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In diesem Jahr keine Malariaepidemie in Botswana

Meteorologie. - Malaria gehört zu den großen Drei, den drei für Menschen gefährlichsten Infektionskrankheiten. Jedes Jahr fordert die durch Mücken übertragene Krankheit mehr als eine Million Tote. Meteorologen vom Europäischen Zentrum für Mittelfristige Wettervorhersage in Reading arbeiten daher an Modellen, die Malariaepidemien vorhersagen können. Schließlich ist das massenhafte Auftreten von Mücken von entsprechend feucht-warmem Wetter abhängig.

Von Volker Mrasek |
    Botswana im südlichen Afrika - das ist eines der Länder, in denen es immer wieder zu starken Malaria-Ausbrüchen kommt. Kritisch wird es immer im März und April, nach dem Ende der Regenzeit ...

    "Die Länder, in denen solche Malaria-Epidemien auftreten, sind typischerweise semi-arid. Das heißt, ihr Klima ist weder sehr feucht noch sehr trocken. Und wir wissen: Wenn die Regenzeit dort Niederschläge bringt, die deutlich über dem jährlichen Mittel liegen, dann muss man mit einer Malaria-Epidemie rechnen."

    Für Tim Palmer war das eine Herausforderung. Der Physiker und Mathematiker arbeitet im Europäischen Zentrum für Mittelfristige Wettervorhersagen. Dort, im englischen Reading, haben Forscher in den letzten Jahren großes Geschick bei der Saisonvorhersage entwickelt. Mit ihr will man es schaffen, das Klima einer Region schon Monate vorher zu prognostizieren. Könnte man mit den Mitteln der Klimamodellierung nicht auch eine frühzeitige Malaria-Vorhersage für Länder wie Botswana hinbekommen? fragte sich Palmer deshalb. Und mit ihm die deutsche Meteorologin Renate Hagedorn. Auch sie forscht in Reading:

    "Da ist es nicht so, dass wir zum Beispiel vorhersagen: In drei Monaten, am 22. Juni 2006, wird es regnen. Sondern es ist eben so, dass wir Kategorien vorhersagen. Das Klima wird jetzt zum Beispiel unterteilt in normale Bedingungen oder trockene Bedingungen oder feuchte Bedingungen. Und dann können wir eben sagen, mit welchem Prozentsatz, Wahrscheinlichkeit, Niederschlag [höher als normal] auftritt."

    Das verbessert auch die Malaria-Vorhersage entscheidend, wie Hagedorn und ihre Kollegen jetzt zeigen können. Mit ihrem Saison-Modell gelang es ihnen, Ausbrüche der Krankheit in Botswana bis zu fünf Monate im voraus vorherzusagen, mit den erhöhten Niederschlagsmengen als entscheidendem Faktor. Zur Erläuterung muss man sagen, dass dies rückblickend geschah, für die Jahre 1982 bis 2002. Aus dieser Zeit sind Malaria-Epidemien in Botswana lückenlos dokumentiert. So ergab sich die Chance, das Klimamodell an der Vergangenheit zu testen. Und diese Bewährungsprobe bestand es dann auch. Die Malaria-Ausbrüche der letzten Jahrzehnte kündigten sich im Modell schon lange vorher an. Bisher habe die Vorhersagezeit vier Wochen betragen, sagt Renate Hagedorn. Jetzt könne man sie um weitere drei bis vier Monate ausdehnen:

    "Es ist so, dass die Vorbeugung dann eben auf die Gebiete, die in Gefahr sind, gerichtet wird. Und die Vorbeugung selber ist zum Beispiel Verteilung von Medikamenten. Die andere Sache ist, dass zum Beispiel Bettnetze verteilt werden. Und dass Organisationen rausgehen aufs Land und die Hütten mit Insektiziden gesprüht werden. Und all solche Dinge."

    Das alles im Kampf gegen die Anopheles-Mücke, den Überträger des Malaria-Erregers. Der besondere Kniff an den Saisonprognosen aus Reading ist übrigens, dass Tim Palmer und die anderen Klimafrösche dort eine ganze Latte von Modellrechnungen kombinieren. Das nennt man dann Ensemble-Vorhersage. Palmer:

    "Wenn ich nur eine einzige Vorhersage mache, kann ich nicht sagen, wie zuverlässig sie eigentlich ist. Wir haben da vor allem ein Problem. Es gibt einen Zeitpunkt X, zu dem die Vorhersage gestartet wird, aber der Zustand der Atmosphäre in diesem Moment ist ja nie genau bekannt, nur näherungsweise. Unser Trick ist nun, verschiedene Modelle laufen zu lassen, und das mehrfach - jeweils mit leicht veränderten Anfangsbedingungen. Wenn die Ergebnisse am Ende übereinstimmen, wissen wir, dass sich das Klima in dem Moment gut für längere Zeit vorhersagen läßt. Und wir können unserer Prognose trauen."

    Dieses Vertrauen haben die Forscher auch in ihre Saisonprognose für die Malariagebiete im Süden Afrikas. Örtliche Hilfsstäbe greifen bereits auf das neue Vorhersagemodell zurück. Die aktuelle Prognose: In diesem Frühjahr dürfte es für eine Epidemie zu trocken sein ...