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Kabarett
Wer lacht, hat Hoffnung

Gegründet wurde die DISTEL, das erste Profikabarett der DDR mit festem Haus, wenige Monate nach dem Arbeiteraufstand vom 17. Juni 1953. Lachend sollte "Abschied genommen werden von den Fehlern der Vergangenheit". Doch Autoren und Darsteller brachten von Anfang an auch die Fehler der Gegenwart auf die Bühne, allerdings fast immer in verschlüsselter Sprache, denn jede Premiere musste durch die Zensur geschleust werden.

Von Stephan Göritz | 19.02.2014
    Edgar Harter und Dagmar Jaeger in einer Szene des Programms "Lebenslänglich auf Bewährung" des Berliner Kabarett-Theaters "Distel"
    Edgar Harter und Dagmar Jaeger in einer Szene des Programms "Lebenslänglich auf Bewährung" des Berliner Kabarett-Theaters "Distel" (picture alliance / ZB / Nestor Bachmann)
    Das Publikum lernte schnell, seinen Kabarettisten aufs unausgesprochene Wort zu folgen. Erst 1988 wagte das Ensemble mit "Keine Mündigkeit vorschützen" ein Programm, das alle Probleme der DDR beim Namen nannte. Nach der bejubelten öffentlichen Generalprobe wurde es sofort verboten. Als der Mauerfall den Kampf gegen die Zensur beendete hatte, begann der Kampf um Geld und Publikum. Auch eine Stasi-Enthüllung musste das Ensemble verkraften, als bekannt wurde, dass sich die Nachwende-Intendantin Gisela Oechelhaeuser vor Jahrzehnten für kurze Zeit als IM verpflichtet hatte.
    Heute versucht die DISTEL, die sich als "Stachel am Regierungssitz" versteht, die Balance zu finden zwischen schnellen Gags, mit denen ein von Fernsehcomedy geprägtes Publikum erst einmal ins Haus gelockt werden soll, und der satirischen Entlarvung politischer Strukturen.

    Produktion: RBB 2013