Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Informationsportal "Topf Secret"
Wissen, was Lebensmittelkontrolleure finden

Wie sauber arbeiten der Imbiss oder der Bäcker um die Ecke? Auf der neuen Online-Plattform "Topf Secret" der Verbraucherorganisation Foodwatch und der Initiative "Frag den Staat" sollen Verbraucher das nachschauen können. Immerhin: Bei jeder vierten Kontrolle finden sich Mängel.

Von Daniela Siebert | 14.01.2019
    Kontrolleur Michael Bielak inspiziert die Lebensmittel auf einem Regal in einem türkischen Imbiss in Düsseldorf
    Ein Lebensmittelkontrolleur überprüft das Haltbarkeitsdatum von Lebensmitteln in einem türkischen Imbiss in Düsseldorf (imago / Olaf Döring)
    Britta Fecke: Laut der Organisation Foodwatch gibt es bei jedem vierten in Deutschland kontrollierten Lebensmittelbetrieb Probleme. Doch die Details, die Untersuchungsergebnisse werden meist nicht veröffentlicht. Das soll sich auf Initiative von Foodwatch und der Verbraucherplattform "Frag den Staat" nun ändern. Was ist geplant?
    Daniela Siebert: Eine neue Plattform mit dem Namen "Topf Secret", die ein Problem knacken soll, über dass sich Verbraucher immer wieder ärgern. Wenn nämlich irgendetwas in Restaurants, Bäckereien, Wurst-Fabriken oder sonstigen Lebensmittel verarbeitenden Betrieben nicht stimmt, dann wissen die Behörden das sehr oft. Aber die Verbraucher erfahren das nur in Ausnahmefällen.
    Die Online-Plattform will nun eine Regelung aus dem Verbraucherinformationsgesetz nutzen, nach der Bürger Auskunft verlangen können. Was auf diesem Weg in Erfahrung gebracht wird, soll dann in der Online-Plattform präsentiert werden. Die ist damit zum Start also noch eher leer. Dafür bietet sie aber ein extrem niederschwelliges Hilfsmittel, wie man solche Auskünfte beantragen kann.
    Man muss lediglich über eine Suchfunktion oder eine Straßenkarte einen Betrieb auswählen, über den man etwa wissen möchte. Dann gibt man seinen Namen, die Post- und eine Email-Anschrift dazu, "Topf Secret" stellt einen vorbereiteten Text dazu und das wird dann als Anfrage an die zuständige Behörde übermittelt, wann überprüft und was beanstandet wurde.
    Arne Semsrott von "Frag Den Staat":
    "Dann kommt es ein bisschen auf den Landkreis an, wer zuständig ist. Es geht in der Regel um Hygieneüberprüfungen, die in der Regel alle drei Jahre bei Lebensmittelbetrieben gemacht werden müssen. Da geht es dann zum Beispiel darum, werden Lebensmittel richtig gelagert, wird regelmäßig sauber gemacht, gibt es die erforderlichen Schulungen? Und all diese Befunde, die stehen in Hygienekontrollberichten. Und wenn es da Beanstandungen gibt, dann können Nutzerinnen und Nutzer diese Berichte anfragen, das heißt wirklich die Kopien dieser Berichte bekommen und die dann veröffentlichen, so dass jeder sie sich ansehen kann."
    Der Vorgang kann einige Wochen dauern, aber mittelfristig könnte dann so tatsächlich eine Landkarte mit Informationen für alle entstehen.
    Transparenz hat bisher eher Seltenheitswert
    Fecke: Warum ist eigentlich diese Initiative nötig, um die Informationen zu veröffentlichen? Hat die Bundesregierung mit ihrer Transparenzinitiative nicht mehr Verbraucherinformation in Aussicht gestellt?
    Siebert: Ja, aber das reicht den Aktivisten von "Frag den Staat" und Foodwatch nicht, weil es da bislang keinen Zwang gibt. Betriebe können danach immer noch freiwillig etwas bekannt geben oder nicht. Und sie verweisen da als Beispiel auf Hannover oder Braunschweig, wo Lebensmittelbetriebe freiwillig Kontrollergebnisse an der Ladentür aushängen sollten. Da haben dann aber nur 4 Prozent der Unternehmen mitgemacht.
    Im Kern ist das Ziel der Aktion, dass die Behörden alle ihre Kontrollergebnisse öffentlich machen und somit die Plattform selbst irgendwann überflüssig wird.
    Behörden zur Auskunft zwingen
    Fecke: Gibt es die Gefahr, dass die Behörden ihre Daten nicht weiterleiten bzw. nicht liefern?
    Siebert: Ja, die Gefahr besteht. Es gibt zum Beispiel die Variante, dass die Behörde sagt, ich habe da gar nicht untersucht in letzter Zeit, oder dass eben betriebliche oder andere Gründe dagegen gesetzt werden und die Informationen nicht preisgegeben werden. Da ist man aber schon darauf vorbereitet, den nächsten Schritt zu gehen.
    Dazu Oliver Huizinga von foodwatch:
    "So wie wir diese Anfragen vorformuliert haben, müssen die Behörden Auskunft geben. Da haben wir viele Erfahrungen gesammelt in den letzten Jahren. Aber natürlich kann es sein, dass sich auch Behörden quer stellen. Wir werden dann auch nötigenfalls die Verbraucher*innen, die das dann betrifft, darin unterstützen ihre Rechte durchzusetzen. Wenn da zum Beispiel Behörden sich weigern, könnte man sich überlegen entsprechende Informationsansprüche durchzuklagen, das könnten die Verbraucher*innen dann tun, wenn ihre Anfragen nicht beantwortet werden. Es kann auch sein, dass sich Unternehmen wiederum gegen die Veröffentlichung wehren, also es kann durchaus sein, dass es da auch gerichtliche Auseinandersetzung gibt. "
    Bei den Prozesskosten würde sich Foodwatch einbringen, deutet Heusinga an.
    Gute Erfahrungen im Ausland
    Fecke: Gibt es Vorbilder für diese Aktion, wie die Transparenz von Lebensmittelkontrollen verbessert werden kann oder verbessert werden sollte?
    Siebert: Ja die gibt es. Foodwatch und "Frag den Staat" verweisen auf Dänemark, wo Smileys an der Ladentür die Sauberkeit laut Kontrolle symbolisieren, was zu einem deutlichen Rückgang der Beanstandungen geführt habe. Dazu Arne Semsrott von "Frag den Staat":
    "Es gibt den politischen Willen in Dänemark. Es gab den schon lange, Transparenz herzustellen. Es gibt da ein Smileysystem, das sehr gut funktioniert und genau das herstellt, was wir wollen: nämlich bessere Kontrollen und bessere Hygiene. Wir sehen nämlich, dass in Dänemark nach der Einführung des Smileysystems Hygiene in Lebensmittelbetrieben deutlich erhöht wurde. "
    Ähnlich ist die Situation in Norwegen. Da gibt es das seit zwei Jahren auch und die Zahl der Beanstandungen soll bereits um rund 10 Prozent gesunken sein.