" Wir suchen Fachkräfte im IT-Bereich, Projektmanager, Analysten. Das sind die technischen Voraussetzungen. Und dann ist es natürlich wichtig, dass der Bewerber einen starken Charakter hat. Wenn er bilingual aufgewachsen ist, ist das natürlich ein Plus, da die Europäische Kommission sehr international ausgerichtet ist."
Von einer Karriere bei der EU-Kommission träumen Viele - und scheitern am anspruchsvollen Concours, einem Auswahlverfahren, das sich oft über Monate hinzieht: Vorauswahltest, schriftliche und mündliche Prüfung, und dann das Einstellungsverfahren.
Die meisten Bewerber, die mit Carole und anderen Recruitment-Officern am Tisch sitzen, haben bereits einen Job. Beworben haben sich die Wenigsten. Sie wurden vielmehr von der Agentur One4EU gefunden. Zu der Agentur gehören neben Unisys noch drei weitere IT-Dienstleister aus Belgien und Italien. Sie rekrutieren im Auftrag der EU-Kommission Fachkräfte. Sie durchsuchen das Internet nach interessanten Profilen und machen im Netz auf sich aufmerksam.
" Wir schalten Anzeigen auf Webseiten wie 'monster' und 'stepstone', verschicken Einladungen, die Leute schicken ihren Lebenslauf. Wir laden aber nur die Leute ein, von denen wir glauben, dass ihr Profil zur Kommission passt. Diese haben dann ein Interview mit uns, und im Anschluss mit dem Kunden. Der erzählt den Bewerbern dann was die EU-Kommission macht, über die Projekte, den Ablauf. Wenn alles gut läuft, laden wir die Bewerber zu einem Interview mit der Kommission ein und bieten ihnen im Anschluss einen unbefristeten Vertrag an."
Auf einen unbefristeten Vertrag hofft auch Sébastien Stolz. Er ist mehr durch Zufall auf die Webseite von One4EU gestoßen.
" Ein Freund von mir hat mir die Anzeige auf einer Webseite gezeigt. Ich habe meinen Lebenslauf und ein kleines Motivationsschreiben geschickt, und dann wurde ich eingeladen."
Sébastien hat das Job-Dating mit Carole schon hinter sich. Aus den angekündigten sieben Minuten wurden dann doch 25. Sébastien ist ganz zufrieden mit sich.
" Es war ein gutes Interview. Ich habe das Team getroffen. Sie haben mir gesagt, was für eine Art Job sie mir anbieten können, und sie haben geschaut, ob ich ins Team passe."
Einen kleinen Haken gibt es allerdings dann doch. Die potentiellen Arbeitnehmer arbeiten nicht direkt für die EU-Kommission, sondern für Unisys oder einen der drei anderen Partner, erklärt Carole. Das heißt, es gibt weniger Geld.
" Wer direkt für die EU-Kommission arbeitet, zahlt nur wenig Steuern. Aber die Leute hier, die arbeiten für uns. Dass heißt, sie bekommen belgische Verträge."
Für Sébastien spielt das jedoch keine Rolle. Er möchte sich beruflich weiter entwickeln und hofft daher auf eine Stelle bei der EU-Kommission. Und das, obwohl er bereits einen gut bezahlten Job hat.
" Ich arbeite seit fünf Jahren im Stab des französischen Premierministers. In meinem Team sind wir nur drei, vier Leute. Nur der Chef steht über mir. Und dessen Platz kann ich nicht einnehmen."