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Journalismus-Ausbildung im Wandel der Zeit

Das Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft, kurz KMW, an der Uni Leipzig gehört zu den vielen Instituten, die nach 1990 neu aufgebaut worden sind. In der DDR vor 1989 lag hier noch das faktische Ausbildungsmonopol für DDR-Journalisten - die Kaderschmiede für Zeitungen, Radio- und Fernsehsender im SED-Staat. Nur jeder 20. Dozent erwies sich 1990 als haltbar: Künftig sollten Leute ohne MfS-Vergangenheit und mit fachlichen Qualifikationen an der Uni Leipzig Journalisten ausbilden. In der Praxis sah es jedoch anders aus, meint die Berliner Journalistin Vera Linß, damals Studentin der Sektion Journalismus: "Nach meinem persönlichen Eindruck ging es eher danach: Wer verhält sich in der Wendezeit a unauffälligsten und am geschicktesten, damit er eben dort bleiben kann. Die Charismatiker, die wirklich etwas zu sagen hatten, sind eben nicht dort geblieben." Nach der Wende sei es genauso ideologisch und genauso verlogen weitergegangen wie vorher. Kern der Umgestaltung war ein neuer Lehrplan. Heute bietet das KMV fünf Studiengänge an. Dennoch habe man auch Dinge von der alten Sektion übernommen, so Dr. Jochen Schlevoigt, mit Unterbrechungen seit über 30 Jahren Dozent an Uni Leipzig: "Das Ausbildungsmodell an der Sektion Journalismus war einerseits total verschult und ideologisch extrem eng. Aber es war andererseits auch auf Verzahnung von Theorie und Praxis ausgerichtet. Diese Verzahnung wurde in das neue Konzept voll integiert." Neu hinzugekommen sei die zügige Öffnung zu Kommunikations- und Medienwissenschaften. Heute hat das KMW nur noch halb so viele Dozenten wie in den Achtzigerjahren, dafür aber fünf Mal so viele Studierende. Immerhin ein Drittel kommt aus den alten Bundesländern. Die Journalistik in Leipzig - einst eine Eliteanstalt - erlebt heute bundesdeutsche Uni-Normalität. Das heißt unter anderem: Es muss gespart werden.

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    Die Vorläufer des Instituts für Kommunikations- und Medienwissenschaft Leipzig reichen noch weit in die Zeit vor der DDR zurück: Vor über 80 Jahren gründete der Ökonom Professor Karl Bücher an der Universität Leipzig das erste akademische "Institut für Zeitungskunde" in Deutschland.