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Kein Friede ohne Waffen?

Blair: "Heute können wir zumindest von der Hoffnung sprechen, dass die Hand der Geschichte schließlich doch noch die Menschen in Nordirland von der Last des Terrors und der Gewalt befreit und für sie eine neue und friedliche Zukunft formt, insbesondere für die Kinder, deren Zukunft besser sein sollte als ihre Vergangenheit."

Wolfgang Labuhn |
    Der britische Premierminister Tony Blair am 02. Dezember 1999.An jenem Tag trat die sogenannte "Devolution" für Nordirland in Kraft,also die Übertragung weitgehender Exekutiv-Kompetenzen von der Regierung in London, die Nordirland 25 Jahre lang verwaltet hatte, auf demokratisch gewählte Organe in der Provinz. Kaum ein Tag in der jüngeren Geschichte der Britischen Inseln war von mehr Hoffnungen begleitet als jener 02. Dezember 1999. Doch über der Arbeit der neuen nordirischen Selbstverwaltungsorgane, in denen sich Protestanten und Katholiken in Nordirland zum ersten Mal in der Geschichte als Gleichberechtigte die Macht teilten, hing von Anfang an das Damoklesschwert des Datums 12. Februar beschlussfassende Gremium der größten Protestantenpartei der Provinz, deren Führer David Trimble - zugleich Erster Minister der neuen Provinzregierung - wurde, den Verlauf der Entwaffnung der provisorischen IRA bis Ende Januar bewerten und im Falle eines negativen Ergebnisses ihre Minister aus der Provinzregierung abziehen. Nur unter diesem Vorhalt hatte Trimble am 27. November vergangenen Jahres überhaupt die Zustimmung seines Parteirates zur Bildung einer nordirischen Regionalregierung unter Beteiligung von Ministern der Sinn Fein - Partei, des politischen Arms der terroristischen IRA, erhalten. Und diese Zustimmung war mit nur 57 Prozent denkbar knapp ausgefallen. Immerhin war die Ulster Unionist Party damit über ihren Schatten gesprungen und erwartete nun von Sinn Fein und der IRA ebenfalls Konzessionen, wie David Trimble seinerzeit erklärte:

    Trimble: "Wir haben die Notwendigkeit der Entwaffnung nicht auf- gegeben. Das bleibt eine Priorität. Aber wir sind jetzt bereit, eine Weile abzuwarten, ob etwas in dieser Richtung passiert. Es muss aber in Kürze etwas geschehen, sonst wär's das wohl gewesen. Wir stellen diese Leute jetzt auf die Probe. Wir stellen ihre Ernsthaftigkeit auf die Probe. Wir haben unseren Teil beigetragen. Jetzt, Mr. Adams, sind Sie an der Reihe."

    Damit war zugleich klar, dass von der Lösung des Problems der Entwaffnung aller paramilitärischen Gruppen Nordirlands nicht nur das Schicksal der Regierung Trimble, sondern wohl auch des gesamten nordirischen Friedensprozesses abhängen würde. Speziell die Frage der IRA-Entwaffnung hatte bereits seit dem Sommer des vergangenen Jahres die gesamte sogenannte "Devolution" blockiert. Die Unionisten waren nicht bereit, eine Regierung gemeinsam mit Politikern zu bilden, hinter denen bewaffnete Terroristen stünden. Das Problem war den Verfassern des Karfreitagsabkommens vom 10. April 1998 natürlich ebenso bewusst wie die Schwierigkeit seiner Lösung. Entsprechend vage ist der Abschnitt "Entwaffnung" im Karfreitagsabkommen formuliert. Er lautet:

    "Alle Beteiligten (...) bekräftigen ihre Verpflichtung zur völligen Entwaffnung aller paramilitärischen Organisationen. Sie bestätigen auch ihre Absicht, konstruktiv und in gutem Glauben mit der Unabhängigen Kommission zusammenzuarbeiten und jeden Einfluss, den sie haben, mit dem Ziel einzusetzen, innerhalb von zwei Jahren nach der Bestätigung des Abkommens durch Volksabstimmungen im Norden und im Süden Irlands und im Kontext der Erfüllung der gesamten Vereinbarung die Niederlegung aller paramilitärischen Waffen zu erreichen."

    Nachdem es im Sommer vergangenen Jahres wegen der ungeklärten Entwaffnungsfrage nicht gelungen war, eine Provinzregierung für Nordirland zu bilden, vereinbarten alle Seiten eine sogenannte "Review" des Friedensprozesses, eine Überprüfung des Erreichten und der noch offenen Fragen mit dem Ziel, Probleme im Konsens zu überwinden. Diesen Kompromiss-Mechanismus sieht das Karfreitagsabkommen vor. Den Durchbruch erreichte im Spätherbst vergangenen Jahres nach wochenlangen mühsamen Gesprächen mit allen Seiten wieder einmal der ehemaligen US-Senator George Mitchell, der als Sonderbeauftragter von US-Präsident Clinton in den nordirischen Friedensprozess eingeschaltet war und der schon am Zustandekommen des Karfreitagsabkommens vom 10. April 1998 entscheidenden Anteil hatte.

    Der Durchbruch bestand seinerzeit darin, die paramilitärischen Gruppen, insbesondere die IRA, zur Benennung von Unterhändlern zu verpflichten, die mit der Internationalen Entwaffnungskommission unter Leitung des kanadischen Ex-Generals John de Chastelain Gespräche über die Modalitäten der Entwaffnung aufnehmen. sollten. Erst nach diesem Schritt konnten die nordirischen Selbstverwaltungsorgane und die weiteren aufgrund des Karfreitagsabkommens eingerichteten Institutionen mit der Arbeit beginnen, nachdem die Parlamente in London und Dublin die nötigen gesetzlichen Voraussetzungen dafür geschaffen hatten.

    Warum die Frage der Entwaffnung aller paramilitärischen Gruppen in Nordirland von so zentraler Bedeutung für den Friedensprozess in der Provinz ist, verdeutlicht ein Blick auf die Waffenarsenale der Terroristen. Die Zeitschrift The Observer stellte unlängst zusammen, welche Informationen der Polizei in Nordirland und in der Republik Irland dazu vorliegen. Demzufolge lagert die IRA in einem Netz von über ganz Irland verstreuten unterirdischen Bunkern ausreichend Munition, um jeden Mann, jede Frau und jedes Kind in Nordirland erschießen zu können. Auch die terroristischen Gruppen der Protestanten haben ausreichende Waffen- und Sprengstoffmengen, um in einem bürgerkriegsähnlichen Konflikt Tausende von Menschen töten oder verstümmeln zu können.

    Das Waffenarsenal der provisorischen IRA umfasst - genügend Waffen, um zwei komplette Infanterie-Battalione ausrüsten zu können - schätzungsweise 800 - 1000 Kalaschnikow-Gewehre des Typs AK-47, die überwiegend in den 80er Jahren aus Libyen nach Irland geschmuggelt wurden - bis zu 400 Handfeuerwaffen, von denen 200 im Laufe der letzten beiden Jahren von Ira-Unterstützern in den USA auf dem Postweg nach Irland geschickt wurden - 29 schwere Maschinengewehre überwiegend sowjetischen Typs, die von Libyen geliefert wurden - 25 schwere Waffen, darunter 2 sowjetische Boden-Luft-Raketen und 2 amerikanische Präzisionsgewehre, mit denen bereits 10 Polizisten und Soldaten in Armagh erschossen wurden - zwei Tonnen Semtex-Sprengstoff aus Libyen (weitere vier Tonnen wurden bereits eingesetzt bzw. von den Sicherheitskräften entdeckt) - etwa 1,5 Millionen Schuss Munition - ein riesiges Arsenal selbstgebauter Mörser und Abschussanlagen für panzerbrechende Waffen. Mit einigen dieser Mörser sind bereits britische Armee-Hubschrauber abgeschossen worden.

    Die Splittergruppe "Wahre IRA", die im August 1998 für den Bombenanschlag von Omagh verantwortlich war, bei dem 29 Menschen starben, verfügt über

    - mehrere sowjetische RPG-18 Raketenabschusseinrichtungen, die im vergangenen Jahr im früheren Jugoslawien gekauft wurden - rund ein Dutzend AK-47 Gewehre - eine unbekannte Menge Semtex-Sprengstoff und kommerziell erhältlichen Sprengstoffs, der zum Teil IRA-Waffenlagern entnommen wurde, als sich die "Wahre IRA" 1987 von der IRA löste - etwa ein Dutzend Handfeuerwaffen

    Auf protestantischer Seite besitzen die Ulster Volunteer Force UVF und die Ulster Defence Association UDA mit ihrem terroristischen Flügel Ulster Freedom Fighters UFF die meisten Waffen. In den Lagern der Ulster Volunteer Force vermutet man

    - etwa 80 AK-47 Gewehre, die 1987 aus dem Südlibanon nach Nordirland geschmuggelt wurden - Hunderte selbstgebauter Maschinenpistolen, die von UVF- Anhängern in der feinmechanischen Industrie heimlich gefertigt wurden - etwa 100 osteuropäische Nachbauten der israelischen Uzi- Maschinenpistole - zwei Tonnen Plastiksprengstoff - 500 Handfeuerwaffen - 180 Handgranaten

    Die Ulster Defence Association/Ulster Freedom Fighters schließlich besitzen

    - etwa 100 Uzi-Maschinenpistolen, die von Waffenschmugglern in der früheren Sowjetunion erworben wurden - rund 100 AK-47 Gewehre aus dem Südlibanon - mehrere hundert selbstgebaute Waffen, darunter Maschinenpistolen und Handfeuerwaffen - mehrere hundert weitere Handfeuerwaffen - etwa 180 Handgranaten aus sowjetischer Produktion.

    Vor allem der Blick auf das umfangreiche IRA-Waffenarsenal zeigt, weshalb die britische Regierung und die Ulster Unionist Party die IRA jetzt so eindringlich auffordern, über die prinzipielle Bereitschaft zur Klärung der Entwaffnungsfrage hinaus präzise mitzuteilen, wann und vor allem wie die Entwaffnung konkret erfolgen soll. Doch die "provisorische Irisch-Republikanische Armee", 1970 als Abspaltung von der alten IRA gegründet, der junge katholische Aktivisten nicht mehr den Schutz der katholischen Wohngebiete vor Übergriffen protestantischer Schlägertrupps zutrauten, sah und sieht sich als regelrechte Untergrund - "Armee" mit straffer Kommandostruktur und klaren Zielen, nämlich dem Sieg über alle militärische Kräfte Großbritanniens in Nordirland, also der dort stationierten Streitkräfte und der von Protestanten dominierten Polizeitruppe "Royal Ulster Constabulary". Gegner waren natürlich auch die paramilitärischen Gruppen der Protestanten.

    Die IRA betrachtet sich als "im Kampf unbesiegte Armee", die sich zwar seit über vier Jahren an den selbsterklärten Waffenstillstand hält, aber keinen Friedensvertrag unterschrieben hat. Die Abgabe ihrer Waffen in dieser Situation angesichts der weiterhin hohen britischen Militärpräsenz in Nordirland und der schwer bewaffneten Polizei käme für die IRA einer Kapitulation gleich, zu der sie keinen Anlass sieht - daher ihre bisherige Zurückhaltung in der Entwaffnungsfrage.

    Am 31. Januar übergab die Entwaffnungskommission den Regierungen in London und Dublin einen weiteren Bericht. Er wurde zunächst nicht veröffentlicht, woraus Beobachter umgehend den Schluss zogen, dass er keine guten Nachrichten enthalten konnte. Sein Kernsatz:

    "Bis heute haben wir von der IRA keine Informationen zum Zeitpunkt des Beginns ihrer Entwaffnung erhalten."

    Die Kommission wies ferner warnend darauf hin:

    "Angesichts der vermuteten Waffenmengen in den Händen der paramilitärischen Gruppen und ihrer verstreuten Aufbewahrungsorte sind wir der Ansicht, dass bald der Zeitpunkt kommt, nach dem es für uns logistisch unmöglich sein wird, unsere Aufgabe bis zum 22. Mai abzuschließen."


    Es folgten zwei Wochen hektischer Bemühungen der Regierungen in London und Dublin und der Politiker in Belfast, bis zur Parteiratssitzung der Ulster Unionist Party die nordirische Selbstverwaltung doch noch zu retten. Insbesondere Sinn Fein - Politiker wie Gerry Adams und Martin McGuinness, zu der Zeit noch Erziehungsminister im Kabinett Trimble, beteuerten unablässig, Tag und Nacht an der Rettung der nordirischen Institutionen zu arbeiten mit dem Hinweis, die IRA sei nur dann zu einer konstruktiven Rolle im Entwaffnungsprozess bereit, wenn die Selbstverwaltungsorgane unter Sinn Fein-Beteiligung weiterarbeiteten. Doch die IRA blieb hart. Am 5. Februar teilte sie in einer schriftlichen Erklärung mit:

    "Die IRA glaubt, dass diese Krise abgewendet und die Waffenfrage gelöst werden kann. (...) Dies wird aber nicht zu britischen oder unionistischen Bedingungen geschehen und wird auch nicht durch britische legislative Drohungen vorangebracht."


    Denn Nordirland-Minister Peter Mandelson hatte am Tag zuvor bereits den Entwurf für die Gesetzgebung vorgelegt, die es ihm ermöglichen sollte, die nordirische Selbstverwaltung wieder auf- zuheben. Die Gesetzgebung wurde in der vergangenen Woche im Eilverfahren durch beide Häuser des britischen Parlaments in London gebracht, während die intensiven politischen Bemühungen um einen Ausweg aus der Krise weitergingen. Premierminister Tony Blair wies am 06. Februar auf einer Labour- Konferenz alle Sinn Fein - Vorwürfe zurück, die britische Regierung setze der IRA ungerechtfertigte Ultimaten:

    Blair: "Ich stehe hier nicht als britischer Premierminister, der Forderungen erhebt. Ich kann niemanden zwingen, etwas zu tun. Ich kann nur sagen, dass wir jetzt wissen müssen, ob es geschieht oder nicht."


    Am vergangenen Freitag überschlugen sich die Ereignisse. Immer noch war unklar, ob die IRA sich tatsächlich in der Entwaffnungsfrage bewegen und den Regierung in London und Dublin tatsächlich die gewünschte Klarheit über den Beginn und Zeitplan ihrer Entwaffnung geben würde. Nordirlandminister Mandelson war unterdessen eindeutig gewillt, Parlament und Regierung in Nordirland zu suspendieren, um das politische Chaos zu vermeiden, das der Rücktritt des Ersten Ministers David Trimble und seiner Ministerkollegen aus den Reihen der Ulster Unionist Party nach der für den folgenden Tag angesetzten Parteiratssitzung der Unionisten ausgelöst hätte.

    Während die Öffentlichkeit gespannt darauf wartete, dass die britische Regierung die Suspendierung der Nordirland-Devolution bekannt gab, versuchten Sinn Fein - Politiker diesen Schritt noch in letzter Minute zu verhindern. Um 17.20 Uhr teilte Sinn Fein - Präsident Gerry Adams mit, der britischen und der irischen Regierung sei ein

    "neuer und bedeutsamer Vorschlag zur Lösung der Waffenfrage"

    unterbreitet worden. Während Adams von einem Durchbruch sprach, gab die Regierung in London 20 Minuten später bekannt, die Arbeit der nordirischen Exekutive sei ausgesetzt und Nordirland werde wieder direkt von London aus verwaltet. Nordirlandland-Minister Peter Mandelson:

    Mandelson: "In den letzten Tagen gab es intensive Gespräche, bei denen es in der Tat echte Fortschritte gab, Sie reichten mir aber nicht aus, um auf die Suspendierung von Parlament und Regierung in Nordirland zu verzichten."

    Zum Beleg dafür veröffentlichte Mandelson um 18.30 Uhr den schon zitierten pessimistischen Bericht der Entwaffnungskommission vom 31. Januar. Um 19.15 erhielt Mandelson einen weiteren Bericht der Kommission, der zwei Stunden später veröffentlicht wurde. Er bestätigt die Sinn Fein - Interpretation eines Durchbruchs in der Entwaffnungsfrage. Zur Haltung der IRA heisst es darin:

    "Ihr Vertreter deutete uns gegenüber heute den Kontext an, in dem die IRA einen umfassenden Prozess einleiten wird, um die Waffen in einer Weise einer Nutzung zu entziehen, die das grösstmögliche Vertrauen der Öffentlichkeit sicherstellt. Die Kommission glaubt, dass diese Verpflichtung (...) die echte Aussicht auf eine Vereinbarung eröffnet, die es der Kommission ermöglichen würde, den Kern ihres Mandats zu erfüllen."


    Um 21.30 war klar, dass Nordirland nicht nur seine Selbstverwaltung verloren hatte, sondern damit auch eine Krise in den irisch-britischen Beziehungen aufkeimte. Während die britische Regierung am späten Freitagabend mitteilte, London und Dublin begruessten den Bericht als "Entwicklung von wirklicher Bedeutung", auf deren Grundlage die Entwaffnungsverhandlungen fortgesetzt würden, lehnte die irische Regierung am gleichen Abend eine gemeinsame Erklärung mit London zu diesem Thema ab, während Sinn Fein - Politiker seitdem der britischen Regierung vorwerfen, sich in der Entwaffnungsfrage dem Druck der Unionisten gebeugt und im übrigen eine historische Chance verspielt zu haben.

    Vor dem Unterhaus in London rechtfertigte Mandelson seinen Schritt gestern noch einmal, indem er für seine Bewertung des IRA- Angebots Seamus Mallon von der Sozialdemokratischen und Labour- Partei als Kronzeugen aufbot, einen Veteranen der irisch-nationalistischen Sache, der bis Freitag stellvertretender Regierungschef von Nordirland war:

    Mandelson: "Es war zu unspezifisch, und es kam zu spät. Es liefert zwar die Grundlage für die Antwort auf die "Ob?"-Frage von Seamus Mallon, aber nicht auf seine Frage nach dem "Wann?" und "Wie?"

    Die Aufhebung der nordirischen Selbstverwaltung wirft nun als erstes juristische Fragen auf. Die tief verstimmte Regierung in Dublin hat London bereits aufgefordert, die Aussetzung der "Devolution" für Nordirland in den kommenden Tagen wieder rückgängig zu machen, da die irische Verfassung nach den Worten von Premier- minister Bertie Ahern eine solche Suspendierung nicht vorsehe. Unklar ist ferner, ob die Suspendierung nur Parlament und Regierung in Nordirland betrifft oder auch die übrigen als Folge des Karfreitagsabkommens gebildeten Organe wie den Nord-Süd-Ministerrat, in dem die Regierungen in Belfast und Dublin über gemeinsam irische Belange berieten.

    Der Friedensprozess selbst dürfte nach einer Denk- und Atempause einmal mehr einer förmlichen Überprüfung unter- zogen werden. Der ehemalige US-Senator George Mitchell steht dafür nicht mehr zur Verfügung, ließ er erklären. Wie es heisst, will Nordirlandminister Peter Mandelson die Ueberpruefungsrunde nun gemeinsam mit dem irischen Außenminister Brian Cowen leiten.

    Während niemand im Moment ernsthaft erwartet, dass die IRA und die paramilitärischen Protestantengruppen wieder zu den Waffen greifen, ist das Verhalten einiger IRA-Splittergruppen völlig unkalkulierbar. Eine von ihnen, die "Continuity IRA" zündete am 06.Februar bereits wieder eine Bombe vor einem Hotel in Nordirland, die beträchtlichen Sachschaden anrichtete. Und Martin McGuinness, der ehemalige IRA-Kommandant von Londonderry und spätere Sinn Fein-Chefunterhändler im Friedensprozess, der bis zum vergangenen Freitag nordirischer Bildungsminister war, gab zum Fortgang des Friedensprozesses eine düstere Prognose ab:

    McGuinness: " Wir in der Sinn Fein - Partei meinen, für die britische Regierung sollte die Einsicht von entscheidender Bedeutung sein, dass die Institutionen in dieser Woche wiedereingesetzt werden. Viele unter den irischen Nationalisten glauben, dass wir alle größte Probleme bekommen, werden, wenn der Friedensprozess einer erneuten Überprüfung unterzogen wird. Und die Chancen, aus dieser Überprüfung jemals wieder herauszukommen, sind nach meiner Einschätzung praktisch gleich null."