen, wird gestrichen, man darf es nicht mehr wählen, das wird zusammengekürzt.

    Es geht ja auch insgesamt zu Lasten von anderen Fachbereichen, im Hauptfach bin ich Gesellschaftswissenschaftler und die leiden insgesamt darunter, dass hier der Finanzsektor sehr gestärkt wird.

    Wahrscheinlich noch vor Ostern wird der Senat der Goethe-Universität entscheiden, ob Josef Ackermann wirklich Honorarprofessor wird . Klar ist: Der Antrag der Wirtschaftswissenschaftler wird in Frankfurt am Main in den nächsten Wochen noch für Zündstoff sorgen.