Kurdenproteste im südostanatolischen Hakkari - die Einsatzkräfte rasen mit gepanzerten Mannschaftswagen auf die Menge zu und schießen Tränengas-Granaten in die Gassen. Auch in den kurdischen Großstädten Van und Diyarbakir gingen letzte Woche zehntausende Jugendliche auf die Straße und warfen Steine auf die Polizei. Schon seit Monaten brodelt es wieder im türkischen Kurdengebiet in Südostanatolien. Dafür, dass der Unmut nun überkocht, machen viele Kurden den türkischen Ministerpräsidenten Erdogan verantwortlich, etwa der kurdische Markthändler Hüseyin in Diyarbakri:
"Erdogan hat die Kurdenfrage nicht gelöst, mit ihm ist alles noch schlimmer geworden. Er hat mehr Militäroperationen angeordnet, unter ihm hat es noch mehr Gemetzel und Blutbäder gegeben. Wir sind tief enttäuscht von Erdogan."
Dabei hatten die türkischen Kurden große Hoffnungen in Erdogan gesetzt, nachdem dieser ihnen in einer gefeierten Rede auf dem Marktplatz von Diyarbakir vor drei Jahren eine demokratische Lösung des Kurdenkonflikts versprochen hatte, ein Recht auf ihre Sprache und ihre kulturelle Identität.
Bei den Wahlen im vergangenen Jahr räumte Erdogans Partei AKP im Südosten ab und wurde stärkste Partei im Kurdengebiet. Eine Serie von Angriffen der kurdischen PKK-Rebellen auf türkische Grenzposten hat den Ministerpräsidenten seit dem letzten Herbst aber an die Seite des Militärs getrieben. Das Ergebnis sind nicht nur regelmäßige Bombardierungen von Rebellenstellungen, sondern auch ein faktischer Ausnahmezustand in den kurdischen Städten, wo die Sicherheitskräfte mit willkürlichen Festnahmen ein Klima der Angst schaffen.
Zudem hat Erdogan sich entschieden, im Wahlkampf für die in vier Monaten anstehenden Kommunalwahlen auf die nationalistische Klientel zu setzen, von der er sich derzeit mehr Stimmen verspricht als von den ohnehin enttäuschten Kurden. Bei seinem jüngsten Besuch im Kurdengebiet umriss der Ministerpräsident seine neue Kurdenpolitik deshalb so:
"Ein Volk, eine Fahne, ein Vaterland, ein Staat - das ist es, wofür wir eintreten. Für solche, die das nicht wollen, ist in diesem Land kein Platz. Die sollen doch abhauen, wohin sie wollen."
Der nationalistischen Grundstimmung im Westen der Türkei entspricht diese Äußerung durchaus, doch im Südosten des Landes sind viele Kurden tief schockiert von ihrem einstigen Hoffnungsträger, etwa der Diyarbakirer Arbeiter Bülent:
"Dieser Spruch vom Abhauen ist unfassbar. Wir sind Bürger dieser Region, wir sind Kinder dieses Landes. Wenn jemand hier abhauen soll, dann ist es dieser Ministerpräsident."
Von Erdogan und der AKP enttäuscht, sind viele Kurden wieder empfänglicher geworden für die PKK und ihre Kampfparolen. Das Gerücht, dass der inhaftierte PKK-Führer Öcalan in seiner Zelle misshandelt oder gar gefoltert worden sei, beunruhigt auch kurdische Jugendliche wie den arbeitslosen Kadir, der noch ein Kind war, als Öcalan verhaftet wurde:
"Eine unabhängige Kommission sollte ins Gefängnis dürfen, um das zu überprüfen. Ob das wahr ist oder gelogen, das soll aufgeklärt werden. Wir wollen wissen, was die Wahrheit ist. "
Dass die Demonstrationen in den kurdischen Städten von der PKK ferngesteuert seien, wie es die türkischen Medien behaupten, das weisen aber nicht nur die Demonstranten selbst, sondern auch ihre vielen Sympathisanten in den Teehäusern von Südostanatolien zurück. Nicht für die PKK, sondern gegen Armut, Diskriminierung und das Schreckensregiment der Sicherheitskräfte werde demonstriert, sagt der arbeitslose Mehmet:
"Die sagen dort, die PKK würde die kurdischen Jugendlichen in die Städte bringen und auf die Straßen schicken, so ein Quatsch. Als ob die PKK uns zum Demonstrieren schicken würde. Die Leute hier sind wütend, empört. Weil uns Unrecht widerfährt, gehen wir auf die Straße, deshalb."
"Erdogan hat die Kurdenfrage nicht gelöst, mit ihm ist alles noch schlimmer geworden. Er hat mehr Militäroperationen angeordnet, unter ihm hat es noch mehr Gemetzel und Blutbäder gegeben. Wir sind tief enttäuscht von Erdogan."
Dabei hatten die türkischen Kurden große Hoffnungen in Erdogan gesetzt, nachdem dieser ihnen in einer gefeierten Rede auf dem Marktplatz von Diyarbakir vor drei Jahren eine demokratische Lösung des Kurdenkonflikts versprochen hatte, ein Recht auf ihre Sprache und ihre kulturelle Identität.
Bei den Wahlen im vergangenen Jahr räumte Erdogans Partei AKP im Südosten ab und wurde stärkste Partei im Kurdengebiet. Eine Serie von Angriffen der kurdischen PKK-Rebellen auf türkische Grenzposten hat den Ministerpräsidenten seit dem letzten Herbst aber an die Seite des Militärs getrieben. Das Ergebnis sind nicht nur regelmäßige Bombardierungen von Rebellenstellungen, sondern auch ein faktischer Ausnahmezustand in den kurdischen Städten, wo die Sicherheitskräfte mit willkürlichen Festnahmen ein Klima der Angst schaffen.
Zudem hat Erdogan sich entschieden, im Wahlkampf für die in vier Monaten anstehenden Kommunalwahlen auf die nationalistische Klientel zu setzen, von der er sich derzeit mehr Stimmen verspricht als von den ohnehin enttäuschten Kurden. Bei seinem jüngsten Besuch im Kurdengebiet umriss der Ministerpräsident seine neue Kurdenpolitik deshalb so:
"Ein Volk, eine Fahne, ein Vaterland, ein Staat - das ist es, wofür wir eintreten. Für solche, die das nicht wollen, ist in diesem Land kein Platz. Die sollen doch abhauen, wohin sie wollen."
Der nationalistischen Grundstimmung im Westen der Türkei entspricht diese Äußerung durchaus, doch im Südosten des Landes sind viele Kurden tief schockiert von ihrem einstigen Hoffnungsträger, etwa der Diyarbakirer Arbeiter Bülent:
"Dieser Spruch vom Abhauen ist unfassbar. Wir sind Bürger dieser Region, wir sind Kinder dieses Landes. Wenn jemand hier abhauen soll, dann ist es dieser Ministerpräsident."
Von Erdogan und der AKP enttäuscht, sind viele Kurden wieder empfänglicher geworden für die PKK und ihre Kampfparolen. Das Gerücht, dass der inhaftierte PKK-Führer Öcalan in seiner Zelle misshandelt oder gar gefoltert worden sei, beunruhigt auch kurdische Jugendliche wie den arbeitslosen Kadir, der noch ein Kind war, als Öcalan verhaftet wurde:
"Eine unabhängige Kommission sollte ins Gefängnis dürfen, um das zu überprüfen. Ob das wahr ist oder gelogen, das soll aufgeklärt werden. Wir wollen wissen, was die Wahrheit ist. "
Dass die Demonstrationen in den kurdischen Städten von der PKK ferngesteuert seien, wie es die türkischen Medien behaupten, das weisen aber nicht nur die Demonstranten selbst, sondern auch ihre vielen Sympathisanten in den Teehäusern von Südostanatolien zurück. Nicht für die PKK, sondern gegen Armut, Diskriminierung und das Schreckensregiment der Sicherheitskräfte werde demonstriert, sagt der arbeitslose Mehmet:
"Die sagen dort, die PKK würde die kurdischen Jugendlichen in die Städte bringen und auf die Straßen schicken, so ein Quatsch. Als ob die PKK uns zum Demonstrieren schicken würde. Die Leute hier sind wütend, empört. Weil uns Unrecht widerfährt, gehen wir auf die Straße, deshalb."