Großstadt Toronto: Im Zentrum schiebt sich der Verkehr über breite Straßen, Bürotürme aus Glas stehen dicht an dicht. Sie sind so hoch, dass nur wenige Sonnenstrahlen den Boden erreichen. Im Grunde sieht es hier ähnlich wie in anderen nordamerikanischen Großstädten aus. Doch ein paar hundert Meter südlich, unter zwei Autobahntrassen hindurch, vom Ufer des Ontariosees fährt ein Boot in eine andere Welt.
Die kleine Autofähre legt alle 15 Minuten ab und fährt zwei Kilometer über den See zu den Toronto Islands. Kurz nach dem Ablegen wird es windig und Wellen schlagen gegen das Boot. Die türkis-grün und braun-gold glitzernden Glastürme der Downtown werden kleiner. Touristen stellen sich vor dem Großstadtpanorama in Fotopose. Ein asiatisches Mädchen in einem rosa Pulli streckt beide Arme in die Luft und schiebt die Hüfte zur Seite. Nach zehn Minuten legt die Fähre an.
Die Hauptinsel Wards Island ist eine ländliche Idylle. Keine Autos, kein Beton, nur hohe Bäume und darunter schlichte Holzhäuser in Puppenstubenfarben: hellblau, dunkelgrün, altrosa und gelb. Wilde Hecken und üppige Blumenbüsche umgeben die Grundstücke. Auf den schmalen Wegen schlendern ein paar Touristen, staunen und fotografieren.
Ein Tourist sagt: "Oh, look, this is so nice."
Vor 130 Jahren haben Städter die ersten Wochenendhäuschen auf den Inseln gebaut. Jetzt wohnen rund 700 Menschen permanent hier: Die Häuser gehören ihnen, das Land pachten sie von der Stadt. Vor einem weißen Haus mit rosa gestrichenen Fensterrahmen steht ein Schild: "Bake Sale". Kuchenverkauf.
In einer weißen Küche, die zum Wohnzimmer hin offen ist, stehen Mutter und Tochter. Es ist warm und riecht nach Vanille. Auf dem Tresen sind Bleche mit Keksen und Kuchen aufgereiht. Jana und Barbara Rowrick haben sie selbst gebacken und verkaufen nun an Nachbarn und Touristen, um Geld für den Urlaub der Tochter zu sammeln. Seit 58 Jahren wohne sie auf der Insel, sagt die Mutter. Sie liebe die Ruhe und die Gemeinschaft, in der man für einander da sei und auch auf die Kinder der anderen ein Auge hat.
"Everybody helps out everyone. Kids can just go out and play and everybody looks after one another."
Das Inselleben sei allerdings nicht für jeden, fügt sie noch an. Die harten Winter, in denen man sich durch den hohen Schnee kämpfen müsse.
"And it's not for everybody. People come and live here and they go: Ah, the winters are too harsh, I cant handle trudging through the snow, you know, to get to the ferry dock."
Und dazu kommt die ständige Abhängigkeit von der Fähre, sagt die Tochter. Immer müsse man mitten in einer Feier aufbrechen, um noch die letzte zu bekommen.
"Your whole life is scheduled around a boat: Oh I have to get the last boat. Can't stay too long at a party or I'll miss the last boat. That type of thing."
Die Inseln erkundet man - zumindest im Frühling, Sommer und Herbst - am besten mit dem Fahrrad. Immerhin sind es fünf Kilometer von einem Ende zum anderen.
Ein asphaltierter Weg verbindet die drei Inseln über verschiedene Brücken. Er führt vorbei an der Feuerwehr, entlang an einem Kanal, in dem Segelboote liegen, vorbei an Wäldchen und Picknick-Wiesen, auf denen Wildgänse grasen. Und immer wieder öffnet sich der Ausblick über das Wasser auf die gläserne Downtown, die von hier aus so unwirklich erscheint.
Center Island ist der Touristen-Hotspot. In den Sommermonaten spucken die Boote ihre Besucher im Zehn-Minuten-Takt aus, vor allem Familien, die in den Kinder-Vergnügungspark wollen. Die altmodischen Karussells, die Wasserrutschen und Züge aus kleinen Schwan-Waggons sind ab Oktober verwaist. Wo sonst Besucher durch bunte Blumenrabatten wuseln, wo Stimmengewirr und Kindergeschrei ertönen, rascheln nur die Blätter der Platanen. Zwei Paare in wetterfesten Jacken gehen zwischen den leeren, blauen Becken der Springbrunnen spazieren.
Auf der Südseite der Insel klingt der Ontariosee wie ein Meer. Das Wasser reicht bis zum Horizont. Ein schmaler Sandstrand zieht sich zwei Kilometer hinter flachen Dünen an der Küste entlang. Im Sommer liegen die Sonnenanbeter hier dicht an dicht.
Das Rectory Café ist das einzige Ausflugslokal auf den Inseln, das auch außerhalb der Saison geöffnet ist. Spaziergänger ziehen ihre dicken Jacken aus, reiben sich die Hände und machen es sich auf den schweren Polstermöbeln bequem. Einer von ihnen ist Steve Fry. Er ist Unternehmensberater und hat den Verein "Friends of Toronto Islands" gegründet:
"Ich glaube nicht, dass es noch eine Großstadt auf der Welt gibt, wo man eine Fähre betritt und zehn Minuten später in einer ganz anderen Welt ist: abgelegen, ruhig, umgeben von Bäumen und das nur zehn Minuten vom Finanzzentrum Kanadas entfernt. "
Steve Fry selbst wohnt nicht auf den Inseln, sondern in einem Apartmentturm am Pier von Downtown. Die Inseln nennt er seinen Park. Dass viele seiner Nachbarn nie hierher kommen, findet er schade und will es ändern.
"Unser Verein sieht sich auch als Interessenvertretung. Es passiert immer wieder, dass wir Leute, die in Toronto aufgewachsen sind, mit auf die Inseln nehmen und sie dann sagen: Das letzte Mal war ich hier, als ich fünf war. Ich wusste gar nicht, dass es hier außer dem Vergnügungspark auch so viele andere Sachen gibt und ich komme bald mal wieder und zeige das meinen Freunden."
Der Verein "Friends of Toronto Islands" will zudem neue Angebote etablieren, die Besucher auch außerhalb der Saison auf die Inseln locken. Mithilfe der japanischen Botschaft hat er 30 Kirschbäume auf Center Island pflanzen lassen. Zur Blütezeit im Mai werden sie eine zusätzliche Attraktion sein.
Steve Fry verbringt viel Zeit damit, die Parkbehörde für seine Ideen zu begeistern. Oft packt er einfach selbst an. Im Winter, wenn die Inseln monatelang schneebedeckt und die flachen Gewässer zugefroren sind, schiebt er an Wochenenden Schnee und legt auf dem Eis einen Ring zum Schlittschuhlaufen frei. Die Winterausflügler sollten die Fähre allerdings nicht verpassen, denn in den kalten Monaten fährt sie nur stündlich.
Die kleine Autofähre legt alle 15 Minuten ab und fährt zwei Kilometer über den See zu den Toronto Islands. Kurz nach dem Ablegen wird es windig und Wellen schlagen gegen das Boot. Die türkis-grün und braun-gold glitzernden Glastürme der Downtown werden kleiner. Touristen stellen sich vor dem Großstadtpanorama in Fotopose. Ein asiatisches Mädchen in einem rosa Pulli streckt beide Arme in die Luft und schiebt die Hüfte zur Seite. Nach zehn Minuten legt die Fähre an.
Die Hauptinsel Wards Island ist eine ländliche Idylle. Keine Autos, kein Beton, nur hohe Bäume und darunter schlichte Holzhäuser in Puppenstubenfarben: hellblau, dunkelgrün, altrosa und gelb. Wilde Hecken und üppige Blumenbüsche umgeben die Grundstücke. Auf den schmalen Wegen schlendern ein paar Touristen, staunen und fotografieren.
Ein Tourist sagt: "Oh, look, this is so nice."
Vor 130 Jahren haben Städter die ersten Wochenendhäuschen auf den Inseln gebaut. Jetzt wohnen rund 700 Menschen permanent hier: Die Häuser gehören ihnen, das Land pachten sie von der Stadt. Vor einem weißen Haus mit rosa gestrichenen Fensterrahmen steht ein Schild: "Bake Sale". Kuchenverkauf.
In einer weißen Küche, die zum Wohnzimmer hin offen ist, stehen Mutter und Tochter. Es ist warm und riecht nach Vanille. Auf dem Tresen sind Bleche mit Keksen und Kuchen aufgereiht. Jana und Barbara Rowrick haben sie selbst gebacken und verkaufen nun an Nachbarn und Touristen, um Geld für den Urlaub der Tochter zu sammeln. Seit 58 Jahren wohne sie auf der Insel, sagt die Mutter. Sie liebe die Ruhe und die Gemeinschaft, in der man für einander da sei und auch auf die Kinder der anderen ein Auge hat.
"Everybody helps out everyone. Kids can just go out and play and everybody looks after one another."
Das Inselleben sei allerdings nicht für jeden, fügt sie noch an. Die harten Winter, in denen man sich durch den hohen Schnee kämpfen müsse.
"And it's not for everybody. People come and live here and they go: Ah, the winters are too harsh, I cant handle trudging through the snow, you know, to get to the ferry dock."
Und dazu kommt die ständige Abhängigkeit von der Fähre, sagt die Tochter. Immer müsse man mitten in einer Feier aufbrechen, um noch die letzte zu bekommen.
"Your whole life is scheduled around a boat: Oh I have to get the last boat. Can't stay too long at a party or I'll miss the last boat. That type of thing."
Die Inseln erkundet man - zumindest im Frühling, Sommer und Herbst - am besten mit dem Fahrrad. Immerhin sind es fünf Kilometer von einem Ende zum anderen.
Ein asphaltierter Weg verbindet die drei Inseln über verschiedene Brücken. Er führt vorbei an der Feuerwehr, entlang an einem Kanal, in dem Segelboote liegen, vorbei an Wäldchen und Picknick-Wiesen, auf denen Wildgänse grasen. Und immer wieder öffnet sich der Ausblick über das Wasser auf die gläserne Downtown, die von hier aus so unwirklich erscheint.
Center Island ist der Touristen-Hotspot. In den Sommermonaten spucken die Boote ihre Besucher im Zehn-Minuten-Takt aus, vor allem Familien, die in den Kinder-Vergnügungspark wollen. Die altmodischen Karussells, die Wasserrutschen und Züge aus kleinen Schwan-Waggons sind ab Oktober verwaist. Wo sonst Besucher durch bunte Blumenrabatten wuseln, wo Stimmengewirr und Kindergeschrei ertönen, rascheln nur die Blätter der Platanen. Zwei Paare in wetterfesten Jacken gehen zwischen den leeren, blauen Becken der Springbrunnen spazieren.
Auf der Südseite der Insel klingt der Ontariosee wie ein Meer. Das Wasser reicht bis zum Horizont. Ein schmaler Sandstrand zieht sich zwei Kilometer hinter flachen Dünen an der Küste entlang. Im Sommer liegen die Sonnenanbeter hier dicht an dicht.
Das Rectory Café ist das einzige Ausflugslokal auf den Inseln, das auch außerhalb der Saison geöffnet ist. Spaziergänger ziehen ihre dicken Jacken aus, reiben sich die Hände und machen es sich auf den schweren Polstermöbeln bequem. Einer von ihnen ist Steve Fry. Er ist Unternehmensberater und hat den Verein "Friends of Toronto Islands" gegründet:
"Ich glaube nicht, dass es noch eine Großstadt auf der Welt gibt, wo man eine Fähre betritt und zehn Minuten später in einer ganz anderen Welt ist: abgelegen, ruhig, umgeben von Bäumen und das nur zehn Minuten vom Finanzzentrum Kanadas entfernt. "
Steve Fry selbst wohnt nicht auf den Inseln, sondern in einem Apartmentturm am Pier von Downtown. Die Inseln nennt er seinen Park. Dass viele seiner Nachbarn nie hierher kommen, findet er schade und will es ändern.
"Unser Verein sieht sich auch als Interessenvertretung. Es passiert immer wieder, dass wir Leute, die in Toronto aufgewachsen sind, mit auf die Inseln nehmen und sie dann sagen: Das letzte Mal war ich hier, als ich fünf war. Ich wusste gar nicht, dass es hier außer dem Vergnügungspark auch so viele andere Sachen gibt und ich komme bald mal wieder und zeige das meinen Freunden."
Der Verein "Friends of Toronto Islands" will zudem neue Angebote etablieren, die Besucher auch außerhalb der Saison auf die Inseln locken. Mithilfe der japanischen Botschaft hat er 30 Kirschbäume auf Center Island pflanzen lassen. Zur Blütezeit im Mai werden sie eine zusätzliche Attraktion sein.
Steve Fry verbringt viel Zeit damit, die Parkbehörde für seine Ideen zu begeistern. Oft packt er einfach selbst an. Im Winter, wenn die Inseln monatelang schneebedeckt und die flachen Gewässer zugefroren sind, schiebt er an Wochenenden Schnee und legt auf dem Eis einen Ring zum Schlittschuhlaufen frei. Die Winterausflügler sollten die Fähre allerdings nicht verpassen, denn in den kalten Monaten fährt sie nur stündlich.