Montag, 06. Mai 2024

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Jan Heidtmann vs. Katharina Nocun
Müssen wir das Internet abschalten?

Verrohung der Sprache, Datenraub, Social Scoring, Totalüberwachung: Viele sehen das Netz als Ursache einer auseinanderbrechenden Gesellschaft. Schadet das Internet uns mehr, als dass seine vermeintlichen Segnungen uns nutzen?

Moderation: Manfred Götzke | 15.06.2019
Collage mit Hand, Globus und Tastatur (Symbolbild)
Am weltweiten Netz führt heute kein Weg vorbei - willkommener Fortschritt oder Schaden für die Gesellschaft? (imago)
Noch vor ein paar Jahren waren die Heilsversprechen des Internets immens: Es ermögliche einen herrschaftsfreien Diskurs, vernetze entlegenste Regionen, fördere Demokratie, Vielfalt und Meinungsfreiheit. Heute dürfte eine Mehrheit es etwas kritischer sehen. Themen wie Fakenews, gezielte Desinformation, Überwachung und die Verrohung gesellschaftlicher Sprache dominieren den Diskurs übers Netz.
Müssen wir – provokativ gefragt – das Internet abschalten?
Jan Heidtmann, Journalist bei der Süddeutschen Zeitung und Autor der Streitschrift "Internet abschalten!"
"Das Netz hat den Menschen mehr geschadet als genutzt"
"Es ist natürlich eine provokante These – und das Internet lässt sich auch nicht so einfach abschalten. Aber ich wollte mich mit der Frage befassen, ob das Internet den Menschen mehr gebracht hat oder ob es ihnen mehr geschadet hat. Dafür gibt es einen äußeren Anlass, das Internet wird jetzt 50 Jahre alt, und einen inneren Anlass, den ich für wichtiger halte: Jetzt wird die erste Generation, die mit dem Internet aufgewachsen ist, erwachsen. Und ich würde sagen, das Netz hat den Menschen insgesamt weit mehr geschadet als genutzt."
Katharina Nocun, Netzaktivistin, Bloggerin und Autorin des Buches "Die Daten, die ich rief"
"Kein Versagen der Technologie"
"Es gibt nicht ein Internet und nicht eine Digitalisierung, sondern viele und deshalb finde ich pauschale Aussagen, es hat uns mehr geschadet als genutzt, nicht zielführend. Ich frage mich immer, wie hätte man es besser machen können und ich sehe den großen Fehler darin, dass man es verpasst hat, die großen Internetkonzerne zu regulieren. Das ist aber ein Versagen der Politik und kein Versagen der Technologie."