Tamara Udschuchu blättert im Inhaltsverzeichnis eines schweren Buches. Mehrere hundert Seiten umfasst der Band, es ist eine Sammlung kaukasischer Märchen und Volkssagen, übersetzt aus insgesamt 19 Sprachen.
"Es gibt zunächst mal die abchasisch-adygeischen Sprachen im Nordwestkaukasus: zum Beispiel Abchasisch, Abasinisch, Adygeisch, Tscherkessisch, Kabardinisch. Dann kommen die Wejnaischen Sprachen: Tschetschenisch und Inguschisch. Es gibt die südkaukasischen, kartvelischen Sprachen: Georgisch, Mingrelisch, Swanisch. Und dagestanische Sprachen im Nordostkaukasus: Zum Beispiel Awarisch, Lagisch, Tabassaranisch, Lesgisch. Die Strukturen all dieser Sprachen kenne ich sehr gut. Aber sprechen kann ich nur Adygeisch, Kabardinisch, Tscherkessisch und Georgisch."
Tamara Udschuchu arbeitet im Kaukasushaus, einem Kulturzentrum in Tiflis. Die Räume stehen voller Bücherregale. Im Innenhof sitzen Menschen und diskutieren. An der Textsammlung der Märchen und Volkssagen haben Wissenschafter aus dem gesamten Kaukasus 25 Jahre lang gearbeitet, über alle Grenzen hinweg - eine echte Pionierarbeit. Viele kaukasische Sprachen existieren nur mündlich, einige werden nur von wenigen tausend Menschen gesprochen. Demnächst soll eine russische Ausgabe dieser Märchen und Sagen erscheinen, denn Russisch ist die Sprache, die fast alle in der Region verstehen. Das Kaukasushaus arbeitet seit 15 Jahren mit Wissenschaftlern und Künstlern aus Russland, Aserbaidschan, Armenien und Georgien zusammen, bringt Menschen aus verfeindeten Regionen an einen Tisch.
Der Krieg habe ihre Jahre lange Arbeit nun zunichte gemacht, klagt Micheil Beruschwili. Er koordiniert die Kultur-Programme im Kaukasushaus.
"Das Vertrauen ist verloren. So viel Blut ist geflossen und so viel Propaganda aus Russland und auch aus Georgien. Und jetzt ist es sehr schwer vorzustellen: Was können wir weiter machen? Wir müssen also wieder versuchen, diese Kontakte wiederherzustellen. Nicht heute, nicht morgen, aber übermorgen."
Eine junge Frau kommt dazu. Tinatin Mosiaschwili arbeitet im Bildungsministerium. Sie lernt im Kaukasushaus Aserbaidschanisch. Aus Interesse, und weil sie meint, dass nur, wer den anderen versteht, dessen Handeln voraussehen kann. So könnten Konflikte vermieden werden. Tinatin Mosiaschwili stammt aus Kvemo Kartli, einer Region in Georgien, in der viele Aserbaidschaner leben. Dort gab es schon öfter soziale Unruhen.
"Dort gibt es sehr viele Probleme, weil die aserbaidschanische Minderheit fast kein Georgisch kann. Bei den Männern geht es noch, denn sie kommen unter Leute, aber die Frauen sitzen nur zu Hause. Deshalb können sie unsere Landessprache, Georgisch, nicht, und auch kein Russisch. Und deshalb haben wir wirklich große Kommunikationsprobleme. Wenn wir die nicht lösen, dann bekommen wir dort demnächst vielleicht auch noch einen Konflikt."
Anfang der Woche, während die EU-Staatschefs in Brüssel über ihr Verhältnis zu Russland berieten, haben hunderttausende Georgier mit Fahnen für ihr Land demonstriert. Dabei waren auch antirussische Stimmen zu hören. Einer verbrannte gar seinen russischen Pass vor Fernsehkameras. Manch ein Georgier möchte nun kein Russisch mehr sprechen. Die Mitarbeiter des Kaukasushauses aber könnten ohne Russisch gar nicht mehr arbeiten. Micheil Beruschwili:
"Unsere kaukasischen Freunde, wenn sie rufen uns an oder wir sprechen, natürlich sprechen wir Russisch. Diese Sprache ist gut, die Sprachkenntnisse ist sehr wichtig."
In den georgischen Schulen aber verdrängen schon seit längerem Englisch und Deutsch das Russische als Fremdsprache. Tinatin Mosiaschwili findet das dumm.
"Ich glaube, gerade jetzt ist es gut, die Sprache des Nachbarn zu können."
"Es gibt zunächst mal die abchasisch-adygeischen Sprachen im Nordwestkaukasus: zum Beispiel Abchasisch, Abasinisch, Adygeisch, Tscherkessisch, Kabardinisch. Dann kommen die Wejnaischen Sprachen: Tschetschenisch und Inguschisch. Es gibt die südkaukasischen, kartvelischen Sprachen: Georgisch, Mingrelisch, Swanisch. Und dagestanische Sprachen im Nordostkaukasus: Zum Beispiel Awarisch, Lagisch, Tabassaranisch, Lesgisch. Die Strukturen all dieser Sprachen kenne ich sehr gut. Aber sprechen kann ich nur Adygeisch, Kabardinisch, Tscherkessisch und Georgisch."
Tamara Udschuchu arbeitet im Kaukasushaus, einem Kulturzentrum in Tiflis. Die Räume stehen voller Bücherregale. Im Innenhof sitzen Menschen und diskutieren. An der Textsammlung der Märchen und Volkssagen haben Wissenschafter aus dem gesamten Kaukasus 25 Jahre lang gearbeitet, über alle Grenzen hinweg - eine echte Pionierarbeit. Viele kaukasische Sprachen existieren nur mündlich, einige werden nur von wenigen tausend Menschen gesprochen. Demnächst soll eine russische Ausgabe dieser Märchen und Sagen erscheinen, denn Russisch ist die Sprache, die fast alle in der Region verstehen. Das Kaukasushaus arbeitet seit 15 Jahren mit Wissenschaftlern und Künstlern aus Russland, Aserbaidschan, Armenien und Georgien zusammen, bringt Menschen aus verfeindeten Regionen an einen Tisch.
Der Krieg habe ihre Jahre lange Arbeit nun zunichte gemacht, klagt Micheil Beruschwili. Er koordiniert die Kultur-Programme im Kaukasushaus.
"Das Vertrauen ist verloren. So viel Blut ist geflossen und so viel Propaganda aus Russland und auch aus Georgien. Und jetzt ist es sehr schwer vorzustellen: Was können wir weiter machen? Wir müssen also wieder versuchen, diese Kontakte wiederherzustellen. Nicht heute, nicht morgen, aber übermorgen."
Eine junge Frau kommt dazu. Tinatin Mosiaschwili arbeitet im Bildungsministerium. Sie lernt im Kaukasushaus Aserbaidschanisch. Aus Interesse, und weil sie meint, dass nur, wer den anderen versteht, dessen Handeln voraussehen kann. So könnten Konflikte vermieden werden. Tinatin Mosiaschwili stammt aus Kvemo Kartli, einer Region in Georgien, in der viele Aserbaidschaner leben. Dort gab es schon öfter soziale Unruhen.
"Dort gibt es sehr viele Probleme, weil die aserbaidschanische Minderheit fast kein Georgisch kann. Bei den Männern geht es noch, denn sie kommen unter Leute, aber die Frauen sitzen nur zu Hause. Deshalb können sie unsere Landessprache, Georgisch, nicht, und auch kein Russisch. Und deshalb haben wir wirklich große Kommunikationsprobleme. Wenn wir die nicht lösen, dann bekommen wir dort demnächst vielleicht auch noch einen Konflikt."
Anfang der Woche, während die EU-Staatschefs in Brüssel über ihr Verhältnis zu Russland berieten, haben hunderttausende Georgier mit Fahnen für ihr Land demonstriert. Dabei waren auch antirussische Stimmen zu hören. Einer verbrannte gar seinen russischen Pass vor Fernsehkameras. Manch ein Georgier möchte nun kein Russisch mehr sprechen. Die Mitarbeiter des Kaukasushauses aber könnten ohne Russisch gar nicht mehr arbeiten. Micheil Beruschwili:
"Unsere kaukasischen Freunde, wenn sie rufen uns an oder wir sprechen, natürlich sprechen wir Russisch. Diese Sprache ist gut, die Sprachkenntnisse ist sehr wichtig."
In den georgischen Schulen aber verdrängen schon seit längerem Englisch und Deutsch das Russische als Fremdsprache. Tinatin Mosiaschwili findet das dumm.
"Ich glaube, gerade jetzt ist es gut, die Sprache des Nachbarn zu können."