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HTTP 2.0
Das World Wide Web wird erwachsen

Die kommende Version des Hypertext Transfer Protokolls (HTTP) sieht die generelle Verschlüsselung der Datenübertragung vor. Geheimdiensten könnte die Spionage somit erschwert werden. Vor allem soll HTTP 2.0 aber eines: den Seitenaufbau beschleunigen.

Von Achim Killer | 14.06.2014
    Eine Lampe leuchtet am Mittwoch (12.05.2010) an einem WLAN-Router.
    Adieu veralteter Standard: Mit der neuen HTTP-Version bekommt das Web 2.0 eine adäquate technische Basis. (picture alliance / dpa)
    "I basically roughed out Hypertext Transfer Protocol, HTTP, the idea of URLs, these names for things, started http, wrote the code and put it out there."
    So war das vor einem viertel Jahrhundert. Tim Berners-Lee entwarf ein grobes Konzept des Hypertext Transfer Protocol und der URLs, schrieb den Code und installierte die Software. Das genügte, um Forschern am Schweizer CERN die wissenschaftlichen Texte von Kollegen zugänglich zu machen. Dass daraus ein weltumspannendes multimediales Netz werden würde, konnte er damals noch nicht ahnen.
    "Als Tim Berners-Lee das World Wide Web sich ausgedacht hat, da war das ja noch alles textbasiert. Da gab es HTML-Seiten und Verweise und Listen und Überschriften und so weiter, aber keine Bilder und schon gar keinen Ton oder Videos",
    sagt Julian Reschke von der Arbeitsgruppe HTTPbis, die im Auftrag der Internet Engineering Task Force das neue Web-Protokoll standardisiert. Die vielen Datenobjekte, die üblicher Weise in eine Webseite eingebunden sind, erwiesen sich denn auch mit der wachsenden Beliebtheit des World Wide Web zunehmend als Problem.
    "Da stellte sich dann heraus, dass so ein Zugriff auf eine Webseite eben für jedes dieser Objekte eine TCP-Verbindung aufbaut und dass auf Dauer halt das Internet dieser Belastung nicht gewachsen sein würde, wenn es populär werden würde."
    Denn TCP, das Transmission Control Protocol, worauf HTTP aufsetzt, sendet am Beginn einer Verbindung nur sehr wenige Daten, um die Leitung nicht zu überlasten, damit es zu keinem Stau kommt. Denn dann müssten Verbindungsversuche verworfen werden, was den Stau nur noch vergrößern würde. Deshalb tastet sich TCP erst langsam an die Kapazitätsgrenze einer Leitung heran.
    "Das heißt: Je länger eine TCP-Verbindung läuft, desto effizienter wird sie sein. Und wenn man halt immer eine neue Verbindung aufmacht und sagt, gib mir mal dieses .gif, und gib mir mal dieses .jpg und gib mir mal diese HTML-Seite, und dann diese Verbindung gleich wieder wegwirft, dann ist das ziemlich uneffizient."
    Bislang in Gebrauch: HTTP 1.1 aus den 90ern
    Und mit diesem Problem schlägt sich das Web von Anfang an herum. Es abzumildern, dazu diente auch das erste und bislang einzige Update von HTTP, HTTP 1.1, in den 90er Jahren, wie es heute noch verwendet wird. Eine TCP-Verbindung wird seitdem nicht mehr zwingend abgebaut, wenn ein Datenobjekt übertragen ist, sondern kann auch für die folgenden genutzt werden. Bilder, Text und Layout einer Seite können also auf einer Verbindung übertragen werden, aber – nur nacheinander.
    "In HTTP 2 ist das geändert, in dem Sinne, dass innerhalb einer TCP-Verbindung ganz viele Objekte gleichzeitig geholt werden können. Das heißt, der Server kann auch sagen: Hier ist der erste Teil vom ersten Objekt und der erste Teil vom zweiten Objekt und der erste Teil vom dritten Objekt. Und hier ist der zweite Teil vom ersten Objekt. Das ist das sogenannte Multiplexing. Das heißt, die Daten müssen nicht kontinuierlich gesendet werden, sondern können halt vom Server, wie er es mag, zerlegt werden."
    Dadurch baut sich eine Webseite schneller auf. Was der Surfer zuerst zu Gesicht bekommt, wird zuerst vollständig übertragen. Und noch eine Neuerung bringt das neue Protokoll:
    "Was jetzt HTTP 2 hat, ist das sogenannte Server-Push, bei dem der Server dem Client unaufgefordert Daten schicken kann. Das heißt, wenn der Server an einer bestimmten URL ein Objekt bereithält, das den Verbindungsstatus meiner Freunde auf meinem social network beinhaltet, dann kann er halt jedes Mal, wenn sich dieser Verbindungsstatus ändert, dieses Objekt zu dem User-Agent, dem Browser, schicken, auch wenn der gar nicht danach gefragt hat. Und der kann dann halt am Bildschirmrand von mir aus den Online-Status aktualisieren."
    Das Web 2.0, wie es längst eine gesellschaftliche Realität ist, bekommt also mit HTTP 2.0 endlich eine adäquate technische Basis. Schneller soll das Web werden, sodass die rasante Internet-Geschwindigkeit nicht nur sprichwörtlich ist, sondern auch Wirklichkeit wird. Ein Vierteljahrhundert nach Tim Berners-Lees Erfindung wird das Web erwachsen.