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Ingenieure werden dringend gesucht

Rund 60.000 arbeitslose Ingenieure auf der einen Seite und auf der anderen kann offensichtlich die Nachfrage nach akademischen Facharbeitern nicht befriedigt werden. Das Problem: Die arbeitslos gemeldeten kommen nicht frisch von der Hochschule. Mathias Kirchhehr, Geschäftsführer eines Unternehmens, das Achsen und Getriebe herstellt, beschäftigt 130 Mitarbeiter. Der Umsatz ist in den vergangen Jahren stetig gewachsen. "Wir könnten mehr produzieren, mehr entwickeln, wenn wir mehr Personal hätten. In der jetzigen guten Phase der Konjunktur auf jeden Fall. Wir würden uns wünschen, wenn wir dieses Problem schnell lösen." Auf der Suche nach Arbeitskräften ist auch Stefan Rosskopf, Geschäftsführer eines süddeutschen Anlagebauers: "Die Absolventen-Zahlen erscheinen viel zu niedrig im Augenblick und auch die Zahl der Jungingenieure, die seit einigen Jahren im Beruf sind. Im Moment stellt der Ingenieur-Mangel direkt eine Wachstumsbremse dar."

    Die vielen Ingenieure, die derzeit arbeitslos gemeldet sind, sind kaum zu vermitteln, meint Bernhard Behrbaum von der Bundesanstalt für Arbeit: "Aus Sicht der Unternehmen sind die Arbeitslosen zu lange aus der Materie raus. Das Vorurteil ist da: Sie sind nicht mehr auf dem neusten Stand der Entwicklung. Sie bringen keine neuen Ideen, sind für uns nicht mehr brauchbar, teilweise auch zu teuer." Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen gebe es zu wenige, auch von Seiten der Industrie. Ein weiteres Manko sei das Alter. Ab Mitte vierzig habe ein Ingenieur kaum noch ein Chance auf einen neuen Arbeitsplatz. Die Industrie suche einen anderen Mitarbeitertypus, so Behrbaum: "Das ist der so genannte High-Potention-Ingenieur, der innovativ sein muss, der über den Tellerrand gucken muss. Der nicht nur sein Fachgebiet kennt und der Entwicklungspotential hat."

    Viele Unternehmen ziehen Berufseinsteiger vor, die noch formbar und entwicklungsfähig sind. Hinzu kommt die hohe Spezialisierung: Wer habe vor zehn Jahren geahnt, dass heute Ingenieure für Gentechnologie gesucht werden. Für Berufsanfänger ist die derzeitige Situation paradiesisch. Sie können sich vor Angeboten kaum noch retten. Dabei haben gerade mittelständische Unternehmen das Nachsehen, da die Großunternehmen ausgezeichnete Kontakte zu den Hochschulen haben. Behrbaum von der Bundesanstalt für Arbeit meint, dass gerade das eine Chance für die arbeitslosen Ingenieure sei. Sie sollten sich verstärkt um den Mittelstand bemühen.