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Joseph Haydn - 'The Seven Last Words of Our Saviour on the Cross'

Haydns "Sieben letzte Worte unseres Erlösers" in der Fassung für Streichquartett sind in jüngster Zeit verschiedentlich eingespielt, verschiedentlich auch aufgeführt worden. Der gigantische Zyklus von sieben durchgängig langsamen Sonaten mit vorangesetzter Introduction und anschließendem kurzen Erdbeben provoziert immer wieder die unterschiedlichsten Deutungen; er ist für Interpretation so offen wie wenige Werke dieser Besetzung. Das Ensemble Opus Posthumum macht daraus ein spät-barockes Drama. Kopf und Herz dieser Formation, die zur Moskauer Akademie für Alte Musik gehört, ist die Geigerin Tatjana Grindenko, die erste Ehefrau von Gidon Kremer, die seit etlichen Jahren mit dem Komponisten Vladimir Martynov verheiratet ist. Tatjana Grindenko macht aus ihrer Religiosität und ihrer Neigung zur Spiritualität keinen Hehl, und der Aufnahme wohnt tatsächlich ein tiefer Ernst inne.

Norbert Ely |
    Durchaus überzeugend wirkt auch die, wie es heißt, erweiterte Streichquartettbesetzung. Alle Pulte sind doppelt besetzt, und zusätzlich gibt es einen Kontrabass. Das verschiebt das Klangspektrum ins Dunkle hinein. Hinzukommt, dass das Ensemble mit a=420 einen sehr tiefen Stimmton gewählt hat. Übrigens wird nicht durchgängig in voller Besetzung gespielt, sondern nach quasi barocker Praxis in einem sehr klug disponierten Wechsel von Concertino und Ripieno. Sie hören die erste Sonate "Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun." * Musikbeispiel: Joseph Haydn - 1. Sonate aus: "Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuz" (erweiterte Streichquartettfassung) Die erste Sonate aus den "Sieben letzten Worten unseres Erlöser” von Joseph Haydn, gespielt vom Moskauer Ensemble Opus Posthumum. Es ist wirklich eine außerordentlich beredte Musik, und man bedauert ein wenig, dass das Booklet die sieben letzten Worte in der deutschen Übersetzung wiedergibt. Tatsächlich fußen Haydns Themen auf dem lateinischen Text, und da klingt "Sitio" eben sehr viel anders als "Mich dürstet". In dieser Einspielung tritt das Moment von Sprache tatsächlich sehr in den Vordergrund, aber auch das Moment des Leidens wird geradezu physisch spürbar, und das, obwohl die Tongebung, die sich klar an der historischen Aufführungspraxis orientiert, eigentlich eher eindimensional ist. Die Intensität freilich, mit der hier zu Werke gegangen wird, macht vieles wett. Die CD ist bei dem Label CCn’C erschienen, das früher "Erdenklang" hieß und sich vor allem um Grenzbereiche der Musik verdient macht.