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Italien
Neuanfang des Maggio Musicale Fiorentino

Das Maggio Musicale Fiorentino ist das älteste Musikfestival Italiens, an dem bedeutende Dirigenten und Sänger auftraten. Zuletzt geriet das Festival zunehmend in künstlerische wie finanzielle Schieflage. Ministerpräsident Matteo Renzi, bis 2014 Bürgermeister von Florenz, will nun für Abhilfe sorgen.

Von Dieter David Scholz |
    Dirigent Zubin Mehta (l) und Bürgermeister Dario Nardella in Florenz bei der Präsentation des Programms des Maggio Musicale Fiorentino von 2014.
    Dirigent Zubin Mehta (l) und Bürgermeister Dario Nardella in Florenz bei der Präsentation des Programms des Maggio Musicale Fiorentino von 2014. (picture alliance / dpa / Maurizio Degl' Innocenti)
    Mit einer fulminanten Neuinszenierung des Musikdramas "Tristan und Isolde" hat die letzte Stunde des Teatro comunale in Florenz geschlagen. Es ist die letzte szenische Produktion in diesem Hause, das in seiner jetzigen Gestalt aus dem Jahr 1961 stammt.
    Der italienische Regisseur Stefano Poda hat Wagners "Opus metaphysicum", wie Nietzsche das Musikdrama nannte, als suggestiven Traum inszeniert, nicht wie so oft als falsch verstandene Liebesverklärung.
    "Tristan ist keine Geschichte von Liebe und so weiter. Es ist die Geschichte vom Zuschauer, von uns, ist die Geschichte von zwei, von vielen Einsamkeiten. "
    In braun verkrustetem Guckkasten zeigt der Gesamtkunstwerker Poda den "Tristan". Es ist ein abstrakter Seelenraum, in dem tonnenweise Reis vom Bühnenhimmel herab rieselt und sich auftürmt, Symbol der verrinnenden Zeit, neben vielen anderen Vanitas-Symbolen der Inszenierung.
    In den magisch-illuminierten Raum, dessen Stimmungen zwischen Caravaggio und Rembrandt schwanken, leuchtet zauberisch der Mond als Symbol unerreichbarer Liebe herein. Bühnenqualm gibt der Szenerie etwas Traumhaftes. Geborenwerden und Vergehen, Tod und Leben durchdringen sich in diesem an Statisten reichen Einsamkeits-Ritual, dessen Anspielungen von Vergil über Siegmund Freud, bis zu Marcel Proust reichen.
    Eine hochintelligente, szenisch fesselnde Produktion, deren Premiere vom Publikum heftig gefeiert wurde. Auch die musikalische Leistung des Orchesters des Maggio musicale ist vorzüglich. Zubin Mehta, Chefdirigent des Festivalorchesters seit 1986, dirigiert streckenweise zwar sehr langsam, aber sehr kompetent und glutvoll. Das Protagonistenpaar wird von Torsten Kerl und Lioba Braun gesungen.
    Der Maggio Musicale Fiorentino ist das älteste Musikfestival Italiens, an dem bedeutende Dirigenten und Sänger auftraten. In den letzten Jahrzehnten geriet das Festival zunehmend in künstlerische wie finanzielle Schieflage. Matteo Renzi, 2009 bis 2014 Bürgermeister von Florenz, inzwischen Ministerpräsident Italiens in Rom, hat – gemeinsam mit seinem Kulturminister – nun die Notbremse gezogen und den Weg frei gemacht für einen Neuanfang des Festivals.
    Die Administration wurde ausgewechselt und ein kommissarischer General Manager eingesetzt, der Finanzexperte Francesco Bianchi. Er wird wohl auch der zukünftige Intendant der Oper von Florenz werden, in die das Festival ja eingegliedert ist.
    35 Millionen Euro Schulden hatten sich angehäuft. Francesco Bianchi hat nicht nur das komplizierte Vertragssystem der Stiftung des Maggio Musicale Fiorentino verändert , er hat auch die Finanzen saniert, was ihm aber nur gelang dank einer großzügigen Finanzspritze aus Rom und einer Gesetzesänderung der neuen Regierung Renzi zugunsten zuverlässiger finanzieller Zusagen des Kulturministeriums, mit denen sich planen lässt.
    "Wir sind nun in der Lage, zumindest für jeweils drei Jahre die Spielzeiten abgesichert zu planen. "
    Erst in den vergangenen drei Monaten sind diese politischen Weichen endgültig gestellt worden, um einen Neuanfang des Festivals zu ermöglichen und auch des darüber hinaus gehenden Opernlebens der Stadt, die zwar schon seit 2011 einen neuen, spektakulären Musentempel besitzt, das Opernhaus von Florenz, wo man bisher aber nur Konzerte gab, weil für szenischen Spielbetrieb kein Geld da war. Francesco Bianchi:
    "'Tristan und Isolde' ist die letzte Produktion in diesem alten Haus. Wir werden bis zum 1. September in die neue Opera di Firenze umziehen und eine neue Ära starten."