Von Wolfram Nagel
Die Dorfkirche von Pomßen bei Leipzig. Hier befindet sich die älteste Orgel Sachsens. Wer nicht nur auf die Musik hört sondern sich das Instrument genau anschaut, wird unzählige winzig kleine Löcher entdecken, hinein gefressen von den Larven eines Klopf und Nagekäfer, den so genannten Anobien. Sie fühlen sich in altem Holz von Kirchen besonders wohl und können dort große Schäden anrichten. Ein Wunder, dass die Orgel überhaupt noch spielt, meint Organist Klaus Gerhard:
Eine der Tasten, die jetzige Taste CIS ist vom Wurm inzwischen fast aufgebraucht, ein weiteres c, nämlich cis 2, offenbar mag er diesen Ton besonders, ist auch aufgebraucht.
Noch in den 80er Jahren wussten sich die Holzrestauratoren keinen anderen Rat, als die befallen Gegenstände mit Hylotox, einem DDT-, Lindan- und PCP-haltigen Holzschutzmittel, zu behandeln. So musste auch der 400 Jahre alte Epitaphaltar der Dorfkirche von Rothschönberg bei Meißen mit dem Gift getränkt werden. Das Schnitzwerk ist bereits so zerfressen, dass einer der Stifterfiguren der linke Unterarm und die Zehen abgefallen sind. Auf der Oberfläche der Figuren erkennt man einen raureifähnlichen Rasen aus kleinsten DDT-Kristallen. Wenn sie mit dem Staub in die Atemluft gelangen, können sie gefährlich werden. Dabei sei das noch nicht einmal der schlimmste Fall, erklärte Michael Kirsten vom Landesdenkmalamt Sachsen:
Wir haben Altarretabel in Rochlitz, in Zwickau, in Chemnitz, wo diese Problematik weitaus stärker zum Tragen kommt, wo im Rahmen eines Forschungsprojektes schon seit Jahren versucht wird, Möglichkeiten zu finden, diese öligen Tränkungsmittel aus dem Holz heraus zu bekommen bzw. diese zu neutralisieren.
Das ist nun erstmals gelungen, und zwar an kleinen Lindenholzfiguren aus der Kirche von Döben bei Grimma. Mit Unterstützung des Fraunhoferinstituts für Umwelt – Sicherheits - und Energietechnik Oberhausen und unter Leitung des Rathgen - Forschungslabors der Staatlichen Museen zu Berlin wurde ein aus der Lebensmittelindustrie bekanntes Kohlendioxid- Verfahren weiterentwickelt. Unter bestimmten Bedingungen kann man nicht nur Koffein aus den Kaffeebohnen sondern auch eben auch DDT und Lindan aus Holz herauslösen, so die Dresdner Projektleiterin Christine Kelm:
Das Kohlendioxid entwickelt unter einem hohen Druck Lösungsmitteleigenschaften, bleibt aber gleichzeitig ein Gas. Das heißt, es ist in der Lage, Substanzen herauszulösen, und wie ein Gas Substanzen gut zu durchdringen, wesentlich besser als eine Flüssigkeit.
Doch welche Bedingungen sind optimal? Zunächst wurden pestizidgetränkte Probekörper unter verschiedenen Temperaturen und Drücken in einem speziellen Druckbehälter getestet. Kelm:
Bei den Testreihen bewegten sich die Temperaturen so zwischen 32 und 60 Grad, wobei 60 Grad eine Obergrenze ist, die durch die Objekteigenschaften gegeben ist und die 32 Grad durch die Eigenschaften des Kohlendioxids, weil es dann unterhalb dessen flüssig wird. Und die Drücke wurden variiert zwischen 180 und 400 bar, wobei sich für unsere Zwecke die niedrigeren Drücke von 180 bis 220 bar als ideal herausgestellt haben.
Wird jedoch der Druck zu schnell abgebaut, kann das in den Poren verbliebene Gas das Holz auseinander sprengen... Das Gift ist dann zwar fast vollständig herausgelöst, doch irreparable Schäden an Verleimungen, Vergoldungen oder Farbschichten sind nicht ausgeschlossen. Kelm:
Das muss dann ganz langsam durchgeführt werden. Und man muss ganz sicher sein, dass das ganze überkritische Kohlendioxid heraus ist.
Waren die Döbener Epitaph-Figuren vorher mit 50 000 Milligramm DDT pro Kilogramm Holz belastet, so sind jetzt nur noch 265 Milligramm nachweisbar; eine Giftmenge, die ausreichenden Schutz gegen Schädlinge bietet und auch eine spätere Stabilisierung mit Kunstharz zulässt. Doch um bspw. den Altarretabel von Rothschönberg oder die Orgel von Pomßen dauerhaft zu retten, müsste ein großer Druckreaktor gebaut werden, so die Dresdner Chefrestauratorin:
Das kostet auch einen Haufen Geld, aber selbst eine Oberflächenreinigung sämtlicher Orgelpfeifen ist nicht so ganz preiswert.
Und der Bedarf ist riesig, so die Dresdner Restauratorin. Alleine in den Museen des Preußischen Kulturbesitzes lagern Tausende pestizidbehandelte Kunstgegenstände, die so vergiftet sind, dass sie nicht ausgestellt werden können.
Die Dorfkirche von Pomßen bei Leipzig. Hier befindet sich die älteste Orgel Sachsens. Wer nicht nur auf die Musik hört sondern sich das Instrument genau anschaut, wird unzählige winzig kleine Löcher entdecken, hinein gefressen von den Larven eines Klopf und Nagekäfer, den so genannten Anobien. Sie fühlen sich in altem Holz von Kirchen besonders wohl und können dort große Schäden anrichten. Ein Wunder, dass die Orgel überhaupt noch spielt, meint Organist Klaus Gerhard:
Eine der Tasten, die jetzige Taste CIS ist vom Wurm inzwischen fast aufgebraucht, ein weiteres c, nämlich cis 2, offenbar mag er diesen Ton besonders, ist auch aufgebraucht.
Noch in den 80er Jahren wussten sich die Holzrestauratoren keinen anderen Rat, als die befallen Gegenstände mit Hylotox, einem DDT-, Lindan- und PCP-haltigen Holzschutzmittel, zu behandeln. So musste auch der 400 Jahre alte Epitaphaltar der Dorfkirche von Rothschönberg bei Meißen mit dem Gift getränkt werden. Das Schnitzwerk ist bereits so zerfressen, dass einer der Stifterfiguren der linke Unterarm und die Zehen abgefallen sind. Auf der Oberfläche der Figuren erkennt man einen raureifähnlichen Rasen aus kleinsten DDT-Kristallen. Wenn sie mit dem Staub in die Atemluft gelangen, können sie gefährlich werden. Dabei sei das noch nicht einmal der schlimmste Fall, erklärte Michael Kirsten vom Landesdenkmalamt Sachsen:
Wir haben Altarretabel in Rochlitz, in Zwickau, in Chemnitz, wo diese Problematik weitaus stärker zum Tragen kommt, wo im Rahmen eines Forschungsprojektes schon seit Jahren versucht wird, Möglichkeiten zu finden, diese öligen Tränkungsmittel aus dem Holz heraus zu bekommen bzw. diese zu neutralisieren.
Das ist nun erstmals gelungen, und zwar an kleinen Lindenholzfiguren aus der Kirche von Döben bei Grimma. Mit Unterstützung des Fraunhoferinstituts für Umwelt – Sicherheits - und Energietechnik Oberhausen und unter Leitung des Rathgen - Forschungslabors der Staatlichen Museen zu Berlin wurde ein aus der Lebensmittelindustrie bekanntes Kohlendioxid- Verfahren weiterentwickelt. Unter bestimmten Bedingungen kann man nicht nur Koffein aus den Kaffeebohnen sondern auch eben auch DDT und Lindan aus Holz herauslösen, so die Dresdner Projektleiterin Christine Kelm:
Das Kohlendioxid entwickelt unter einem hohen Druck Lösungsmitteleigenschaften, bleibt aber gleichzeitig ein Gas. Das heißt, es ist in der Lage, Substanzen herauszulösen, und wie ein Gas Substanzen gut zu durchdringen, wesentlich besser als eine Flüssigkeit.
Doch welche Bedingungen sind optimal? Zunächst wurden pestizidgetränkte Probekörper unter verschiedenen Temperaturen und Drücken in einem speziellen Druckbehälter getestet. Kelm:
Bei den Testreihen bewegten sich die Temperaturen so zwischen 32 und 60 Grad, wobei 60 Grad eine Obergrenze ist, die durch die Objekteigenschaften gegeben ist und die 32 Grad durch die Eigenschaften des Kohlendioxids, weil es dann unterhalb dessen flüssig wird. Und die Drücke wurden variiert zwischen 180 und 400 bar, wobei sich für unsere Zwecke die niedrigeren Drücke von 180 bis 220 bar als ideal herausgestellt haben.
Wird jedoch der Druck zu schnell abgebaut, kann das in den Poren verbliebene Gas das Holz auseinander sprengen... Das Gift ist dann zwar fast vollständig herausgelöst, doch irreparable Schäden an Verleimungen, Vergoldungen oder Farbschichten sind nicht ausgeschlossen. Kelm:
Das muss dann ganz langsam durchgeführt werden. Und man muss ganz sicher sein, dass das ganze überkritische Kohlendioxid heraus ist.
Waren die Döbener Epitaph-Figuren vorher mit 50 000 Milligramm DDT pro Kilogramm Holz belastet, so sind jetzt nur noch 265 Milligramm nachweisbar; eine Giftmenge, die ausreichenden Schutz gegen Schädlinge bietet und auch eine spätere Stabilisierung mit Kunstharz zulässt. Doch um bspw. den Altarretabel von Rothschönberg oder die Orgel von Pomßen dauerhaft zu retten, müsste ein großer Druckreaktor gebaut werden, so die Dresdner Chefrestauratorin:
Das kostet auch einen Haufen Geld, aber selbst eine Oberflächenreinigung sämtlicher Orgelpfeifen ist nicht so ganz preiswert.
Und der Bedarf ist riesig, so die Dresdner Restauratorin. Alleine in den Museen des Preußischen Kulturbesitzes lagern Tausende pestizidbehandelte Kunstgegenstände, die so vergiftet sind, dass sie nicht ausgestellt werden können.