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Immer mehr Wackelkandidaten und wenige sichere Häfen

Am Rentenmarkt verkaufen immer mehr Großanleger ihre Staatsanleihen. Auch weil die Zahl der Wackelkandidaten steigt. Und es trifft Anleger, die mit ihrer Geldanlage eigentlich auf Nummer sicher gehen wollen.

Von Stefan Wolff |
    Für Spanien war es ein Desaster: Über 6,9 Prozent Zinsen muss das Land für eine neue Anleihe zahlen. Und selbst dieser hohe Zins überzeugte die Anleger nicht. Die Nachfrage nach dem am Donnerstag herausgegebenen Papier war eher mau. Mit Staatsanleihen ist derzeit kein Staat zu machen. Die hohen Zinsen, die immer mehr Euro-Länder bieten müssen, schrecken Anleger eher ab. Die großen Investoren, also Banken oder Versicherungen, verkaufen ihre Bestände. Aus diesem Grund raten Experten von einem Engagement ab. Und Papiere sicherer Länder gleichen mit ihrem Zins nicht einmal die Inflationsrate aus. So bieten deutsche Anleihen mit zehnjähriger Laufzeit gerade mal 1,7 Prozent Zinsen. Das können manche Tagesgeldkonten besser. Immer mehr Anleger entdecken als Alternative Unternehmensanleihen. Auch Firmen leihen sich an den Rentenmärkten Geld. Im Gegensatz zu Aktien haben Unternehmensanleihen eine feste Laufzeit und bieten einen festen Zins, den sogenannten Kupon. Der Kurs der Papiere kann zwar schwanken, doch am Ende der Laufzeit erhält der Anleger 100 Prozent des Werts zurück. Das natürlich nur, wenn das Unternehmen nicht pleitegeht. Robert Halver, Kapitalmarktanalyst der Baader Bank rät deshalb:

    "Man sollte schauen, wie sich das Unternehmen in den letzten Jahren entwickelt hat, also ist es stabil, sind die Geschäftsmodelle immer sehr sauber gewesen. Wenn Sie einmal typische Pharma- und Konsumkonzerne nehmen, denen geht es ja relativ gut. Immer. Selbst einige typische deutsche Industriewerte haben immer recht gutes Geld verdient, selbst in Krisen hatten sie nie die Gefahr auch nur annährend in die Nähe einer Insolvenz zu geraten. Diese Firmen kann man - so denke ich - bedenkenlos kaufen."

    Auskunft über die Bonität also die Kreditwürdigkeit einer Firma, gibt wie bei Staaten auch ein Rating. Die Bestnote "Triple A" wird man bei Firmen nicht finden. A's und Noten im oberen B-Bereich gelten aber als gut. Die Zinsen einiger Firmenanleihen können sich sehen lassen. Vor allem kleinere Unternehmen bieten Renditen oberhalb von zehn Prozent. Professor Christian Schlag von der Universität Frankfurt warnt:

    "Ich würde es für verfehlt halten, einfach nur auf Basis eines hohen Coupons zu entscheiden, dass eine gute Mittelstandsanleihe ein gutes Investment ist, während zum Beispiel eine Staatsanleihe mit einem wesentlich niedrigeren Coupon ein schlechtes Investment wäre."

    Denn höhere Zinsen spiegeln natürlich auch ein hohes Risiko. So verzinst der Energieversorger EnBW beispielsweise seine Anleihen mit sieben Prozent. Die Aussichten des Konzerns gelten aber nach dem Aus für die Atomkraft als unsicher. Und Air Berlin zahlt elf Prozent Zinsen. Doch bei diesem Engagement fliegt die Angst vor roten Zahlen gleich mit. Vorsicht ist aber vor allem geboten, wenn die angebotenen Papiere nicht an einem regulierten Markt gehandelt werden. Dann gibt es nämlich keine Transparenzkriterien, die die Unternehmen zu erfüllen hätten. Auch von kleinen Unternehmen sollten unerfahrene Anleger eher die Finger lassen, sagt Robert Halver:

    "Die ganz kleinen, die berühmten 'Start-ups'-Unternehmen, die gerade erst einmal in der Entwicklung sind, die sollte man nicht unbedingt kaufen, da ist das Risiko zu groß. Im Augenblick sind die großen Investoren immer ganz gerne die großen Adressen, weil sie da wirklich Qualität zu einem vernünftigen Preis, zu einer guten Rendite bekommen."

    So werfen Anleihen des Thyssen-Konzerns aktuell über fünf Prozent ab, das Industrieunternehmen Haniel über vier Prozent. Hier war die Industrieanleihe mit einem Coupon von über sechs Prozent herausgegeben worden, doch die hohe Nachfrage hat den Preis getrieben und damit die Rendite gedrückt. Papiere mit Renditen von über fünf Prozent sind aber problemlos zu finden. Wie bei allen anderen Geldanlagen auch gilt der Rat, die Risiken breit zu streuen. Von Bankanleihen raten Experten wegen der Finanzkrise aktuell eher ab. Die hohen Zinsen, die in diesem Bereich geboten werden, spiegeln das Risiko hoher Abschreibungen der Finanzhäuser auf europäische Staatspapiere. Und gerade dieses Risiko wollen Anleger doch umgehen, wenn sie sich mit Unternehmensanleihen befassen.