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"Ich finde, dass zu viel moderiert wird"

"Was wir im Moment sehr vermissen ist wirklich ein Führungsstil," sagt Torsten Schwarthoff, CDU-Ortsvorsitzender von Alverskirchen im Münsterland. Er fordert von Angela Merkel mehr Klarheit und eine engere Zusammenarbeit mit dem CDU-Nachwuchs.

Torsten Schwarthoff im Gespräch mit Jasper Barenberg | 06.07.2010
    Jasper Barenberg: Muss sich etwas ändern in der CDU und wenn ja, welche Richtung wird die Partei einschlagen? Ein Fingerzeig könnte heute aus Nordrhein-Westfalen kommen. Nach der schweren Wahlniederlage von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers wählt die CDU-Fraktion im größten und gewichtigsten Bundesland heute einen neuen Chef. Setzen die Politiker in Düsseldorf auf Kontinuität, oder setzen sie auf Erneuerung? Und wäre Erneuerung auch an der Parteispitze in Berlin nötig? – Wir wollen darüber jetzt mit Torsten Schwarthoff sprechen, dem CDU-Ortsvorsitzenden von Alverskirchen, einer Gemeinde im Münsterland mit 9.000 Einwohnern. Einen schönen guten Morgen, Herr Schwarthoff.

    Torsten Schwarthoff: Schönen guten Morgen!

    Barenberg: Herr Schwarthoff, nach den Misstönen bei der Wahl von Christian Wulff zum Bundespräsidenten letzte Woche wird noch immer in der CDU-Parteispitze über Führungsstil und auch die Durchsetzungskraft von Kanzlerin Merkel diskutiert. Ist das auch unter den 70 Parteimitgliedern in Alverskirchen so?

    Schwarthoff: Vorweg geschickt muss ich sagen, wir sind schon mit der Arbeit von Frau Merkel, was sie bisher geleistet hat, sehr zufrieden. Was wir im Moment sehr vermissen ist wirklich ein Führungsstil. Sie ist nun mal die Chefin von Deutschland und der Chef muss auch zwischendurch mal auf den Tisch hauen und seine Leute zusammenhalten. Das ist im Moment leider nicht der Fall und das ist sehr traurig.

    Barenberg: Sie sind zufrieden, aber Sie sind gleichzeitig unzufrieden. Das habe ich noch nicht ganz verstanden.

    Schwarthoff: Zufrieden – es gibt natürlich keine andere Partei aus meiner Sicht, die unser Land nach vorne bringen könnte. Die CDU sollte sich aber so langsam daran gewöhnen, dass wir in einer schnelllebigen Zeit leben, dass junge Leute vielleicht auch mal einen anderen Führungsstil erwarten. Das hat man an den Ergebnissen der FDP gesehen. Da ist leider nicht viel dahinter gewesen, aber das, was sie gesagt haben, hat viele Leute erreicht. Und die CDU ist meiner Meinung nach oder in unserer Meinung hier leider noch auf dem falschen Weg, zu sehr an alten Traditionen festzuhalten, und das sollten die mal langsam ändern.

    Barenberg: In Südafrika bei der Weltmeisterschaft begeistern ja gerade junge Talente im Fußball. Müsste auch die CDU jungen politischen Talenten mehr Gewicht einräumen, ihnen mehr Verantwortung geben, mehr Chancen?

    Schwarthoff: Ja, das ist sehr, sehr wichtig. Ich kann das vielleicht am eigenen Beispiel nehmen. Ich bin zwar Ortsvorsitzender hier von der CDU in Alverskirchen. In meinem Team, in meinem Vorstand sind aber auch, wie sagt man so schön, alte Hasen, die das schon seit vielen, vielen Jahren machen. Das heißt, der Bogen wird dann schon gespannt, um den Vorsitzenden nach vorne zu bringen. Ich darf also schon machen, was ich für richtig halte. Aber es ist immer ganz wichtig, dass noch eine führende Hand dabei ist, die noch mit ein bisschen mehr Erfahrung dabei ist.
    Was ich damit sagen will ist: die jüngeren haben mit Sicherheit gute Ideen und würden wahrscheinlich die eine oder andere Entscheidung vielleicht nicht unbedingt immer richtig machen, aber wenn was nicht richtig gelaufen ist, dann macht man da einen Haken dran und dann geht man sofort die Sache wieder neu an und nicht immer und ewig über alles noch mal reden, ohne auf einen richtigen Punkt zu kommen.

    Barenberg: Und müsste da die Kanzlerin mindestens mehr moderieren, wenn nicht mehr bestimmen, wohin der Kurs gehen soll?

    Schwarthoff: Moderieren auf der einen Seite ja. Ich finde, dass zu viel moderiert wird. Ich denke, dass man auch mal was bestimmen muss. Aber ich glaube, im Moment ist sie etwas schlecht beraten, wenn sie alles nur im Alleingang macht, oder vielmehr, wenn sie alles alleine macht, dann nichts zu Ende bringt und vor allem nichts sagt. Es wäre ganz gut, wenn sie sich so Leute wie den Guttenberg oder auch die Frau von der Leyen mal dazuholt, die gut reden können. Die können so reden, dass es auch wirklich jeder Dussel verstehen kann. Sie machen eigentlich ganz gute Politik, so nach außen hin, und es wäre wahrscheinlich besser, wenn sie mit solchen Politikern sich umgibt, als mit den ganz alten Hasen, die wirklich nur noch versuchen, die letzten Jahre ihr Pöstchen da festzuhalten.

    Barenberg: Sie vermissen mit anderen Worten Klarheit auch von der Kanzlerin?

    Schwarthoff: Richtig.

    Barenberg: Der scheidende Ministerpräsident Jürgen Rüttgers in Nordrhein-Westfalen, er hat ja nun zugegeben, dass er im Landtagswahlkampf in Nordrhein-Westfalen eine Frage nur sehr schwer beantworten konnte, nämlich die: wofür steht die CDU. Wissen Sie das im Ortsverein in Alverskirchen denn noch?

    Schwarthoff: Ich würde sagen, die CDU steht schon für die christlichen Werte. Das, was, ich sage mal, Gemeinschaft angeht, was Zusammenarbeit angeht, zuhören und mit den Menschen zusammen etwas erreichen. Die CDU steht aber auch, finde ich jedenfalls, für Individualismus, also auch ruhig mal eine verrückte Idee zu haben. Das was Herr Rüttgers leider nicht geschafft hat, ist genau das gleiche Problem, was Frau Merkel jetzt gerade hat. Die haben einfach zu viel die Hände in den Schoß gelegt, so nach dem Motto "wir waren schon immer da, wir sind die stärkste Partei und Christdemokraten", und sitzen einfach so herum. Das sah man schon an der ganzen Werbekampagne von Herrn Rüttgers, der im Landtag fotografiert worden ist. Das sah aus, als wenn er eingeschlafen wäre. Und genau so ist es ja dann leider auch gekommen. Die Leute haben ihn nicht verstanden, die Leute haben ihn auch ignoriert, und das Ergebnis kennen wir alle.

    Barenberg: In Nordrhein-Westfalen soll es ja nun heute die Entscheidung geben, wer neuer Fraktionsvorsitzender wird, und damit ja auch im Grunde, wer die Opposition, die CDU-Opposition anführen wird in nächster Zeit. Da gibt es zwei Kandidaten: Armin Laschet auf der einen Seite, Karl-Josef Laumann auf der anderen Seite. Man kann ein bisschen sagen, sie stehen für Veränderung, was Herrn Laschet angeht, und für Kontinuität, was Herrn Laumann angeht. Für was wären Sie denn?

    Schwarthoff: Ich muss dazu sagen, ich wäre auf jeden Fall für Herrn Laumann, gerade deswegen, weil er aus unserer Region hier kommt, und Herrn Laumann, den durfte ich schon des öfteren erleben, auch in mehreren persönlichen Gesprächen oder auf Veranstaltungen. Herr Laumann ist nämlich zum Beispiel so eine Mischung aus erfahren und klar und deutlich zu sagen, wo es langgeht. Er redet überhaupt nicht um den heißen Brei herum. Er ist sehr intelligent, er hat sehr viel, wie sagt man so schön, auf dem Kasten, aber er ist auch wirklich jemand, der auch laut werden kann und auf den Tisch hauen kann und wirklich klar und deutlich sagen kann, so, da vorne gehen wir jetzt entlang und dann gucken wir noch mal weiter. Deswegen würde mich freuen, wenn es bei ihm klappen würde.

    Barenberg: Der Wunsch von Torsten Schwarthoff, dem Vorsitzenden des CDU-Ortsvereins in Alverskirchen im Münsterland.