Wie im Jahre 2001 wird voraussichtlich auch im Neuen Jahr der Klimaschutz die europäische Umweltpolitik beherrschen. Aufgeschreckt, mobilisiert und zusammengeschweißt wurden die EU-Staaten im Frühjahr durch die Absage des US-Präsidenten George W. Bush an das Protokoll von Kyoto. In Brüssel verwies EU-Umweltkommissarin Margot Wallström zunächst in moderaten Tönen darauf, dass die USA der größte Produzent der Treibhausgase seien. Die neue Politik sei zwar extrem Besorgnis erregend. Aber:
Ich glaube nicht, dass wir heute schon ein klares Druckmittel gegen die USA haben, das wir nutzen könnten. Zunächst einmal müssen wir vernünftig sein und uns ernsthaft zusammen setzen. Wir müssen die Amerikaner bitten, uns zu erklären, was sie meinen, wenn sie sagen, dass sie an einer Fortsetzung der Klimaschutz-Gespräche interessiert seien. Aber wir können die USA nicht unter Druck setzen. Allerdings müssen wir ihnen erläutern, was durch Kyoto bereits erreicht wurde und warum das so wichtig ist.
Das versuchten dann sogar die 15 Staats- und Regierungschefs selbst auf ihrem EU-Gipfel im Juni, als der US-Präsident zu Gast in Göteborg war. Doch die Versuche blieben erfolglos. Trotz verschärften Tons gelang es nicht, die Amerikaner mit ins Boot zu holen. Es gelang aber dann doch noch, sich auch ohne sie global zu verständigen. Ein Erfolg vor allem europäischer Umweltpolitiker, etwa des deutschen Jürgen Trittin:
Wir wären nicht zu der Einigung in Bonn gekommen, nicht zum Vertragsabschluß in Marrakesch, wenn die Europäische Union nicht hier so gemeinsam und so geschlossen agiert hätte und das ist eine der ganz erfreulichen Erfahrungen.
Die Selbstbewusstsein verleiht für das wichtigste Ziel 2002: Neben der Vorbereitung des im September stattfindenden Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung will man es schaffen, noch vor dem Gipfel in Johannesburg das Kyoto-Protokoll in Kraft zu setzen. Und dann kommt es in den kommenden Monaten natürlich darauf an, jene Maßnahmen einzuleiten, mit denen man die im Protokoll vereinbarten Klima-Ziele erreichen kann.
Die Kommission will dazu in den kommenden Monaten in Abstimmung mit den Experten des Europäischen Klimaschutz-Programms Richtlinien-Vorschläge machen. Etwa zur Kraftwärmekopplung oder zum Energienachfragemanagement. Auf dem Tisch liegen bereits Entwürfe zur Energieeffizienz von Gebäuden und zur Förderung von Biokraftstoff.
Für Furore sorgt vor allem Margot Wallströms Vorschlag, ab dem Jahr 2005, den Handel mit Verschmutzungszertifikaten für Kohlendioxid einzuführen. Demnach würden bestimmte Emissionshöchstmengen den einzelnen EU-Staaten zugewiesen, die diese dann auf die Industriebranchen aufteilen müssten. Unternehmen, die unter ihrer Marge bleiben, können ihre Verschmutzungsrechte verkaufen, Unternehmen, die mehr Schadstoffe in die Luft pusten, müssen dafür zahlen, indem sie Rechte kaufen. Die Bundesregierung hat ihre endgültige Position zum Emissionshandel noch nicht festgelegt. Bundesumweltminister Jürgen Trittin:
Anders als die EU insgesamt ist die Bundesrepublik Deutschland insgesamt zur Erreichung ihres Klimaschutzziels und zur Erfüllung ihrer Kyoto-Mechanismen auf dieses Instrument nicht zwingend angewiesen. Wir sollen 21 Prozent unserer Emissionen reduzieren, wir sind nach den neuen Zahlen heute schon bei 18,5 Prozent. Das heißt, sie können davon ausgehen, dass wir im Jahre 2010 dieses Ziel mit den Maßnahmen, die wir bisher eingeleitet haben von der Ökosteuer, über die Vereinbarung mit der Wirtschaft über Reduktion, über das erneuerbare Energiegesetz, die Kraft-Wärme-Kopplungs-gesetzliche Regelung, die Energieeinsparverordnung - dass wir dieses Ziel auch so erreichen würden. Nichtsdestotrotz halten wir dieses Instrument für vernünftig.
Was Bundeswirtschaftsminister Werner Müller vermutlich so nie sagen würden. Beide Minister aber plädieren dafür, den Emissionshandel zunächst als Pilotphase und nicht als verbindliches System zu starten. Schließlich müsse, so Müller, erst noch die Frage gelöst werden...
...wie ein solches potentielles Zertifikatshandelssystem aufsetzt auf ein System bestehender CO²-Reduktionsverpflichtungen, die auf freiwilliger Basis zwischen der Regierung und der Industrie und der Stromwirtschaft im besonderen abgeschlossen worden sind.
Das deutsche Energieeinspar-System habe sich jedenfalls bewährt und dazu gehöre auch die Ökosteuer einschließlich der Ausnahmen für die energieintensivsten Branchen. Diese Ausnahmen wird die EU-Kommission wohl bald genehmigen, wenn auch vermutlich verlangen, dass die freiwillige Klimaschutzvereinbarung der Industrie mit einer größeren, vielleicht mit einer Gesetzes-Verbindlichkeit versehen wird.
Erneut wenig erfolgreich dürften auch im Neuen Jahr die Versuche sein, in Europa zu einer harmonisierten Energiebesteuerung zu kommen. Bundesfinanzminister Hans Eichel feierte es vor kurzem schon als Erfolg, dass Spanien nicht mehr grundsätzlich dagegen sei, über das Thema auch nur zu reden.
Der positive Ausgangspunkt ist, es gibt keine Fundamentalopposition. Damit fängt allerdings auf der anderen Seite das richtige Tauziehen erst an. Die Interessenkämpfe werden dann erst richtig hart, wenn die Fundamentalopposition weg ist. Denn bis dahin ist das ja Trockenschwimmen.
Für Nervosität bei den Fachleuten sorgt die von der EU-Kommission für Januar angekündigte Richtlinie zur Umwelthaftung. Denn darin sollen Verursacherprinzip und Schadenersatzpflicht auch für ein Delikt wie die erhebliche Beeinträchtigung der Artenvielfalt eingeführt werden, was im Einzelfall nicht immer leicht nachweisbar erscheint.
Zweifelhaft bleibt schließlich, ob es gelingt, die immer wieder verzögerten EU-Gesetze zu den genveränderten Organismen unter Dach und Fach zu bringen. Es gehört für Jürgen Trittin zu den ernüchternden EU-Erfahrungen,
...dass wir es bis heute nicht geschafft haben, zu einer abschließenden Rechtsetzung im Bereich der genveränderten Organismen zu kommen. Wir haben zwar unter meiner Präsidentschaft die Vorschriften für das Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen verschärft und klarer gemacht. Das nützt uns nur solange nichts, solange wir nicht auch für die Produkte daraus klare Regeln haben, das heißt, dass die gekennzeichnet sind, dass es rückverfolgbar ist. Hier ist die europäische Umweltpolitik übrigens nicht nur zum Ärger einiger Industrien noch nicht so weit wie sie sein könnte.
Ich glaube nicht, dass wir heute schon ein klares Druckmittel gegen die USA haben, das wir nutzen könnten. Zunächst einmal müssen wir vernünftig sein und uns ernsthaft zusammen setzen. Wir müssen die Amerikaner bitten, uns zu erklären, was sie meinen, wenn sie sagen, dass sie an einer Fortsetzung der Klimaschutz-Gespräche interessiert seien. Aber wir können die USA nicht unter Druck setzen. Allerdings müssen wir ihnen erläutern, was durch Kyoto bereits erreicht wurde und warum das so wichtig ist.
Das versuchten dann sogar die 15 Staats- und Regierungschefs selbst auf ihrem EU-Gipfel im Juni, als der US-Präsident zu Gast in Göteborg war. Doch die Versuche blieben erfolglos. Trotz verschärften Tons gelang es nicht, die Amerikaner mit ins Boot zu holen. Es gelang aber dann doch noch, sich auch ohne sie global zu verständigen. Ein Erfolg vor allem europäischer Umweltpolitiker, etwa des deutschen Jürgen Trittin:
Wir wären nicht zu der Einigung in Bonn gekommen, nicht zum Vertragsabschluß in Marrakesch, wenn die Europäische Union nicht hier so gemeinsam und so geschlossen agiert hätte und das ist eine der ganz erfreulichen Erfahrungen.
Die Selbstbewusstsein verleiht für das wichtigste Ziel 2002: Neben der Vorbereitung des im September stattfindenden Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung will man es schaffen, noch vor dem Gipfel in Johannesburg das Kyoto-Protokoll in Kraft zu setzen. Und dann kommt es in den kommenden Monaten natürlich darauf an, jene Maßnahmen einzuleiten, mit denen man die im Protokoll vereinbarten Klima-Ziele erreichen kann.
Die Kommission will dazu in den kommenden Monaten in Abstimmung mit den Experten des Europäischen Klimaschutz-Programms Richtlinien-Vorschläge machen. Etwa zur Kraftwärmekopplung oder zum Energienachfragemanagement. Auf dem Tisch liegen bereits Entwürfe zur Energieeffizienz von Gebäuden und zur Förderung von Biokraftstoff.
Für Furore sorgt vor allem Margot Wallströms Vorschlag, ab dem Jahr 2005, den Handel mit Verschmutzungszertifikaten für Kohlendioxid einzuführen. Demnach würden bestimmte Emissionshöchstmengen den einzelnen EU-Staaten zugewiesen, die diese dann auf die Industriebranchen aufteilen müssten. Unternehmen, die unter ihrer Marge bleiben, können ihre Verschmutzungsrechte verkaufen, Unternehmen, die mehr Schadstoffe in die Luft pusten, müssen dafür zahlen, indem sie Rechte kaufen. Die Bundesregierung hat ihre endgültige Position zum Emissionshandel noch nicht festgelegt. Bundesumweltminister Jürgen Trittin:
Anders als die EU insgesamt ist die Bundesrepublik Deutschland insgesamt zur Erreichung ihres Klimaschutzziels und zur Erfüllung ihrer Kyoto-Mechanismen auf dieses Instrument nicht zwingend angewiesen. Wir sollen 21 Prozent unserer Emissionen reduzieren, wir sind nach den neuen Zahlen heute schon bei 18,5 Prozent. Das heißt, sie können davon ausgehen, dass wir im Jahre 2010 dieses Ziel mit den Maßnahmen, die wir bisher eingeleitet haben von der Ökosteuer, über die Vereinbarung mit der Wirtschaft über Reduktion, über das erneuerbare Energiegesetz, die Kraft-Wärme-Kopplungs-gesetzliche Regelung, die Energieeinsparverordnung - dass wir dieses Ziel auch so erreichen würden. Nichtsdestotrotz halten wir dieses Instrument für vernünftig.
Was Bundeswirtschaftsminister Werner Müller vermutlich so nie sagen würden. Beide Minister aber plädieren dafür, den Emissionshandel zunächst als Pilotphase und nicht als verbindliches System zu starten. Schließlich müsse, so Müller, erst noch die Frage gelöst werden...
...wie ein solches potentielles Zertifikatshandelssystem aufsetzt auf ein System bestehender CO²-Reduktionsverpflichtungen, die auf freiwilliger Basis zwischen der Regierung und der Industrie und der Stromwirtschaft im besonderen abgeschlossen worden sind.
Das deutsche Energieeinspar-System habe sich jedenfalls bewährt und dazu gehöre auch die Ökosteuer einschließlich der Ausnahmen für die energieintensivsten Branchen. Diese Ausnahmen wird die EU-Kommission wohl bald genehmigen, wenn auch vermutlich verlangen, dass die freiwillige Klimaschutzvereinbarung der Industrie mit einer größeren, vielleicht mit einer Gesetzes-Verbindlichkeit versehen wird.
Erneut wenig erfolgreich dürften auch im Neuen Jahr die Versuche sein, in Europa zu einer harmonisierten Energiebesteuerung zu kommen. Bundesfinanzminister Hans Eichel feierte es vor kurzem schon als Erfolg, dass Spanien nicht mehr grundsätzlich dagegen sei, über das Thema auch nur zu reden.
Der positive Ausgangspunkt ist, es gibt keine Fundamentalopposition. Damit fängt allerdings auf der anderen Seite das richtige Tauziehen erst an. Die Interessenkämpfe werden dann erst richtig hart, wenn die Fundamentalopposition weg ist. Denn bis dahin ist das ja Trockenschwimmen.
Für Nervosität bei den Fachleuten sorgt die von der EU-Kommission für Januar angekündigte Richtlinie zur Umwelthaftung. Denn darin sollen Verursacherprinzip und Schadenersatzpflicht auch für ein Delikt wie die erhebliche Beeinträchtigung der Artenvielfalt eingeführt werden, was im Einzelfall nicht immer leicht nachweisbar erscheint.
Zweifelhaft bleibt schließlich, ob es gelingt, die immer wieder verzögerten EU-Gesetze zu den genveränderten Organismen unter Dach und Fach zu bringen. Es gehört für Jürgen Trittin zu den ernüchternden EU-Erfahrungen,
...dass wir es bis heute nicht geschafft haben, zu einer abschließenden Rechtsetzung im Bereich der genveränderten Organismen zu kommen. Wir haben zwar unter meiner Präsidentschaft die Vorschriften für das Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen verschärft und klarer gemacht. Das nützt uns nur solange nichts, solange wir nicht auch für die Produkte daraus klare Regeln haben, das heißt, dass die gekennzeichnet sind, dass es rückverfolgbar ist. Hier ist die europäische Umweltpolitik übrigens nicht nur zum Ärger einiger Industrien noch nicht so weit wie sie sein könnte.