Den Theodor-Herzl-Tag halten viele in Israel für überflüssig. Vor vier Tagen wurde er zum erstenmal begangen. Israel ist in den letzten Jahren um einige Gedenktage reicher geworden. So wird mittlerweile alljährlich nicht nur an den ermordeten Ministerpräsidenten Itzhak Rabin erinnert, sondern auch an den 8. Mai 1945, den Tag der Kapitulation Nazi-Deutschlands, ein Ereignis, das bekanntlich drei Jahre vor der Gründung des Staates Israel lag. Und vor einem Jahr griff man im Judenstaat in Sachen staatlichen Gedenkens noch weiter in die Geschichte zurück. Israels Neokonservative meinten etwas dagegen unternehmen zu müssen, dass der Gründungsvater des Zionismus, Theodor Herzl, keine angemessene Würdigung bei der Bevölkerung finde, und setzten in einer parlamentarischen Blitzaktion einen Gedenktag zu seinen Ehren durch.
Am vergangenen Donnerstag wurde der Herzl-Tag, den viele im Land für völlig überflüssig halten, zum erstenmal begangen. Dabei war die Hauptnachrichtenausgabe des israelischen Staatsfernsehens sichtlich bemüht, die Einführung des Herzl-Tages zu legitimieren. Bei einer Straßenumfrage zu dem Gründungsvater des Zionismus stieß nämlich die Reporterin des israelischen staatlichen Fernsehens auf erschreckendes Unwissen:
Herzl sei Staatspräsident gewesen, meinte eine Passantin, ein anderer hielt ihn gar für einen Ministerpräsidenten. Und auch bei der israelischen Studentenschaft sah es nicht viel besser aus. 30 Prozent dachten, Herzl, der 1904 starb, habe gegen die Einwanderungspolitik der britischen Mandatsregierung in den Dreißigern gekämpft, 38 Prozent schrieben ihm die Befreiung Palästinas von der osmanischen Herrschaft zu, ein Zehntel der Studenten war der Auffassung, er sei der erste israelische Staatspräsident gewesen.
Bei solch einem mangelhaften Wissensstand verwundert es kaum, dass bei der jetzt präsentierten Neugestaltung des Herzl-Museums auf dem Herzl-Berg in Jerusalem, das jahrzehntelang vernachlässigt worden war, die Meßlatte von vornherein nicht besonders hoch gelegt wurde. Die Kuratoren versuchen nun das Publikum ins Haus zu locken mit einem übertrieben unterhaltsamen Spielfilm über Herzls Leben, einer großen Herzl-Skulptur und einer Nachbildung seines Wiener Arbeitszimmers wie auch der Halle des Basler Kasinos, in der 1897 der erste Zionistenkongreß stattfand. Der linksorientierte prominente israelische Historiker Tom Segev kritisierte die Schau in einem Zeitungsartikel: Die Figur Herzls werde banalisiert und verkitscht – dieser habe bei seinem Besuch in Jerusalem um die Jahrhundertwende die Stadt abscheulich gefunden, was selbstredend keinerlei Erwähnung finde.
Heftige Reaktionen auf Segevs Kritik blieben indes nicht aus. Die konservative israelische Herzl-Expertin Haya Harel warf ihm vor, Herzls Tagebücher äußerst selektiv gelesen zu haben. Denn in Wirklichkeit habe der Vater des Zionismus, als er auf dem Ölberg stand, die Landschaft bestaunt und Jerusalem zu einer prächtigen Stadt ausbauen wollen, die einem neuen Rom gleichkommen sollte. Diese Meinungsverschiedenheit ist nur Teil eines vehementen Streits, der in Israel schon seit langem um den Begründer des Zionismus und dessen historisches Erbe geführt wird. Die neokonservative Rechte feiert ihn als modernistischen Visionär, dessen westlich geprägter Fortschrittsglaube junge Israelis inspirieren soll. Für linke israelische Historiker wie Yoav Peled hingegen ist Theodor Herzl nichts weiter als ein europäischer Kolonialist, dessen überhebliche Einstellung den palästinensischen Eingeborenen gegenüber man nur verurteilen kann. Auch die Religiösen sind in ihrer Einschätzung der Person Herzls gespalten. Während Nationalreligiöse und gemäßigte Orthodoxe betonen, dass sich der Zionismus-Gründer ständig um den Dialog mit den Rabbinern bemühte, um so die Einheit des jüdisches Volkes zu fördern, bleibt er für die Ultraorthodoxen stets der Erzfeind. Israel Eichler etwa, Verleger und Wortführer der Frommen, wirft dem säkularen Herzl vor, ihm sei die jüdische Religion stets fremd gewesen. Die Verehrung Theodor Herzls, der ein assimilierter Jude gewesen sei, stürze das jüdische Volk ins Verderben. Andere Ultraorthodoxe formulieren ihre Kritik noch krasser. So etwa der Missionar Amnon Itzhak, der seine Predigten vor zigtausend Menschen in Sportstadien hält. Itzhaks Geheimwaffe im Kulturkampf gegen die Säkularen Israels ist seine auch über Videokassetten verbreitete Predigt, die sich ganz der Person Herzls widmet. Und der, so der jüdisch-orientalische Prediger, sei ein großer Feind des Judentums gewesen, weil er für seinen Zionismus auf den Antisemitismus gebaut habe - für Itzhak Grund genug, Herzl in die Nähe eines Hitler zu rücken.
Am vergangenen Donnerstag wurde der Herzl-Tag, den viele im Land für völlig überflüssig halten, zum erstenmal begangen. Dabei war die Hauptnachrichtenausgabe des israelischen Staatsfernsehens sichtlich bemüht, die Einführung des Herzl-Tages zu legitimieren. Bei einer Straßenumfrage zu dem Gründungsvater des Zionismus stieß nämlich die Reporterin des israelischen staatlichen Fernsehens auf erschreckendes Unwissen:
Herzl sei Staatspräsident gewesen, meinte eine Passantin, ein anderer hielt ihn gar für einen Ministerpräsidenten. Und auch bei der israelischen Studentenschaft sah es nicht viel besser aus. 30 Prozent dachten, Herzl, der 1904 starb, habe gegen die Einwanderungspolitik der britischen Mandatsregierung in den Dreißigern gekämpft, 38 Prozent schrieben ihm die Befreiung Palästinas von der osmanischen Herrschaft zu, ein Zehntel der Studenten war der Auffassung, er sei der erste israelische Staatspräsident gewesen.
Bei solch einem mangelhaften Wissensstand verwundert es kaum, dass bei der jetzt präsentierten Neugestaltung des Herzl-Museums auf dem Herzl-Berg in Jerusalem, das jahrzehntelang vernachlässigt worden war, die Meßlatte von vornherein nicht besonders hoch gelegt wurde. Die Kuratoren versuchen nun das Publikum ins Haus zu locken mit einem übertrieben unterhaltsamen Spielfilm über Herzls Leben, einer großen Herzl-Skulptur und einer Nachbildung seines Wiener Arbeitszimmers wie auch der Halle des Basler Kasinos, in der 1897 der erste Zionistenkongreß stattfand. Der linksorientierte prominente israelische Historiker Tom Segev kritisierte die Schau in einem Zeitungsartikel: Die Figur Herzls werde banalisiert und verkitscht – dieser habe bei seinem Besuch in Jerusalem um die Jahrhundertwende die Stadt abscheulich gefunden, was selbstredend keinerlei Erwähnung finde.
Heftige Reaktionen auf Segevs Kritik blieben indes nicht aus. Die konservative israelische Herzl-Expertin Haya Harel warf ihm vor, Herzls Tagebücher äußerst selektiv gelesen zu haben. Denn in Wirklichkeit habe der Vater des Zionismus, als er auf dem Ölberg stand, die Landschaft bestaunt und Jerusalem zu einer prächtigen Stadt ausbauen wollen, die einem neuen Rom gleichkommen sollte. Diese Meinungsverschiedenheit ist nur Teil eines vehementen Streits, der in Israel schon seit langem um den Begründer des Zionismus und dessen historisches Erbe geführt wird. Die neokonservative Rechte feiert ihn als modernistischen Visionär, dessen westlich geprägter Fortschrittsglaube junge Israelis inspirieren soll. Für linke israelische Historiker wie Yoav Peled hingegen ist Theodor Herzl nichts weiter als ein europäischer Kolonialist, dessen überhebliche Einstellung den palästinensischen Eingeborenen gegenüber man nur verurteilen kann. Auch die Religiösen sind in ihrer Einschätzung der Person Herzls gespalten. Während Nationalreligiöse und gemäßigte Orthodoxe betonen, dass sich der Zionismus-Gründer ständig um den Dialog mit den Rabbinern bemühte, um so die Einheit des jüdisches Volkes zu fördern, bleibt er für die Ultraorthodoxen stets der Erzfeind. Israel Eichler etwa, Verleger und Wortführer der Frommen, wirft dem säkularen Herzl vor, ihm sei die jüdische Religion stets fremd gewesen. Die Verehrung Theodor Herzls, der ein assimilierter Jude gewesen sei, stürze das jüdische Volk ins Verderben. Andere Ultraorthodoxe formulieren ihre Kritik noch krasser. So etwa der Missionar Amnon Itzhak, der seine Predigten vor zigtausend Menschen in Sportstadien hält. Itzhaks Geheimwaffe im Kulturkampf gegen die Säkularen Israels ist seine auch über Videokassetten verbreitete Predigt, die sich ganz der Person Herzls widmet. Und der, so der jüdisch-orientalische Prediger, sei ein großer Feind des Judentums gewesen, weil er für seinen Zionismus auf den Antisemitismus gebaut habe - für Itzhak Grund genug, Herzl in die Nähe eines Hitler zu rücken.