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IP-Telefonie
Telekom verschickt Zwangskündigungen an viele Altkunden

Die Deutsche Telekom hat vielen ihrer Altkunden Kündigungsschreiben geschickt. Grund: Das Unternehmen stellt in 53 Städten analoge und ISDN-Anschlüsse auf die sogenannte IP-Telefonie um. Viele der Angeschriebenen rufen verunsichert die Verbraucherzentralen an.

Von Anke Petermann | 06.10.2014
    Ein Mann telefoniert am 04.01.2013 in Berlin.
    Ende August gab es durch die IP-Umstellung massenhaft tote und besetzte Leitungen. (dpa picture alliance / Jan-Philipp Strobel)
    "Ihr Handeln ist erforderlich - sonst müssen wir Ihren jetzigen Anschluss leider bald kündigen", so schreibt die Telekom Kunden in Städten wie Berlin, München und Mainz.
    Und zwar denen, so Pressesprecher Markus Jodl, "die bei uns Internet und Telefonie beziehungsweise Internet, Telefonie und Fernsehen haben und einen älteren VDSL-Vertrag, wo das Kürzel ISDN irgendwo auftaucht. Die Kunden, die bei uns nur Telefonie haben, die müssen gar nichts tun, die werden irgendwann in der Vermittlungsstelle umgeschaltet, die werden davon gar nichts merken, die kriegen auch keinen neuen Vertrag."
    Verlust eines Alleinstellungsmerkmal
    Viele der Angeschriebenen rufen verunsichert die Verbraucherzentralen an. In Mainz rät Michael Gundall, nichts zu überstürzen. Die Telekom schreibt die Kunden viereinhalb Monate vor Ende der Vertragslaufzeit erstmals an. Man kann also in Ruhe entscheiden:
    "Man sollte sich überlegen, bleibt man bei der Telekom und wechselt dann auf den IP-basierten Anschluss. Oder wechselt man zu einem anderen Anbieter. Die machen genauso die Internet-Telefonie. Das heißt, die Telekom hat in dem Sinne ein Alleinstellungsmerkmal verloren."
    Und ein paar Probleme dazu bekommen. 3,5 Millionen Anschlüsse hat die Telekom nach eigenem Bekunden schon umgerüstet, wöchentlich kämen 60.000 dazu. Ende August gab es massenhaft tote und besetzte Leitungen. Manche Telekom-Kunden waren über Stunden und Tage nicht erreichbar. Andere beschwerten sich über schlechte Sprachqualität. Nach Auskunft der Telekom sind die Probleme behoben: Doch in Online-Foren und beim Verbraucherbeschwerdetelefon des Bayerischen Rundfunks klagen Betroffene nach wie vor. "Einzelfälle", kommentiert die Telekom. Ein grundsätzliches Problem mit der IP-Telefonie und den neuen Internet-Routern schließt sie aus.
    Einen neuen Router brauchen die Wechsler jedenfalls, so Markus Jodl, "weil die alten Router den neuen Standard nicht lesen können und deshalb nicht in der Lage sind, den Geschwindigkeitsvorteil, den wir in dem neuen Netz dem Kunden weitergeben können, zu verarbeiten. Sie können den Router kaufen, Sie können ihn aber auch mieten."
    Vertragsbestätigung genau prüfen
    Andere Anbieter stellen den Internet-Router kostenlos zu Verfügung, das sollte man in einen Tarifvergleich einbeziehen. Ihren Router für 4,95 Euro monatlich zu mieten, bewirbt die Telekom an den Hotlines energisch, unter anderem mit einer sogenannten Router-Gutschrift in Höhe der beiden ersten Jahresmieten. Doch den Router zu kaufen, ist auf lange Sicht meistens günstiger, meint Michael Gundall von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz:
    "Ein geeigneter Router ist heute schon ab 100 Euro erhältlich. Der Preis des Routers ist nicht direkt in Zusammenhang zu bringen mit der Sicherheit. Der Preis sagt meistens eher was über Ausstellungsmerkmale aus. Also, das heißt, ein Router, der 100 Euro kostet wird weniger Funktionsumfang haben als ein Router, der 200 Euro kostet."
    Wer freiwillig oder unter Druck auf IP-Telefonie umstellt und den neuen Anschluss per Telekom-Hotline ordert, sollte auf jeden Fall die anschließend zugesandte Vertragsbestätigung genau daraufhin prüfen, dass nur drin steht, was er bestellt hat und den Vertrag ansonsten zügig widerrufen. Das gilt demnächst auch für Kunden im ländlichen Raum bundesweit. Dort treibt die Telekom den VDSL-Ausbau voran und will bis 2018 zwölf Millionen Kunden zusätzlich an das schnellere Internet anschließen, so Markus Jodl.
    "Und diese Kunden wechseln automatisch in das IP-Netz", sobald sie bei der Telekom das schnellere VDSL ordern. Im rheinhessischen Essenheim ist es ab 10. Oktober zu haben. "Das sichert Arbeitsplätze", freut sich Ortsbürgermeister Hans Erich Blodt.
    "Heimarbeit und so weiter. Das ist absolut erforderlich und notwendig. Wir warten schon jahrelang auf dieses schnellere Internet."
    Cornelia Schmaltz allerdings macht sich Gedanken übers Alter und ein Hausnotrufsystem. Das funktioniert über den neuen IP-Anschluss allerdings nicht mehr, wenn der Strom ausfällt.
    "Und ich denke mal, das ist dann ab einem gewissen Alter natürlich auch ein Problem, was sich bei diesem neuen Anschluss stellt", aber vom Betreiber des Hausnotrufs eventuell mithilfe einer integrierten Handy-SIM-Karte gelöst werden kann.