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Is was!
Der satirische Wochenrückblick

Bei der Fußball-EM geht es zu wie in Europa: jeder gegen jeden. Und manche Begegnung lässt sich gar politisch deuten: Nur der Bundestrainer verhält sich inzwischen unauffällig, derweil ein neues Hosengate in München bevorsteht: die Versteigerung einer ziemlich braunen Unterbuchse.

Von Sigrid Fischer | 17.06.2016
    Bundespräsident Joachim Gauck (r) und sein Amtskollegen, der polnische Staatspräsident Andrzej Duda, halten am 16.06.2016 während des Antrittsbesuch des polnischen Staatspräsidenten in Schloss Bellevue anlässlich des Gruppenspiels der Fußball Europameisterschaft 2016 zwischen Deutschland und Polen einen Schal in den Händen.
    Bundespräsident Joachim Gauck und der polnische Staatspräsident Andrzej Duda in Schloss Bellevue (picture alliance / dpa / Guido Bergmann)
    Perfekte Inszenierung nennt man so was: Nachmittags Schloss Bellevue Berlin, zwei Präsidenten - Gauck und Duda, militärische Ehren, danach getrennt Fußball gucken. Abends Rasenplatz Paris, zweimal elf Spieler, Hymnensingsang, 0:0. Ein voll diplomatischer Donnerstag war das, mit zwei deutsch-polnischen Begegnungen "im Geiste guter Nachbarschaft und Freundschaft". Genau wie es im deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag von 1991 steht, den wir gerade feiern. Dass die gute Nachbarschaft unbedingt langweilig-torlos gestaltet werden muss, davon steht übrigens nix im Vertrag. 5:5 wäre also auch gegangen, da hätte PiS-Chef Kaczynski immer noch rhetorisch abrüsten können. Seit gestern Abend ist offiziell Gleichstand.
    Nicht einmal die Hooligans sind sich einig
    Ja, es geht zu wie in Europa, bei dieser Europameisterschaft, jeder gegen jeden. Nicht mal die Hooligans sind sich über die Grenzen hinweg einig, prügeln sich von Ost nach West und zurück. Die einen werden aus der Heimat angefeuert. Aus Trotz gegen das, "was erlaube" die anderen? Also Wirtschaftssanktionen, NATO-Manöver und so? Und wie geht eigentlich das Brexit-Referendum aus, wenn England Gruppenerster bleibt? Und was wollte uns überhaupt am Dienstag die Wiederauflage von "Österreich-Ungarn" sagen? Hochpolitisch diese EM.
    Nach Popel- und Hosengate keinen neuen Fehlgriff von Jogi Löw
    Immerhin gab es nach Popel- und Hosengate keinen neuen Fehlgriff von Jogi Löw. Es sei denn, die UEFA-Bildzensurbehörde hat wieder zugeschlagen und die Coach-Cam manipuliert. Vielleicht raucht er ja inzwischen Kette auf der Trainerbank. Oder spielt sich an den Füßen. Das hätte ihm beim Match gegen Polen bestimmt niemand übel genommen. Aber sehen wir's doch mal so: Lieber der Bundestrainer greift sich infolge eines unkontrollierbaren Adrenalinschubs reflexhaft in die eigene Hose, als dass morgen ein Bundesbürger bei vollem Bewusstsein die Unterbuchse von Nazi Hermann Göring ersteigert – nur echt mit dem braunen Streifen drin. Sie steht bei einer Auktion zum Verkauf, aber nur im Dienst der Wissenschaft, versichert das Münchener Auktionshaus. Erhellende Erkenntnisse lassen sich damit wohl nur noch über denjenigen gewinnen, der dafür ein Vermögen bietet.
    Die Verirrten werden nicht weniger
    Und der wird sich finden, denn die Verirrten werden leider nicht weniger: Belgien sei eine wunderschöne Stadt, bemerkte jetzt ein anderer aus der Abteilung. Der redet sich allerdings seit Längerem um Kopf und offensichtlich auch US-Präsidentschaft - aktuelle Umfragen lassen jedenfalls hoffen. Leider konnte er die USA noch nicht vor sich selbst warnen, als seine deutschen Großeltern 1902 emigrierten, also hat man sie ins Land gelassen, wo er dann 44 Jahre später zur Welt kam. Gratulieren musste man ihm dazu diese Woche aber nicht, denn weiter als bis zu den Gitterstäben seines Laufstalls blickt er 70 Jahre danach immer noch nicht, der dümmste Donald der Geschichte. Auch Karl Ernst Thomas, dem deutschen Innenminister, darf man die Gratulation verweigern, wenn er vorschlägt, in Crashkursen Hilfssheriffs zu generieren und sie auf Patrouille zu schicken. Mit begrenzter Befugnis, und mit geladenen Waffen. Und die, lieber Karl Ernst Thomas, fragen in der Regel nicht nach Befugnis. Waffen töten einfach. Siehe Orlando, Paris, Birstall. "Zurück zur Vernunft" fordern viele Briten nach dem Mord an der Abgeordneten Cox jetzt. Das kann man aber auch schon fordern, bevor es wieder Tote gibt.