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Kiefernspinner
Von gefräßigen Raupen und verzweifelten Förstern

In der Niederlausitz in Brandenburg hat sich in diesem Jahr die gefräßige Kiefernspinnerraupe weit verbreitet. Hinterlassen hat sie kahle Kiefernwälder – und verzweifelte Förster. Nur der Einsatz von Insektiziden hätte die Tiere stoppen können. Doch diese sind seit Beginn des Jahres in Naturschutzgebieten tabu.

Von Jens Falkowski |
    Wenn Arne Barkhausen von der Oberförsterei in Lieberose durch den kahl gefressen Wald geht, ist er jedes Mal schockiert.
    "Das ist für uns und für viele Förster hier in der Region das erste Mal, dass wir so einen großen Schaden haben. So etwas haben sogar die älteren Kollegen noch nicht erlebt."
    Auf rund 500 Hektar Kiefernwald haben die Raupen des Kiefernspinners ganze Arbeit geleistet. Die Bäume sind kahl, nur in den obersten Wipfeln sind noch ein paar grüne Nadeln übrig geblieben. Ein besonders gutes Jahr für die Ausbreitung des Schädlings, sagt Arne Barkhausen.
    "Die Kieferngroßschädlinge, wie Kiefernspinner oder auch die Nonne, kommen alle 10 bis 15 Jahre wieder in einer großen Kalamität, wie wir sagen, und fressen uns die Nadeln ab von den Bäumen. Das verstärkt sich in den letzten Jahren auch wegen der Klimaerwärmung. Sie finden hier ideale Bedingungen dadurch dass die Kiefer als Monokultur da ist. Die Kiefernadeln schmecken denen eben besonders gut, und sie fangen vorne an zu fressen und hören hinten wieder auf."
    Zusehen beim Kahlfraß
    Beim Kahlfraß können Arne Barkhausen und seine Kollegen nur zusehen. Bisher konnten sie mit Insektiziden gegen einen solchen Ausbruch vorgehen. Doch das Bundesamt für Verbraucherschutz hat dies jetzt auf den Naturschutzflächen, wie in Lieberose, untersagt. Arne Barhausen sieht dadurch seine Arbeit für den Wald bedroht.
    "Wenn die Nadeln nicht dran sind an den Bäumen, kann der Baum nicht zuwachsen. Dadurch haben wir Holzverluste, die man auch in Euro und Cent ausrechnen kann. Zum zweiten der Waldumbau, den wir hier vorantreiben wollen, funktioniert auf diesen armen Böden unseres Erachtens nur unter dem schützenden Schirm von Altholz. Wenn die alten Bestände alle abgestorben sind und wir auf Freiflächen Birke oder Eiche pflanzen müssten, haben wir große Schwierigkeiten, diese jungen Laubbäume hochzubekommen."
    Das der Wald großflächig absterben könnte, hält Werner Kratz vom NABU in Brandenburg für ein Gerücht. Aus seiner Sicht leiden die Kiefern in dieser Region ohnehin unter Stress, da sie zu eng gepflanzt sind und auf den trockenen Böden keinen Zugang zum Grundwasser haben.
    "Jetzt kommt ein Insekt hinzu, was die Nadeln abfrisst. Dort ist zeitlich eingeschränkt die Fotosynthese stark herunterfährt. Damit haben die Bäume einen geringeren Biomassezuwachs. Für den Förster eben weniger Holz in dieser Zeit. Uns sind aber keine Belege bekannt aus der Forstgeschichte für den ostdeutschen Raum, dass durch solche Massenvermehrungen Bestände absterben."
    Eine Lösung für das Problem sieht der NABU nur in einem konsequenten Waldumbau. Der Einsatz von Giften würde viele Insektenarten treffen, nicht nur den Kiefernspinner. Doch der ist auf den Flächen schwierig. Nur Birken und vereinzelt Eichen haben hier eine Chance. Werner Kratz sieht dabei die Förster vor Ort durch die Politik des Landes Brandenburg ausgebremst.
    "Wir vom NABU Brandenburg sind eben der Meinung, dass man schnellstens versuchen müsste, solche Monokulturen umzubauen. Waldumbauprogramm Brandenburg, so etwas gibt es ja. Allerdings sind die Gelder, die dafür bereitgestellt werden, unseres Erachtens viel zu gering, um jetzt auch großflächig diese Sünden der Vorväterforstgeneration letztendlich dann auszubügeln."
    Insektizide für den Notfall
    Für den Notfall hofft Arne Barkausen vom Landesforst aber doch noch auf den Einsatz von Insektiziden.
    "Unser großer Wunsch ist, dass wir für das kommende Jahr eine Sondergenehmigung bekommen, um hier mit einem Pflanzenschutzmittel agieren zu können, damit sich die Wälder erholen können."
    Einen anderen Weg geht die Stiftung Landschaftsschutz Brandenburg. Ihre Flächen grenzen an das Naturschutzgebiet. Fachlich stehen hier die Mitarbeiter zur Position des NABU. Eine Bekämpfung des Kiefernspinners ist hier nicht geplant.