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In voller Blüte

Die Titanenwurz ist die größte Blume der Welt. Ihre natürliche Heimat ist die indonesische Insel Sumatra, doch auch hier in Deutschland gibt es Titanenwürze in einigen botanischen Gärten. Nur alle paar Jahre blühen die Pflanzen - und das auch nur für wenige Tage. Zu sehen war dieses seltene Schauspiel jetzt in Bonn.

Von Svenja Üing | 21.04.2008
    "Die sind beheimatet auf Sumatra in Indonesien, und dort gibt's die eigentlich nur direkt am Äquator, hohe Luftfeuchtigkeit so wie hier jetzt, so um die 28, 30 Grad, jeden Tag Regen ... "

    Wieder und wieder erklären die Mitarbeiter des Botanischen Gartens der Universität Bonn, woher die Titanenwurz stammt, wie sie gedüngt wird und wie selten sie blüht. Wer die gigantische Blume an diesem Wochenende im Victoria-Tropenhaus suchte, musste nur nach einer großen Menschentraube Ausschau halten. Allein am Freitag kamen mehr als tausend Besucher - extra für die Titanenwurz, den Publikumsmagneten Gartens:

    "Im botanischen Garten auf Sumatra hab ich sie nur als Poster gesehen. Und hier gibt's die in echt. Das, finde ich, ist eine würdige Leistung."

    "Also ich find's phantastisch, was die Natur so für Schöpfungen hervorbringt und das ist halt ein besonders extravagantes Beispiel."

    2,12 Meter ist dieses extravagante Exemplar groß: In der Mitte der hellbraune Blütenstand, geformt wie ein riesiger Zapfen, um den sich ein einziges Blatt schmiegt, innen dunkelrot und außen hellgrün. Vor ein paar Wochen war hier nur nackte Erde zu sehen, dann hat die Knolle innerhalb von 35 Tagen diesen Blütenstand hervor getrieben. Und am Freitag dann der große Moment: der Amorphophallus titanum - zu deutsch: Titanenwurz - blüht.

    "Der Abend des Aufblühens ist ein Highlight sondergleichen, immer noch, immer wieder."

    Wer will, kann das sogar live im Internet verfolgen, auf den Seiten des Botanischen Gartens der Bonner Universität. Begleitet wird das Aufblühen durch einen heftigen Aas-Gestank, der Käfer und Bienen für die Bestäubung herbeilocken soll, erklärt Gärtner Michael Neumann. Aber die Titanenwurz riecht am Abend des Aufblühens nicht nur streng, sie erhöht auch ihre eigene - wenn man so will - "Körper"-Temperatur. Ein Phänomen, das Bonner Botaniker derzeit genauer untersuchen, erklärt Wolfram Lobin, wissenschaftlicher Leiter des Botanischen Gartens Bonn:

    "Was uns eben interessiert ist: Es ist also bekannt, dass Aaronstabgewäche, also die Titanenwurz, ihren Blütenstand erhitzen. Das steht im Zusammenhang mit der Bestäubung, das passiert aber periodisch, und bei der Titanenwurz geht das bis zehn Grad über die Raumtemperatur. Und wir haben da auch eine Hypothese, aber das ist noch nicht veröffentlicht und deswegen wollen wir das jetzt noch nicht so preisgeben."

    Die Bonner Titanenwurz ist übrigens ein besonders interessantes wissenschaftliches Objekt. Sie blühte zuvor schon in den Jahren 2000, 2003 und 2006. Dabei hat sie 2003 mit einer Höhe von 3,06 Meter den Eintrag ins Guinnessbuch der Rekorde geschafft. Und 2006 sogar gleich drei Blüten hervorgebracht - ein weltweit einmaliges Ereignis. Zwar stehen auch in anderen botanischen Gärten Titanenwürze, darunter in Hamburg, Leipzig, Stuttgart und Frankfurt. Doch Konkurrenz zwischen den Wissenschaftlern kommt keine auf, sagt Wolfram Lobin. Denn nur in Bonn wird die Blume erforscht, ein Alleinstellungsmerkmal des Nees-Instituts für Biodiversität der Pflanzen an der Universität Bonn. Wer das jüngste Erblühen an diesem Wochenende verpasst hat, dürfte übrigens enttäuscht sein. Denn nach nur wenigen Tagen stirbt die Blüte komplett ab. Dann ist für einige Wochen oder sogar Monate nichts mehr von ihr zu sehen:

    "Übrig bleibt die Knolle im Boden, macht eine kurze Ruhephase und wird danach ein Laubblatt entwickeln und die Knollenenergie wieder ersetzen und hoffentlich auch ein Stück größer werden."

    Doch einen Trost gibt es: Die diesjährige Blüte ist aus einer von drei Tochterknollen hervorgegangen. Die Bonner Botaniker erwarten, dass sich die zweite Blüte schon um den 10. Mai öffnen wird. Und die dritte dann wenig später.