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Industrie 4.0

Industrie 4.0 - so heißt das Leitthema der diesjährigen Hannover Messe. Gemeint ist damit die intelligente Vernetzung von Produktionsprozessen. Das, so DLF-Redakteur Andreas Kolbe, ist allerdings eher noch Zukunftsmusik. Immerhin würden in Hannover aber schon Ansätze vorgestellt.

Andreas Kolbe im Gespräch mit Sina Fröhndrich | 09.04.2013
    Sina Fröhndrich: Für uns auf der Messe ist Andreas Kolbe. An Sie die Frage: Wie könnte so eine intelligente Fabrik aussehen? Wie muss man sich das vorstellen?

    Andreas Kolbe: Naja, es ist ja nicht so, dass die Fabriken nicht heute schon intelligent produzieren würden. Aber bisher eher in Inseln. Da ist zum einen die Produktion selbst, zentral gesteuert durch komplexe Software. Dann ist da die Logistik, dass alle Teile rechtzeitig am richtigen Ort sind, die Personaldisposition, die Wartung der Maschinen.

    Jede Insel für sich ist schon effizient, aber an den Übergängen hapert es oft. Also wenn zum Beispiel ein Teil einer Maschine kaputt geht, dann werden oft noch mit Zetteln Ersatzteile bestellt. Dann überlegen sich Menschen, wie man vielleicht ohne diese Maschine weiterarbeiten kann. Und der Termin mit dem Service-Techniker wird dann telefonisch vereinbart.

    All das könnte viel schneller gehen und effizienter, wenn die Maschine selbst den Bestellprozess für das Ersatzteil auslöst, den Service-Techniker bucht und wenn der Produktionsablauf automatisch so verändert wird, dass es weiter geht.

    Das geht aber nur, wenn all die einzelnen Teile der Fabrik miteinander vernetzt sind, Daten untereinander austauschen und wenn jede Maschine und jede Anlage so konzipiert wird, dass sie selbständig agieren und auch lernen kann, ohne auf eine große zentrale Steuerung angewiesen zu sein.

    Fröhndrich: Steckt da wirklich so viel Potenzial drin?

    Kolbe: Da steckt langfristig wirklich sehr großes Potential drin, weil es die Art und Weise, Dinge herzustellen, grundlegend verändern wird. Das Internet zieht ein in die Fabriken – sagt man hier – wie es auch in unser Leben als Konsumenten eingezogen ist.

    Heute kann man mit dem Handy ein Foto schießen und es landet automatisch in einem Web-Fotoalbum, wo es die Freunde angucken können. Kaum jemand entwickelt noch Bilder oder klebt Foto-Alben zusammen.

    In der Fabrik ist das zwar alles sehr viel komplexer. Aber für die Unternehmen bringt es eben auch große Vorteile mit sich:

    Heinrich Frontzek, vom Fabrikausrüster Festo aus Esslingen:
    "Auf der einen Seite wollen die Hersteller preiswert produzieren in der Massenproduktion. Auf der anderen Seite wollen die Kunden individualisierte Produkte kaufen. Das kann eine flexible Fabrik der Zukunft in Einklang bringen. Und dazu muss man dann auch entsprechende Kommunikationsmöglichkeiten haben. Und die bietet das Internet."

    Und auch für die Maschinen- und Anlagenbauer selbst bietet die vernetzte Fabrik große Chancen. Schon heute sind ja sehr viele Fabrikanlagen weltweit Made in Germany. Und diesen Vorsprung gilt es jetzt, ins Internetzeitalter zu überführen. Wenn das gelingt, wird man damit auch in Zukunft damit Geld verdienen können.

    Fröhndrich: Wie weit sind die Unternehmen da schon?

    Kolbe: Es ist in der Tat noch viel Zukunftsmusik, eine Vision, die man da verfolgt. 2025 hat man sich jetzt mal als Ziel gesteckt. Hier auf der Hannover Messe sieht schon man einzelne Lösungen, Ansätze, aber noch lange kein Gesamtkunstwerk.

    Allerdings ist das von Branche zu Branche auch sehr unterschiedlich. Eine Fabrik von Solarmodulen zum Beispiel ist heute schon sehr stark vernetzt, weil die einzelnen Produktionsschritte sehr stark voneinander abhängen. Auch die Automobilindustrie ist recht weit.

    Ganz anders zum Beispiel die Möbelbranche, wo jeder Schritt noch mehr oder wenig für sich steht. Da wird es viel länger dauern, bis diese Vision Realität wird.

    Wichtig ist vor allem, dass sich die breite Masse der Wirtschaftsunternehmen mit dem Thema beschäftigt. Dass man sich auf gemeinsame Standards verständigt. Auch über Sicherheitsfragen muss man sprechen, wenn Fabriken miteinander vernetzt werden. Und auch in der Ausbildung gibt es viel zu tun. Denn es braucht auch die Menschen, die sich in dieser komplexen Produktionswelt zu recht finden.

    Also da ist viel zu tun. 2025 ist wohl mit Bedacht gewählt.