Ihre Heimat ist eigentlich die amerikanische Ostküste, doch richtig berühmt wurde die Rippenqualle Mnemiopsis leidyi erst diesseits des Atlantiks. In den 1980er-Jahren gelangte sie wahrscheinlich im Ballastwasser von Frachtschiffen ins Schwarze und dann ins Kaspische Meer. Dort vermehrte sie sich massenhaft und veränderte beide Ökosysteme massiv. Unter anderem brachen die Sardellen-Bestände in der Region zusammen, eine ganze Fischerei-Industrie verlor die wirtschaftliche Grundlage. 2006 wiesen Kieler Biologen Mnemiopsis leidyi schließlich auch in der Ostsee nach, kurze Zeit später entdeckten Forscher sie in der Nordsee.
Doch zunächst blieb unklar, wie die Rippenqualle hierher gekommen war. Eine neue Studie von Wissenschaftlern des Kieler Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) zeigt nun: Die Invasion von Nord- und Ostsee ist eine ganz eigene Einwanderungswelle, die getrennt von der Invasion des Schwarzen Meers ablief.
"Alles spricht dafür, dass Mnemiopsis leidyi wieder im Ballastwasser von Frachtschiffen direkt aus den Ursprungsgebieten nach Nordeuropa gelangte",
sagt Professor Thorsten Reusch, Leiter der Forschungseinheit "Evolutionsökologie mariner Fische" am IFM-GEOMAR und Hauptautor der Studie, die in der aktuellen Ausgabe der renommierte Fachzeitschrift "Molecular Ecology" erscheint.
Im Oktober 2006 nahm die Doktorandin Jamileh Javidpour vom IFM Geomar eine Wasserprobe in der Kieler Förde – sie machte eine überraschende Entdeckung: in der Probe schwamm ein Exemplar der nordamerikanischen Rippenqualle Mnemiopsis leidyi. Nie zuvor war diese Art in der Ostsee festgestellt worden. Schon damals hatte der Meeresbiologe Thorsten Reusch, der inzwischen Professor am IFM Geomar ist, die Idee, die genaue Herkunft dieser Quallenart zu erforschen.
"Sobald ich das gehört hatte, dachte ich mir, da muss man unbedingt was zu machen. Und dann kam es auch dazu, dass ich vor zwei Jahren hier eben eine Professur angeboten bekommen habe, was also sehr gut dann zusammenpasste, und wir haben dann sofort gestartet."
Es war bekannt, dass die Mnemiopsis leidyi in den 1980er-Jahren wahrscheinlich im Ballastwasser von Frachtschiffen in das Schwarze und in das Kaspische Meer eingeschleppt worden war. Hatte sie es von dort über Flüsse und Kanäle tatsächlich bis in die Ostsee geschafft? Thorsten Reusch und sein Team nutzten die Technik des genetischen Fingerabdrucks, um das zu erforschen. Dazu ließen sie sich Exemplare der Mnemiopsis leidyi von verschiedenen Standorten entlang der amerikanischen Küste, vom Kaspischen und vom Schwarzen Meer sowie von Nord- und Ostsee kommen. Thorsten Reusch:
"Eigentlich war das Aufwendigste, die ganzen Kollegen weltweit so lange zu bitten und zum Teil auch zu nerven, dass man eben die Proben dann auch bekommen hat, die man braucht. Auch mehrere Proben. Also es reicht nicht, wenn wir ein Tier bekommen, wir brauchen eine Stichprobe, eine Populationsstichprobe, also mindestens 30 Individuen, um dann später zu aussagekräftigen Daten zu kommen."
Die Wissenschaftler verglichen das Erbgut der Exemplare von den verschiedenen Standorten, um den Grad der Verwandtschaft zu bestimmen. Jetzt liegt das Ergebnis vor. Es ist eindeutig, sagt Thorsten Reusch – die Qualle kam nicht über Flüsse und Kanäle in die Ostsee. Denn die Quallen in der Ostsee sind von anderer Herkunft als die im Schwarzen und Kaspischen Meer:
"Die Invasion aus den 1980er-, 1990er-Jahren in Kaspisches und Schwarzes Meer kommt sicher aus dem Golf von Mexiko. Und die neuere Invasion kommt aus Neuengland. Wir können also zwischen Individuen aus Neuengland und hier aus der Ostsee keinerlei genetische Unterschiede feststellen. Damit ist es eben mit ziemlicher Sicherheit eine Neuinvasion über Ballastwasser."
Und das macht nach Ansicht von Thorsten Reusch erneut deutlich, wie dringend nötig internationale Regelungen zum Umgang mit Ballastwasser von Schiffen sind. Die Wissenschaftler am IFM Geomar nutzen das Auftreten der nordamerikanischen Rippenqualle in der Ostsee nun zur Grundlagenforschung. Doktorand Sören Bolte:
"Was uns jetzt eigentlich interessiert, ist ja die Evolution. Wieso sind sie so erfolgreich – evolutionär? Warum können sie sich so schnell an neue Lebensräume anpassen?"
Denkbar wäre, dass sich die Qualle in der Ostsee an eine niedrigere Wassertemperatur und einen niedrigeren Salzgehalt anpasst, sagt Sören Bolte. Für seine Doktorarbeit will er solche Anpassungsprozesse aufdecken. Dazu untersucht er, wie sich bestimmte Proteine verändern. Auch Jamileh Javidpour, die 2006 das erste Exemplar der Mnemiopsis leidyi in der Ostsee entdeckt hatte, beschäftigt sich wieder mit dieser Qualle. Sie erforscht, wie sich die eingeschleppte Art und die heimische Ohrenqualle, die zeitweise gemeinsam auftreten, vertragen. Dazu nutzt sie mehrere zwei Kubikmeter große Mesokosmen – abgeschlossene Wassersäcke, die als riesige Reagenzgläser dienen:
"Ich werde die Mnemiopsis mit der Ohrenqualle in Mesokosmen tun und gucken, wer wen limitiert oder kontrolliert – und wie weit."
Dabei dürfte die Konkurrenz um Nahrung eine wichtige Rolle spielen. Jamileh Javidpour erhofft sich Aufschlüsse darüber, unter welchen Bedingungen eingeschleppte Arten heimische Arten verdrängen können.
Doch zunächst blieb unklar, wie die Rippenqualle hierher gekommen war. Eine neue Studie von Wissenschaftlern des Kieler Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) zeigt nun: Die Invasion von Nord- und Ostsee ist eine ganz eigene Einwanderungswelle, die getrennt von der Invasion des Schwarzen Meers ablief.
"Alles spricht dafür, dass Mnemiopsis leidyi wieder im Ballastwasser von Frachtschiffen direkt aus den Ursprungsgebieten nach Nordeuropa gelangte",
sagt Professor Thorsten Reusch, Leiter der Forschungseinheit "Evolutionsökologie mariner Fische" am IFM-GEOMAR und Hauptautor der Studie, die in der aktuellen Ausgabe der renommierte Fachzeitschrift "Molecular Ecology" erscheint.
Im Oktober 2006 nahm die Doktorandin Jamileh Javidpour vom IFM Geomar eine Wasserprobe in der Kieler Förde – sie machte eine überraschende Entdeckung: in der Probe schwamm ein Exemplar der nordamerikanischen Rippenqualle Mnemiopsis leidyi. Nie zuvor war diese Art in der Ostsee festgestellt worden. Schon damals hatte der Meeresbiologe Thorsten Reusch, der inzwischen Professor am IFM Geomar ist, die Idee, die genaue Herkunft dieser Quallenart zu erforschen.
"Sobald ich das gehört hatte, dachte ich mir, da muss man unbedingt was zu machen. Und dann kam es auch dazu, dass ich vor zwei Jahren hier eben eine Professur angeboten bekommen habe, was also sehr gut dann zusammenpasste, und wir haben dann sofort gestartet."
Es war bekannt, dass die Mnemiopsis leidyi in den 1980er-Jahren wahrscheinlich im Ballastwasser von Frachtschiffen in das Schwarze und in das Kaspische Meer eingeschleppt worden war. Hatte sie es von dort über Flüsse und Kanäle tatsächlich bis in die Ostsee geschafft? Thorsten Reusch und sein Team nutzten die Technik des genetischen Fingerabdrucks, um das zu erforschen. Dazu ließen sie sich Exemplare der Mnemiopsis leidyi von verschiedenen Standorten entlang der amerikanischen Küste, vom Kaspischen und vom Schwarzen Meer sowie von Nord- und Ostsee kommen. Thorsten Reusch:
"Eigentlich war das Aufwendigste, die ganzen Kollegen weltweit so lange zu bitten und zum Teil auch zu nerven, dass man eben die Proben dann auch bekommen hat, die man braucht. Auch mehrere Proben. Also es reicht nicht, wenn wir ein Tier bekommen, wir brauchen eine Stichprobe, eine Populationsstichprobe, also mindestens 30 Individuen, um dann später zu aussagekräftigen Daten zu kommen."
Die Wissenschaftler verglichen das Erbgut der Exemplare von den verschiedenen Standorten, um den Grad der Verwandtschaft zu bestimmen. Jetzt liegt das Ergebnis vor. Es ist eindeutig, sagt Thorsten Reusch – die Qualle kam nicht über Flüsse und Kanäle in die Ostsee. Denn die Quallen in der Ostsee sind von anderer Herkunft als die im Schwarzen und Kaspischen Meer:
"Die Invasion aus den 1980er-, 1990er-Jahren in Kaspisches und Schwarzes Meer kommt sicher aus dem Golf von Mexiko. Und die neuere Invasion kommt aus Neuengland. Wir können also zwischen Individuen aus Neuengland und hier aus der Ostsee keinerlei genetische Unterschiede feststellen. Damit ist es eben mit ziemlicher Sicherheit eine Neuinvasion über Ballastwasser."
Und das macht nach Ansicht von Thorsten Reusch erneut deutlich, wie dringend nötig internationale Regelungen zum Umgang mit Ballastwasser von Schiffen sind. Die Wissenschaftler am IFM Geomar nutzen das Auftreten der nordamerikanischen Rippenqualle in der Ostsee nun zur Grundlagenforschung. Doktorand Sören Bolte:
"Was uns jetzt eigentlich interessiert, ist ja die Evolution. Wieso sind sie so erfolgreich – evolutionär? Warum können sie sich so schnell an neue Lebensräume anpassen?"
Denkbar wäre, dass sich die Qualle in der Ostsee an eine niedrigere Wassertemperatur und einen niedrigeren Salzgehalt anpasst, sagt Sören Bolte. Für seine Doktorarbeit will er solche Anpassungsprozesse aufdecken. Dazu untersucht er, wie sich bestimmte Proteine verändern. Auch Jamileh Javidpour, die 2006 das erste Exemplar der Mnemiopsis leidyi in der Ostsee entdeckt hatte, beschäftigt sich wieder mit dieser Qualle. Sie erforscht, wie sich die eingeschleppte Art und die heimische Ohrenqualle, die zeitweise gemeinsam auftreten, vertragen. Dazu nutzt sie mehrere zwei Kubikmeter große Mesokosmen – abgeschlossene Wassersäcke, die als riesige Reagenzgläser dienen:
"Ich werde die Mnemiopsis mit der Ohrenqualle in Mesokosmen tun und gucken, wer wen limitiert oder kontrolliert – und wie weit."
Dabei dürfte die Konkurrenz um Nahrung eine wichtige Rolle spielen. Jamileh Javidpour erhofft sich Aufschlüsse darüber, unter welchen Bedingungen eingeschleppte Arten heimische Arten verdrängen können.