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Insolvenz
Wenig Hoffnung für Prokon-Anleger

Das Amtsgericht Itzehoe hat das Insolvenzverfahren gegen das Windkraft-Unternehmen Prokon eröffnet. 75.000 Anteilseigner bangen nun um ihr Geld. Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin wirft der Geschäftsführung vor, sie habe Rechnungswesen und Controlling jahrelang wissentlich vernachlässigt.

Von Dirk Schneider | 02.05.2014
    Schild der Prokon Unternehmensgruppe.
    Prokon ist pleite. (dpa/picture alliance/Carsten Rehder)
    Es handelt sich um eines der größten Insolvenzverfahren in der Geschichte der Bundesrepublik: Rund 360 Millionen Euro an bereits gekündigten Genussrechten waren bei der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit zu berücksichtigen und nicht nachrangig zu behandeln, da Prokon gegen das Transparenzgebot verstoßen hat. Dazu Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin auf der Pressekonferenz in Hamburg:
    "Das hat zur Folge, dass alle Genussrechtsinhaber nach unserem Verständnis im gleichen Rang stehen mit sonstigen Gläubigern, also mit den Lieferanten und den sonstigen ungesicherten Gläubigern, und genau in dieser Eigenschaft gleichberechtigt am Verfahren teilnehmen."
    Rund 75.000 Anteilseigner werden nun also ihre Rechte geltend machen. Für sie hat Penzlin schon eine Prognose gewagt, wenn auch unter großem Vorbehalt: Niemand wird sein ganzes Geld wiedersehen, aber auch niemand wird leer ausgehen, eine Insolvenzquote von 30 bis 60 Prozent hält Penzlin für realistisch.
    Den vielen tausend Gläubigern werden nun Formulare zur Anmeldung ihrer Forderungen zugehen, die mit einem Barcode versehen sind, um diese Menge überhaupt bewältigen zu können.
    Das vorläufige Fazit des Insolvenzverwalters fällt trotz dieser recht hoffnungsvollen Prognose vernichtend aus: Rechnungswesen und Controlling von Prokon befänden sich in einem, so wörtlich, "ausgesprochen mangelhaften Zustand", sie seien von der Geschäftsführung über viele Jahre wissentlich vernachlässigt worden.
    Derzeit sitzen Wirtschaftsprüfer am Abschluss für das Geschäftsjahr 2013, nach derzeitigem Stand beläuft sich der Verlust auf eine knappe halbe Milliarde Euro.
    Die Tochter Prokon Pflanzenöl GmbH in Magdeburg gilt als stabil, ebenso die Darlehensnehmerin Holzindustrie Torgau mit 650 Angestellten. 80 Angestellte v on Prokon haben bereits gekündigt oder ihre Verträge sind ausgelaufen, 70 sollen für acht Monate in eine Transfergesellschaft wechseln, 300 Arbeitnehmer sollen ihre Stellen bei Prokon behalten können. Dahinter steht ein Insolvenzplan, der noch von der Gläubigerversammlung abgenickt werden muss. Sie tagt zum ersten Mal am 22. Juli in Hamburg – in den Messehallen, da mit mehreren zehntausend Teilnehmern gerechnet werden muss.
    Hauptbausteine des Insolvenzplans sind zum einen die Umwandlung der Genussrechte in handelbare Unternehmensanleihen, die durch Bestand-Windparks in Deutschland und Polen besichert werden. Vermögenswerte, die nicht aus dem Kernbereich Onshore Windenergie stammen, sollen liquidiert und der Erlös sofort an die Gläubiger ausgezahlt werden.
    Für Rainer Doemen vom Verein Freunde von Prokon sind die Informationen des Insolvenzverwalters ein positives Signal, sowohl für die Anteilseigner als auch für die Energiewende in Deutschland:
    "Die Onshore-Windenergie ist der Zukunftsmarkt. Und Prokon ist der fünftgrößte Windenergie-Betreiber und die größte Publikumsgesellschaft Deutschlands. Und wir werden natürlich auch eine langfristigere Strategie verfolgen, damit der größtmögliche Werterhalt der Genussrechte gesichert wird."