
Laut gebrüllt, Ihr Löwen. Ob Recep Erdogan aus Istanbul in der Kölner Arena oder Frank-Walter Steinmeier aus Detmold auf dem Berliner Alexanderplatz oder Peter Gauweiler aus München in seinem dortigen Brüll-Keller: Ihr wart alle nicht zu überhören.
Obwohl: Kleine Unterschiede gab es ja schon. Der türkische Ministerpräsident hat sich für sein Brüllen nicht nur in die Metropole des schlimmsten Feindes, des rheinisch-katholischen Frohsinns, begeben – sondern da auch noch in eine hypermoderne Veranstaltungsarena.
Das ist mutig. Arena! Das passt. In Arenen haben schon die alten Römer gegen die Löwen und Panther gekämpft. Das wären allerdings schlechte Zeiten für den Berater von Erdogan gewesen, der jetzt zurücktreten musste, weil er auf einen armen Demonstranten eingetreten hatte, der am Boden lag und von Polizisten festgehalten wurde. Dieser feige Berater-Schlappschwanz wäre in den alten Römerzeiten wahrscheinlich schon weggelaufen, wenn er einen Löwenschwanz nur in der Ferne erblickt hätte.
Gauweiler ist von ganz anderer Natur
Da ist unser Peter Gauweiler doch von ganz anderer Natur. Der würde jeden Löwen und Panther mit seinen eigenen Händen erwürgen. Der ist im deutschen Brüllen ja einzigartig. Früher hat er gegen die Schwulen und die Aids-Kranken gebrüllt, heute brüllt er gegen Europa – und seine Partei hat am Sonntag dafür die satte Quittung gekriegt. Davor hatte er noch übel gefaucht gegen den deutschen Obersten, den der selbst ernannte Bürgermeister in der Ukraine als Geisel genommen hatte. Unter dem Druck von Kalaschnikows hatte der Oberst ja an einer Pressekonferenz des Bürgermeisters teilgenommen.
Das tapfere Peterle hätte sowas nie gemacht. Sein Lebenslauf weist zwar keinen Dienst bei der Bundeswehr auf, aber dafür ist er Ehrenoffizier der Gebirgsschützen und Ehrenmitglied mehrerer Trachtenvereine. Vor solchen Trachtenschützen muss jeder selbst ernannte Bürgermeister Angst kriegen. Und nicht nur der. Um die Sozialdemokraten müssen wir aber keine Angst haben. Die Roten haben acht Prozent weniger als die Union – ohne die tapferen Trachtenjanker und Schützenjunker Gauweiler und Seehofer und ihre Anti-Europa-Sprüche hätte es noch viel schlimmer kommen können für die Sozen.
Brüllgenossen
Die Konservativen stellen die stärkste Fraktion im Europaparlament, sind also die Gewinner. Aber wer den Alexanderplatz so gut zusammenbrüllen kann wie Genosse Steinmeier, der kann sich auch vom Verlierer zum Sieger hochkreischen. Und immerhin haben die Sozis ja die Drei-Prozent-Hürde lässig gemeistert. Deshalb konnte der Jubel auf ihrer Wahlparty so hip sein wie bei "Deutschland sucht den Superstar" oder bei "Big Brother". Hyperventiliert eben.
Bettina Wulff will übrigens nicht in den "Promi Big Brother"-Container. Immerhin residierte sie einst als Gattin des Bundespräsidenten in Schloss Bellevue und da konnte noch nicht einmal eine sechsstellige Summe von Sat.1 den Einzug in den Container bewirken. Übrigens trifft es nicht zu, dass sich der beschäftigungslose Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst für den Big-Brother-Container beworben hat – jetzt, wo er gerade nix zu bauen hat. Wenn an diesem infamen Gerücht was dran ist, dann höchstens, dass er sich mit Sat.1 über die Größe der einzubauenden Badewanne zerstritten hat. Gebrüllt hat er dabei aber bestimmt nicht.