Sonntag, 12. Mai 2024

Nahost-Krieg
Israel erlaubt mehr Hilfslieferungen nach Gaza - UNO und EU nennen Maßnahmen unzureichend

UNO-Generalsekretär Guterres hat die von Israel angekündigten zusätzlichen Hilfslieferungen in den Gazastreifen als unzureichend kritisiert. Anstatt einzelner Maßnahmen brauche es bei der humanitären Hilfe einen wirklichen Paradigmenwechsel, sagte Guterres in New York.

05.04.2024
    Der blauer Containerkran hebt gerade einen Container aus dem Schiff, das an einem Kai liegt. Davor Arbeiter in gelben Warnwesten und mit Helmen.
    Auch der Hafen von Aschdod soll für Hilfslieferungen geöffnet werden. (Archivbild) (dpa / Xinhua / Jini)
    Die Lage der Menschen im Gazastreifen sei verzweifelt. Ähnlich äußerte sich EU-Ratspräsident Michel. Nach wachsendem Druck aus dem Ausland und insbesondere aus den USA hattw Israel mitgeteilt, deutlich mehr humanitäre Hilfe für den Gazastreifen zuzulassen.

    Mehr Hilfen auch für den Norden des Gazastreifens

    Das Kriegskabinett in Jerusalem hatte zuvor beschlossen, dass etwa der Grenzübergang Erez vorübergehend wieder geöffnet wird. Der Übergang liegt an der nördlichen Grenze zwischen Israel und dem Gazastreifen. Wie die "Times of Israel" und die Zeitung "Haaretz" berichten, soll für die Anlieferung von Hilfsgütern auch der israelische Hafen in Aschdod genutzt werden. Der Hafen liegt gut 30 Kilometer nördlich vom Gazastreifen.
    Bei den Plänen geht es den Berichten zufolge vor allem darum, dass mehr Hilfen auch den Norden des Gazastreifens erreichen. Hier war die Versorgungslage für die palästinensische Zivilbevölkerung in den vergangenen Wochen besonders kritisch.

    Mehr Hilfen auch aus Jordanien

    Ermöglicht werden soll zudem eine Aufstockung der Hilfslieferungen aus Jordanien über den südlichen Grenzübergang Kerem Schalom. In einer Mitteilung des Büros von Ministerpräsident Netanjahu hieß es demnach, die verstärkte Hilfe werde eine humanitäre Krise verhindern und sei unerlässlich, um die Ziele des Krieges zu erreichen.

    US-Regierung begrüßt Ankündigungen

    US-Außenminister Blinken begrüßte die Entscheidung Israels. Er sprach am Rande eines Treffens des Transatlantischen Handelsrates in Belgien von einer positiven Entwicklung. Der Ankündigung müssten nun aber Taten folgen. Das Ergebnis werde man in den kommenden Tagen und Wochen sehen.
    Die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates der USA, Watson, mahnte ebenfalls eine rasche Umsetzung an. Man sei bereit, hier mit Israel, Jordanien, Ägypten und der UNO sowie den Hilfsorganisationen zusammenzuarbeiten.

    Baerbock: "Keine Ausreden mehr"

    Bundesaußenministerin Baerbock schrieb auf X, die Menschen im Gazastreifen brauchten jetzt "jedes Hilfspaket". Deshalb habe die Bundesregierung "intensiv" auf die Öffnung des Grenzübergangs Erez und des Hafens Aschdod für Hilfslieferungen hingearbeitet. Zitat: "Wir erwarten, dass die israelische Regierung ihre Ankündigungen rasch umsetzt. Keine Ausreden mehr."

    Telefonat von Biden und Netanjahu

    Die Ankündigungen Israels erfolgten kurz nach einem Telefonat Netanjahus mit US-Präsident Biden. Darin hatte Biden seinen Ton gegenüber dem israelischen Regierungschef verschärft. Nach Angaben des Weißen Hauses forderte er Netanjahu auf, das Leid für die Menschen im Gazastreifen umgehend zu verringern. Zudem müsse der Schutz von Helfern verbessert werden.
    Biden warnte, die künftige US-Politik in Bezug auf Gaza hänge davon ab, wie Israel diese Forderungen umsetze. Es war das erste Gespräch der beiden seit dem Tod von sieben Mitarbeitern von "World Central Kitchen" (WCK) bei einem israelischen Angriff am vergangenen Montag. Nach israelischer Darstellung handelte es sich um ein Versehen der Streitkräfte.

    World Central Kitchen stellte Arbeit ein

    World Central Kitchen stellte nach dem Tod seiner Mitarbeiter die Arbeit im Gazastreifen ein. Gestern beendete auch die spanische Hilfsorganisation Open Arms, die gemeinsam mit WCK einen Hilfskorridor auf dem Seeweg eingerichtet hatte, vorerst ihre Tätigkeit in dem Palästinensergebiet.

    Internationaler Gerichtshof wies Israel an, mehr gegen Hunger im Gazastreifen zu tun

    Israel steht seit Wochen zunehmend unter Druck, mehr Hilfe für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen zu ermöglichen. Zuletzt hatte etwa der Internationale Gerichtshof in Den Haag die israelische Regierung aufgefordert, gegen den Hunger im Gazastreifen vorzugehen.
    In der Anweisung hieß es, es müssten alle notwendigen Schritte unternommen werden, um sicherzustellen, dass unverzüglich Grundnahrungsmittel die Bevölkerung erreichten. Zitat: "Das Gericht stellt fest, dass die Palästinenser im Gazastreifen nicht mehr nur von einer Hungersnot bedroht sind". Vielmehr habe diese bereits begonnen.

    Sechs Monate Krieg

    Der Krieg im Nahen Osten wurde durch das Massaker der Terrororganisation Hamas in Israel am 7. Oktober ausgelöst. Dabei wurden nach israelischen Angaben etwa 1.170 Menschen getötet und rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.
    Israel geht seit dem Hamas-Angriff massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden laut dem von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums inzwischen mehr als 33.000 Menschen getötet.
    Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen, doch verweisen die UNO und andere Beobachter darauf, dass sich die Zahlen der Behörde in der Vergangenheit als insgesamt glaubwürdig herausgestellt hätten.

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    Diese Nachricht wurde am 05.04.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.