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Im Kampf gegen die Immobilienblase

Immobiliengeschäfte für Privatpersonen sollen in der EU vergleichbar werden. Deshalb will die EU-Kommission, dass potenzielle Bauherren vergleichbaren Informationen über die Kreditkonditionen bekommen, einer Bonitätsprüfung unterzogen werden und Kreditverträge einfacher aufgehoben werden können.

Volker Finthammer im Gespräch mit Georg Ehring | 31.03.2011
    Georg Ehring: Geplatzte Immobilienkredite in den USA standen am Anfang der Finanzkrise. Millionen Menschen hatten ein Eigenheim gekauft, das sie sich eigentlich gar nicht leisten konnten. Auch in Europa kommt so etwas vor, nach Ansicht der EU-Kommission häufiger als nötig. Ein Grund dafür könnten unfaire, oder nur unklare Bedingungen der Kreditinstitute sein. So etwas wiegt schwer, schließlich ist der Kunde oft jahrzehntelang an seine Bank gebunden. EU-Kommissar Michel Barnier hat heute Vorschläge vorgelegt, um die Kunden hier besserzustellen. – Volker Finthammer in Brüssel, wie soll das gehen?

    Volker Finthammer: Ja, Georg Ehring. Auch wenn die europäischen Hypothekenverbände schon darüber klagen, dass es für die Neukunden künftig schwieriger werden könnte, an Baukredite heranzukommen, die große Regulierungswut, die ja oft beklagt wird, die ist mit diesen Gesetzesvorschlägen nicht verbunden. Es geht bei diesem Vorhaben im wesentlichen darum, dass die Kreditnehmer, also die potenziellen Bauherren, überall in der EU die gleichen und damit vergleichbaren Informationen über die Kreditkonditionen bekommen, und dass sie sich einer Bonitätsprüfung unterziehen sollen, um eben zu sehen, ob das Vorhaben überhaupt langfristig angemessen finanzierbar ist. Und der dritte wichtige Punkt ist, dass den Häuslebauern und Kreditnehmern der vorzeitige Ausstieg aus den Kreditverträgen erleichtert werden soll. Und all diese Vorgaben sollen auch grenzüberschreitend gelten, um eben dem Binnenmarkt gerecht werden zu können, und auch für Kredite in Fremdwährungen.

    Hintergrund für diese Regelung ist ja die Immobilienblase - Sie haben es angesprochen – aus dem Jahr 2008, wo immerhin auch in der EU 16 Prozent aller Kreditnehmer Schwierigkeiten hatten, ihre Kredite zu bedienen, und es eben zu massiven Ausfällen kam, die zu einem guten Teil eben der Tatsache geschuldet waren, dass man es mit vertrackten Kreditverträgen zu tun hatte, die den Kreditnehmern wenig Spielraum ließen, und besonders schwierig war das damals für Fremdwährungskredite.

    Ehring: Ein Grund, warum sich Verbraucher eine zu hohe Kreditbelastung zumuten, ist ja irreführende Werbung. Gibt es auch da neue Regelungen?

    Finthammer: Ja das ist sogar einer der Kernbereiche, wo sich etwas verändern soll. Die Verbraucher müssen künftig, wenn das jetzt vom Ministerrat und vom EU-Parlament so angenommen wird, frühzeitig über alle Konditionen eines solchen Vertrages ausführlich informiert werden, also die realen Zinsen, die Laufzeiten, mögliche Anpassungen, und das nach einem einheitlichen Muster. Spätestens bei einer konkreten Kreditanfrage sollen die Unternehmen den Interessenten eine europaweit standardisierte Auskunft über alle Konditionen vorlegen, damit eben mögliche Risiken besser abgeschätzt und man auch vergleichen kann, wie das bei den einzelnen Anbietern aussieht, und eben schneidige Werbeaussagen wie "mit nur zwei Prozent kommen sie zum Glück" auf dem Immobilienmarkt keine Chance mehr haben.
    Um da mal die Dimension vielleicht deutlich zu machen: Die EU-Kommission spricht von einem Kreditvolumen von 50 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der EU, die allein auf diesem Immobilienkreditmarkt bewältigt werden.

    Ehring: Welche Länder müssen sich denn jetzt auf Änderungen vor allem einstellen? Sind in Deutschland große Veränderungen zu erwarten, oder betrifft das eher andere Staaten mit vielleicht lockereren Regeln für den Verbraucherschutz?

    Finthammer: Für den Häuslebauer in Deutschland sind jetzt keine großen Änderungen zu erwarten. Dieses europäische standardisierte Auskunftsverfahren gibt es ja hier schon seit einiger Zeit. Das heißt, jeder Kreditnehmer bekommt hier eine gleichwertige und damit vergleichbare Auskunft. Interessant wird es für Häuslebauer aus Deutschland, die etwa in Spanien oder anderen europäischen Ländern sich ein Häuslein bauen oder kaufen wollen und dort Kredite aufnehmen. Da würde man mit diesem Vorschlag erstmals erreichen, dass die konkreten Konditionen vergleichbar wären und dass man überhaupt dann auch mit einem deutschen Institut möglicherweise Kredite in anderen Ländern finanzieren kann. Das heißt, der Kreditmarkt für Immobiliengeschäfte für Privatpersonen, wohlgemerkt – das gilt nicht für Geschäftskunden -, soll in der EU vergleichbar und damit für alle unter den gleichen Konditionen stattfinden.

    Ehring: Mehr Klarheit für Häuslebauer. Volker Finthammer informierte über Pläne von EU-Kommissar Michel Barnier.