Was in einem renommierten Wissenschaftsmagazin wie "Nature" oder "Science" steht, das stimmt - so die weit verbreitete Meinung. Ein Artikel dort gilt vielen Forschern und Journalisten fast schon als ewige Wahrheit. Vor knapp eineinhalb Jahren sorgten zwei US-Astronomen für Aufsehen, als sie über die Beobachtungen des extrem leuchtstarken Gamma Ray Burst vom 6. Dezember 2002 mit dem Satelliten RHESSI berichteten. Claudia Wigger, Physikerin am Paul-Scherrer-Institut in Villigen in der Schweiz, las das mit großem Interesse:
Da war ein Artikel in "Nature", dass das Licht von diesem Gamma Ray Burst polarisiert sei. Und da unser Institut an RHESSI mitgebaut hat, haben wir begonnen, die Daten anzuschauen. Dann haben wir sehr schnell gemerkt, dass da irgendetwas faul ist und dass auch die Details in diesem Artikel nicht stehen und dass dabei sehr viele diffizile Fragen zu beantworten sind, die ein bisschen Zeit brauchen und gute Ideen, wie man das machen will.
Salopp gesagt schwingen polarisierte Lichtwellen nicht gleichmäßig in alle Richtungen, sondern entlang bestimmter Vorzugsrichtungen, als ob das Licht durch eine Art Filter gelaufen sei. Bei Gammastrahlen ist so eine Messung sehr schwierig - zumal der RHESSI-Satellit für Beobachtungen von Sonneneruptionen konzipiert ist und Gamma Ray Bursts nur als "Beifang" registriert. Claudia Wigger hat sich mit ihrem Team noch einmal durch die Beobachtungen jenes vermeintlich polarisierten Gamma Ray Burst gewühlt - ihre sehr detaillierte und sorgfältige Analyse wurde jetzt von den internationalen Experten in Rom geradezu umjubelt:
Diese Daten sind so: Man kennt die Größen in der Physik ja immer nur mit einer gewissen Genauigkeit. Und diese Genauigkeit lässt zu, dass da gar kein Effekt vorhanden ist, also gar nicht polarisiert. Aber die Genauigkeit lässt eben auch zu, dass der Gamma Ray Burst völlig polarisiert gewesen wäre, und man kann einfach nichts sagen. Das ist ein bisschen frustrierend nach so viel Arbeit - aber jetzt in die Sache wenigstens richtig.
Die Polarisation eines Gamma Ray Burst wäre so schön gewesen. Denn messen die Astronomen von einem Objekt polarisierte Strahlung, so erlaubt das sofort Schlüsse auf die physikalischen Bedingungen vor Ort. Daher mühen sich die Astronomen schon lange, bei den geheimnisvollen Gamma Ray Bursts polarisiertes Licht zu entdecken.
Von Gamma Ray Bursts beobachtet man einfach das zeitliche Verhalten, das sind Blitze von wenigen Sekunden. Man kennt die Energien, man kennt das zeitliches Verhalten und versteht einfach recht wenig über Gamma Ray Bursts im Ganzen. Das wäre jetzt einfach die Hoffnung, wenn man noch eine weitere Information von den Photonen hat, nämlich ihren Polarisationszustand, dass man dann etwas mehr Ideen hätte, was für eigentlich bei der Entstehung der Gamma-Ray-Bursts-Prozesse ablaufen.
Stark polarisiertes Licht eines Gamma Ray Burst hieße, dass bei der gewaltigen Explosion die leuchtende Materie entlang intensiver Magnetfelder herausgeschleudert wird, die über große Entfernungen völlig gleichmäßig sind. Das halten viele Theoretiker für sehr unwahrscheinlich. Die in "Nature" publizierte vermeintliche Entdeckung, deren Autoren in Rom aus Termingründen nicht anwesend sind, hatte daher für großes Aufsehen gesorgt - und kurioserweise eine ganze Reihe von neuen theoretischen Arbeiten nach sich gezogen.
Fazit: Die Polarisation ist nun wieder völlig offen. Zudem zeigt sich, dass die existierenden Satelliten nicht empfindlich genug sind für solche Messungen. In Rom - und sicher nicht nur dort - fragen sich aber viele, ob es mittlerweile selbst in wissenschaftlichen Publikationen oft mehr um die schnelle Schlagzeile geht. Claudia Wigger:
Manchmal frage ich, ob irgendwo ein kultureller Unterschied dazu kommt. In der Schweiz ist man mit dem, was man sagt, gründlich und langsam. Wir waren langsam und gründlich. Die anderen waren einfach schneller. Ich glaube, in der Astronomie ist es auch üblich, dass man schnell ist. Das ist vielleicht ein bisschen unser Nachteil. Aber jetzt ist, glaube ich, alles zu einem guten Ende gekommen.
Wie oft aber nimmt die Wissenschaftler-Gemeinde - keineswegs nur in der Astronomie! - einen in renommierten Zeitschriften publizierten Befund einfach hin?
Da war ein Artikel in "Nature", dass das Licht von diesem Gamma Ray Burst polarisiert sei. Und da unser Institut an RHESSI mitgebaut hat, haben wir begonnen, die Daten anzuschauen. Dann haben wir sehr schnell gemerkt, dass da irgendetwas faul ist und dass auch die Details in diesem Artikel nicht stehen und dass dabei sehr viele diffizile Fragen zu beantworten sind, die ein bisschen Zeit brauchen und gute Ideen, wie man das machen will.
Salopp gesagt schwingen polarisierte Lichtwellen nicht gleichmäßig in alle Richtungen, sondern entlang bestimmter Vorzugsrichtungen, als ob das Licht durch eine Art Filter gelaufen sei. Bei Gammastrahlen ist so eine Messung sehr schwierig - zumal der RHESSI-Satellit für Beobachtungen von Sonneneruptionen konzipiert ist und Gamma Ray Bursts nur als "Beifang" registriert. Claudia Wigger hat sich mit ihrem Team noch einmal durch die Beobachtungen jenes vermeintlich polarisierten Gamma Ray Burst gewühlt - ihre sehr detaillierte und sorgfältige Analyse wurde jetzt von den internationalen Experten in Rom geradezu umjubelt:
Diese Daten sind so: Man kennt die Größen in der Physik ja immer nur mit einer gewissen Genauigkeit. Und diese Genauigkeit lässt zu, dass da gar kein Effekt vorhanden ist, also gar nicht polarisiert. Aber die Genauigkeit lässt eben auch zu, dass der Gamma Ray Burst völlig polarisiert gewesen wäre, und man kann einfach nichts sagen. Das ist ein bisschen frustrierend nach so viel Arbeit - aber jetzt in die Sache wenigstens richtig.
Die Polarisation eines Gamma Ray Burst wäre so schön gewesen. Denn messen die Astronomen von einem Objekt polarisierte Strahlung, so erlaubt das sofort Schlüsse auf die physikalischen Bedingungen vor Ort. Daher mühen sich die Astronomen schon lange, bei den geheimnisvollen Gamma Ray Bursts polarisiertes Licht zu entdecken.
Von Gamma Ray Bursts beobachtet man einfach das zeitliche Verhalten, das sind Blitze von wenigen Sekunden. Man kennt die Energien, man kennt das zeitliches Verhalten und versteht einfach recht wenig über Gamma Ray Bursts im Ganzen. Das wäre jetzt einfach die Hoffnung, wenn man noch eine weitere Information von den Photonen hat, nämlich ihren Polarisationszustand, dass man dann etwas mehr Ideen hätte, was für eigentlich bei der Entstehung der Gamma-Ray-Bursts-Prozesse ablaufen.
Stark polarisiertes Licht eines Gamma Ray Burst hieße, dass bei der gewaltigen Explosion die leuchtende Materie entlang intensiver Magnetfelder herausgeschleudert wird, die über große Entfernungen völlig gleichmäßig sind. Das halten viele Theoretiker für sehr unwahrscheinlich. Die in "Nature" publizierte vermeintliche Entdeckung, deren Autoren in Rom aus Termingründen nicht anwesend sind, hatte daher für großes Aufsehen gesorgt - und kurioserweise eine ganze Reihe von neuen theoretischen Arbeiten nach sich gezogen.
Fazit: Die Polarisation ist nun wieder völlig offen. Zudem zeigt sich, dass die existierenden Satelliten nicht empfindlich genug sind für solche Messungen. In Rom - und sicher nicht nur dort - fragen sich aber viele, ob es mittlerweile selbst in wissenschaftlichen Publikationen oft mehr um die schnelle Schlagzeile geht. Claudia Wigger:
Manchmal frage ich, ob irgendwo ein kultureller Unterschied dazu kommt. In der Schweiz ist man mit dem, was man sagt, gründlich und langsam. Wir waren langsam und gründlich. Die anderen waren einfach schneller. Ich glaube, in der Astronomie ist es auch üblich, dass man schnell ist. Das ist vielleicht ein bisschen unser Nachteil. Aber jetzt ist, glaube ich, alles zu einem guten Ende gekommen.
Wie oft aber nimmt die Wissenschaftler-Gemeinde - keineswegs nur in der Astronomie! - einen in renommierten Zeitschriften publizierten Befund einfach hin?