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"Ich bin echt überrascht, dass das schon so schnell erscheint"

Der 10. Dezember 2007 ging in die Annalen der Rockgeschichte ein: Led Zeppelin kamen zum ersten Konzert seit fast 20 Jahren zusammen. 20 Millionen Fans kämpften um die 18.000 Tickets. Ein Mitschnitt des legendären Londoner Gigs ließ lange auf sich warten. Bassist John Paul Jones erklärt warum.

Von Marcel Anders | 17.11.2012
    "In Led Zeppelin-Zeit entsprechen fünf Jahre etwa fünf Minuten. Und ich bin echt überrascht, dass das Ganze schon so schnell erscheint. Denn bei großen Bands dauert es immer ewig – einfach, weil es perfekt sein soll. Nach dem Motto: Wenn es Kunst ist, muss es auch vernünftig gemacht werden."

    Ein Anspruch, dem Robert Plant, Jimmy Page und John Paul Jones vollends gerecht werden. Denn obwohl das Trio grauhaarig, füllig und verlebt wirkt – die Endsechziger sind immer noch erstklassige Musiker, die eine spannende Zwei-Stunden-Show bieten. Was nicht von ungefähr kommt: Für den Auftritt in London hatten sie sechs Monate geprobt. Einfach, weil es ihr erster seit 1988 war – und das mit Schlagzeuger Jason Bonham, der seinen verstorbenen Vater vertrat. Entsprechend groß war die Nervosität im Vorfeld.

    "Wir hatten keine Ahnung, ob es funktioniert. Aber als wir loslegten, haben wir uns nach und nach an alles erinnert. Zum Glück hatten wir Jason dabei, der so etwas wie unser musikalischer Archivar ist. Jedes Mal, wenn ich an einen Punkt gekommen bin, an dem ich nicht weiter wusste, hat er gesagt: '1971 habt ihr das so gemacht und 1973 so.' Was sehr praktisch ist. Gerade bei 'For Your Life', an das ich mich so gar nicht erinnern konnte. Da meinte er: 'Ihr habt es ja auch nie live gespielt.' Was einiges erklärt. Und es gab eine Menge Bedenken. Nicht Sorgen, aber wir mussten uns schon Mühe geben."

    Das Ergebnis kann sich sehen und hören lassen: "Celebration Day" erscheint im aufwändigen Design und enthält 16 Klassiker der Bandgeschichte. Darunter "Black Dog", "Kashmir", "Whole Lotta Love", "Rock´n´Roll” und "Stairway To Heaven”. Mit einem Jimmy Page, der tolle Grimassen zieht und noch bessere Soli spielt. Einem Robert Plant, der auch ohne die ganz hohen Töne von früher auskommt, und einer Rhythmusgruppe, die demonstriert, was laut Jones von jeher Markenzeichen und Stärke von Led Zeppelin war.

    "Der Groove war das Beste. Ich erinnere mich noch, wie ich das erste Mal mit John Bonham gespielt habe. Ich dachte: 'Hoffentlich ist das ein guter Drummer.' Denn für einen Bassisten ist es so: Wenn der Schlagzeuger mies ist, bedeutet das harte Arbeit. Aber als er loslegte, wusste ich: 'Gott sei Dank! Das hier wird ganz easy.' Zumal der Groove dafür gesorgt hat, dass bei unseren Konzerten immer viele Mädels waren. Und es ist toll, ins Publikum zu schauen, und sie tanzen zu sehen."

    Doch bei allem Spaß, den die Endsechziger auf der Bühne haben und trotz Angeboten im dreistelligen Millionenbereich – das Konzert in der O2-Arena dürfte eine einmalige Sache bleiben. Was laut Jones allein an Robert Plant liege, der sich weiteren Engagements verweigere – während der Rest nur zu gerne weitermachen würde. Notfalls auch unter anderem Namen. Aber bislang ohne Erfolg.

    "Jimmy und ich konnten uns nicht auf einen Sänger einigen. Dabei haben wir etliche Leute ausprobiert. Und im Nachhinein wäre es auch schwierig gewesen, der Öffentlichkeit klar zu machen, dass es sich dabei um eine andere Band handelt. Jeder hätte gedacht: Das sind Led Zep ohne Robert Plant. Dabei hat mir Miles Kennedy sehr gut gefallen. Einfach, weil seine Stimme nicht wie die von Robert ist. Er hat zwar dasselbe Spektrum, klingt aber ganz anders. Was ich OK fand, denn es sollte ja eine neue Band sein. Nur: Es hat nicht funktioniert. Also machen wir jetzt was anderes."

    Was sie darunter verstehen, verdeutlicht zugleich, wie unterschiedlich die Altmeister sind: Plant tourt mit dem Multikulti-Projekt Sensational Space Shifters durch Südamerika, Afrika und Asien. Jones schreibt eine klassische Oper und flirtet mit Jazz. Während Page eine neue Rockband zusammenstellt. Wobei alle drei eins gemeinsam haben: Sie machen nur noch, worauf sie Lust haben - egal, ob sie damit Geld verdienen oder nicht. Denn der Erfolg von 300 Millionen verkauften Alben gibt ihnen Freiheit. Und eine breite Brust.

    "Ich bin sehr stolz auf uns. Einfach, weil wir gut waren. Eine richtig tolle Band. Und es ist sehr befriedigend, dass wir immer noch populär sind. Wobei ich aber auch das Gefühl habe, dass wir die Leute nie betrogen haben. Wir haben immer hart an unseren Shows und unserer Musik gearbeitet. Von daher haben wir uns das verdient. Und das Geld von Led Zeppelin reicht bis zum jüngsten Tag. Ich kann alles ausprobieren, was ich mir je vorgenommen habe."