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Kanzler Dr. rer. nat. h.c.

Klassische Musik und ausgewählte Gäste drinnen, ahnungsloses Volk draußen, vor der Polizei-umringten alten Uni-Aula: So die Szenerie am Dienstag, als der Kanzler in Göttingen Ehrendoktor wurde. Dass Gerhard Schröder die Auszeichnung kriegen sollte, wussten einige Schaulustige wohl. Nur warum und wofür?

Von Frank Politz | 18.06.2005
    " Ich weiß nur, dass er hier studiert hat."

    Stimmt. Jura. Von 1966 bis '71. Rückblickend darauf erklärte der Alumni Schröder, es freue ihn, seine einstige Hochschule wieder zu sehen. Zudem sagte er das, was man halt gemeinhin so sagt bei derartigen Ehrungen. Dass er als Student damals eine schöne, unvergessliche sowie sehr lehrreiche Zeit in Göttingen verbracht habe. Und weiter:

    " Dass mir - wenn ich das so sagen darf- meine Alma Mater heute die Ehrendoktorwürde verleiht, erfüllt mich mit wirklicher Dankbarkeit. Besonders weil mir, dem Juristen, diese Anerkennung seitens der Naturwissenschaften zuteil wird."

    Eben das hatte bereits im Vorfeld bei so manchen für Verwunderung gesorgt. Darüber ging Kurt von Figura, Präsident der Georg-August-Universität, auch nicht hinweg in seiner Rede:

    " Herr Bundeskanzler, warum wir Ihnen heute die Ehrendoktorwürde der biologischen Fakultät verleihen, darüber ist viel spekuliert worden."

    Die Antwort darauf: Vom Kanzler seien in der Debatte über die Bio-Wissenschaften in Deutschland neue Impulse ausgegangen. Und der zweite Grund: 1997, noch als niedersächsischer Regierungschef, habe er teils an seiner Fachministerin vorbei die Weichen gestellt für einen schnellen Baubeginn des Göttinger Zentrums für molekulare Biowissenschaften (GZMB), das am Dienstag offiziell eröffnet wurde. Bloß: Dieses Zentrum arbeitet schon längst. Überdies ist Schröders Einsatz für das GZMB gut acht Jahre her. Und in den Archiven der niedersächsischen Landespolitik mag irgendwo vielleicht auch 'was vermerkt sein über sein persönliches Engagement damals - nur: auf Anfrage wurde nichts gefunden. So wirkte sie denn auch ziemlich bemüht, die Begründung dafür, dem Kanzler den Ehrendoktor in Naturwissenschaften zu verleihen. Ging es daher womöglich auch noch um 'was anderes? Zum Beispiel um die Popularität des geehrten Ex-Hochschülers? Uni-Sprecherin Marietta Fuhrmann-Koch verneint das natürlich und erklärt zu der ganzen Dr.-h.c.-Debatte:

    " Eine Universität steht dafür, dass diskutiert wird. Und auch gerade die Verleihung der Ehrendoktorwürde erfolgt aus unterschiedlichen Gründen. Einer ist immer gewesen, eben auch Leistungen f ü r die Wissenschaft, nicht in der Wissenschaft zu honorieren. Und dieses Element hat man hier gegeben gesehen."

    Der Festakt für Schröder war übrigens von massivem Protest begleitet. Über 1.000 Studenten demonstrierten. Jedoch aus anderem Grund als vor Monaten in Hamburg, als dort des Kanzlers Männerfreund Putin den Dr. h.c. kriegen sollte. Der Unmut richtete sich nämlich gegen Studien-Gebühren, nicht gegen die Auszeichnung Schröders. Das war nur ein Randthema.