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Kaderschmiede für Premiers

Den Hochschulen in Italien fehlt es massiv an Geld. Anders an der üppig ausgestatteten, privaten Elite-Uni Bocconi. Hier ging auch Premier Mario Monti zur Schule. Wird er angesichts seiner privaten Ausbildung künftig den staatlichen Universitäten helfen?

Von Thomas Migge |
    Mario Monti spricht fließend englisch. Natürlich auch Französisch. Und er kennt die in Wirtschaft und Politik federführenden Persönlichkeiten. In Italien ergibt sich das schon deshalb, weil er an der Bocconi studierte. An dieser Hochschule diplomierten sich nicht nur einige der wichtigsten italienischen Politiker, sondern auch Wirtschaftskapitäne, Gewerkschaftsführer und Intellektuelle. Die Bocconi ist Italiens wichtigste Kaderschmiede.

    "Dreamers or doers?" fragt ein Werbespot der Bocconi, Träumer oder Tatmensch? Wer an der 1902 gegründeten Privatuni im Herzen Mailands studiert, ist schwerlich ein Träumer – oder aber einer, der trotzdem mit beiden Füßen auf dem Boden steht. Denn ein Studium an der berühmtesten und begehrtesten Elitehochschule Italiens ist nichts für Faulpelze, meint Nicolò Bardi. Er studiert im dritten Jahr Wirtschaftswissenschaften und bezeichnet sich als überzeugten "Bocconiano":

    "Das ist eine sehr schöne Universität, wo man sich wohlfühlt und einem das Gefühl von Effizienz gegeben wird. Hier hat man Lust sich anzustrengen und ist nur von Leuten umgeben, die genauso denken. Und, ganz wichtig, hier bekommt man das Rüstzeug, um Karriere zu machen und die richtigen Leute kennenzulernen."

    Die Bocconi ist eine Universität für Rechts- und Wirtschaftswissenschaften. Nicolò ist einer von 13.000 Studierenden. Sie werden von 435 Professoren und 582 Dozenten unterrichtet – was kleine Studiengruppen und intensive Betreuung seitens des Lehrpersonals garantiert. Die Privatuni präsentiert sich dem Besucher so ganz anders als die zumeist recht heruntergekommenen Staatshochschulen, die dank verschiedenster Sparprogramme der Regierungen Berlusconi nicht wissen, wie sie finanziell über die Runde kommen. Die Bocconi ist hochmodern und mit allem ausgestattet, was Studenten- und Professorenherzen höher schlagen lässt: 93 Aulen, fünf komfortable Studentenwohnheime, eine moderne Mensa und Cafeteria und eine Bibliothek mit über 600.000 Bänden. Universitäre Rahmenbedingungen, von denen die meisten italienischen Studierenden nur träumen können. Doch der Studienluxus kostet: zwischen 3600 und 8200 Euro pro Jahr. Die Studiengebühren hängen vom nachgewiesenen Familieneinkommen des Bewerbers ab.

    Chiara studiert im zweiten Jahr Marketing an der Bocconi:

    "Das viele Geld macht meinen Eltern natürlich schon Sorgen, aber sie sehen ja, dass ich mich anstrenge. Was mir hier an dieser Uni gefällt: der Praxisbezug. Hier ist man stark an der Berufs- und Arbeitswelt orientiert und arbeitet eng mit Unternehmen zusammen. So haben viele Bocconi-Abgänger die Möglichkeit, gleich in einen Job hineinzurutschen."

    Neben den Laurea-Studiengängen bietet die Bocconi 15 Masterprogramme sowie 12 Perfektionierungskurse. Der sogenannte "Career Service" vermittelt studienbegleitende Praktika und erleichtert somit den Studierenden den Berufseinstieg nach dem Studium.

    Die Bocconi legt viel Wert auf ein internationales Image: Deshalb bemüht man sich auch verstärkt, ausländische Studierende anzuziehen. Bisher existieren drei Studiengänge ausschließlich in englischer Sprache. Bewerber kommen vor allem aus Russland und Asien.

    Soweit die rosarote Realität der privaten Bocconi-Universität in Mailand - an der Italiens neuer Regierungschef Mario Monti nicht nur studierte, sondern auch unterrichtet und Präsident ist. Darf man sich von Monti einen neuen Kurs für die finanziell angeschlagenen Staatshochschulen des Landes erwarten? Oder wird auch er, wie Berlusconi, private Universitäten bevorzugen?

    Dazu Maria Chiara Carrozza, Professorin für Bioingenieurwissenschaften an der öffentlichen Hochschule Sant'Anna in Pisa:

    "Wir sind uns doch alle darin einig, auch Mario Monti, dass hier Vieles verbessert werden muss. Bleibt aber abzuwarten, ob Monti angesichts seines radikalen Sparprogramms um den Staatsbankrott zu verhindern, Geld findet, um es in Bildung und Wissenschaft zu investieren. Wir sind jedenfalls voller Hoffnungen."