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IS-Kämpfer verurteilt
Staatsanwalt sieht "ein Signal für künftige Fälle"

Ein junger Mann aus intaktem Elternhaus, der sich zur Teilnahme am Krieg in Syrien habe verführen lassen. So sah das Gericht den als IS-Kämpfer verurteilten Kreshnik B. Wichtig für die Staatsanwaltschaft war vor allem, dass das Urteil wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung erging.

Von Anke Petermann | 05.12.2014
    Kurz bevor ihn das Gericht zu einer Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt, greift sich der Angeklagte Kreshnik B. am 05.12.2014 in einem Hochsicherheitssaal des Oberlandesgerichts in Frankfurt am Main (Hessen) an den Bart. Die Kammer sah es als erwiesen an, dass der 20-jährige 2013 Mitglied der Terrormiliz Islamischer Staat war.
    Kreshnik B. wird als Kämpfer des Islamischen Staats verurteilt. (dpa / picture alliance / Boris Roessler)
    Drei Jahre und neun Monate Haft – nach Angaben seines Anwalts Mutlu Günal nahm der 20-Jährige Kreshnik B. das Urteil "neutral-gelassen" auf.
    "Er nimmt das erstmal so zur Kenntnis, und wir werden jetzt beraten, ob da ein Rechtsmittel eingelegt werden soll, das kann ich jetzt noch nicht sagen."
    Revision wird geprüft, noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Es folgt dem Jugendstrafrecht. Das Gericht sieht Kreshnik B. als unreifen Heranwachsenden, der sich im Alter von 17, 18 Jahren unter dem Einfluss dschihadistisch gesinnter Freunde radikalisierte. Mit 19 sah er es als seine Pflicht an, nach Syrien zu reisen, um dort den Diktator al Assad zu bekämpfen und seinen Glaubensbrüdern beizustehen. Kreshnik B. schwor Treueeide auf die Organisation Islamischer Staat in Irak und Großsyrien, die sich heute IS nennt. Er ließ sich am Sturmgewehr ausbilden, beteiligte sich an drei Kampfeinsätzen in hinterer Reihe. Auf Menschen habe er nicht geschossen, gab er zu Protokoll. Als jung, naiv und dumm beschrieb die Schwester ihren pummelig-phlegmatisch wirkenden Bruder. Gemeinsam mit der Familie hatte sie maßgeblich dazu beigetragen, Kreshnik B. zur Rückkehr zu bewegen.
    "Signal für künftige Fälle"
    Weil er bereit zum Geständnis war, wurde der Anklagepunkt, eine "schwere staatsgefährdende Straftat" vorbereitet zu haben, gestrichen. Das Strafmaß liegt genau in der Mitte zwischen dem von Bundesanwaltschaft und Verteidigung verlangten. Staatsanwalt Dieter Killmer ist zufrieden: "Das Gericht hat den Angeklagten wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung verurteilt. Es hat damit ein deutliches Signal gesetzt, dass die Beteiligung am syrischen Bürgerkrieg aufseiten einer dschihadistischen Vereinigung eine schwerwiegende Straftat darstellt - das ist gut so. Aus meiner Sicht geht aus dem Umstand, dass der Angeklagte wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verurteilt wurde und das Gericht in diesem Rahmen auch festgestellt hat, dass es sich beim Islamischen Staat in Irak und Großsyrien um eine terroristische Vereinigung handelt, ein Signal auch für künftige Fälle aus."
    Denn das Verfahren gegen Kreshnik B. ist das erste gegen einen Syrien-Rückkehrer, mehr als 40 sind bundesweit anhängig. Fraglich für alle Verfahrensbeteiligten bleibt, wie verführbar der junge Frankfurter mit Wurzeln im Kosovo noch ist. Im Prozess hatte er bekannt, als Märtyrer sterben zu wollen, was er wohl nicht schaffen werde. Dass die Dschihadisten des IS Köpfe abhacken, befand er auf Nachfrage des Richters für gut, "kommt darauf an, für welche Sünde", kommentierte er und löste damit im Gerichtssaal Entsetzen aus.
    Chance auf Einsicht
    Zu bestrafen aber war Kreshnik B. für Taten, nicht für Einstellungen, unterstrich der Vorsitzende Richter Thomas Sagebiel. Er hält die Chancen auf Einsicht bei dem jungen Mann aus intaktem Elternhaus für gut, er baue auf die erzieherische Einwirkung des Jugendvollzugs. Dazu Staatsanwalt Dieter Killmer: "Ich denke, das wird insbesondere auch der weitere Strafvollzug zeigen, insbesondere wird dies auch zeigen der familiäre Zusammenhalt, der ja offensichtlich besteht, welchen guten Einfluss der auf den Angeklagten weiterhin haben wird."
    "Er ist freiwillig zurückgekommen, also ich gehe genau wie das Gericht davon aus, dass er nicht gefährlich ist", ergänzt Verteidiger Mutlu Günal. Nach fünf Monaten in Syrien war Kreshnik B. vor einem Jahr nach Deutschland zurückgekehrt. Vor allem auch, weil dort Muslime gegen Muslime kämpften, das habe er nicht mitmachen wollen. Die Polizei hatte den verhinderten Frontsoldaten des Heiligen Kriegs noch am Frankfurter Flughafen verhaftet.