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Intransparentes Verfahren bei der FIFA

Ab heute tagt das Exekutivkomitee des Weltfußball-Verbandes FIFA in Rio de Janeiro. Eigentlich hätte ein drängendes Thema auf der Agenda stehen müssen: Wie mit den neun Zweitplatzierten in der europäischen WM-Qualifikation verfahren wird. Nur vier davon fahren am Ende zur WM in Südafrika. Wie diese aber genau ermittelt werden, steht noch gar nicht fest - und wird wohl auch nicht in Rio entschieden werden.

Von Thomas Kistner |
    Die FIFA bleibt sich treu. Die Agenda der Exekutive wird nur publiziert, wenn nichts Kompromittierendes draufsteht. Im Fall der Vorstandssitzung ab Dienstag in Rio de Janeiro ist das anders. Hier fehlt die Agenda, sonst würde auffallen, dass ein zentrales Thema fehlt: Die Entscheidung über den Auslosungsmodus der Play-offs in der Europa-Qualifikation für die WM 2010 in Südafrika wurde offiziell vertagt. Dabei hätte dieser Modus in Rio geregelt werden sollen. Laut FIFA aber gibt es noch zu viele strittige Fragen. Das trifft nur unterm kommerziellen Aspekt zu. Eine faire Qualifikation unter den 50 europäischen Teilnehmern hätte zwei einfache Optionen geboten: eine Auslosung, oder von den verbliebenen zweitplatzierten Ländern der Europa-Gruppen werden die besten vier Teams gesetzt.

    Stattdessen bleibt die Sache offen bis zuletzt – und damit die Gelegenheit zum Mauscheln. Wer wäre sportpolitisch erwünscht bei der Südafrika-WM, ist aber stark gefährdet? Da tut sich ein weites Feld auf: Von Argentinien mit Lionel Messi bis Portugal, wo mit Cristiano Ronaldo dem zweiten aktuellen Superstar das WM-Aus droht. Keine Frage, dass es von größtem Marketinginteresse für die FIFA ist, die beiden Werbe-Ikonen dabei zu haben.

    Gleiches gilt für die Zugnummern des WM-Topsponsors adidas: Deutschland und Frankreich, zwei der lukrativsten Absatzmärkten, droht die Relegationsrunde der Gruppenzweiten. Da wären lösbare Aufgaben gut. Und tatsächlich verriet jüngst DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach, die DFB-Elf werde im Ernstfall kaum auf Frankreich oder Kroatien treffen, sondern eher auf Otto Rehhagels alte Griechen. Zudem winkt Heimrecht im Rückspiel. Es gebe nämlich eine Setzliste der FIFA.

    Umso entlarvender, dass die mäßig beleumundete FIFA hier nicht klare Verhältnisse schafft. Wie sieht diese Setzliste aus, warum nicht auf den Tisch damit, im Sinne des Fairplay? Antwort: Weil im Oktober ja noch gespielt wird. Da kann sich vieles ändern. Da wollen die Verbandsbosse wohl kein Risiko gehen – aus sport- und marktpolitischer Sicht.