" Als Marius vier Monate alt war, musste mein Mann weg. Wir sind hier geblieben, wir hatten ja den Gemüsegarten. In dem Jahr ist nichts richtig gewachsen. Wir waren damals erst ein Jahr verheiratet, unser Haus war sehr alt, und wir hatten überhaupt keine Perspektive hier im Land. Mein Mann war anderthalb Jahre nicht zuhause. Ich habe Marius erzählt, dass Papa in Italien ist, aber als er nach anderthalb Jahren wiederkam, sagte Marius zu ihm: Onkel. Bis Marius fünf war, bin ich geblieben, dann musste auch ich fahren, denn es ist ja doch etwas anderes, wenn man zu zweit verdient. Ich habe Marius bei meiner Mutter gelassen, er war sehr verständig und brav. Aber wir haben uns gequält. Wir haben gelitten, und wir dachten, das Getrenntsein macht uns alle todkrank. "
Mitica Jalba zersägt alte Bretter. Eigentlich ist er Maschinenschlosser, aber in Italien hat er als Bauarbeiter nicht nur Geld verdient, sondern auch viel gelernt. So konnte er für sich und seine Familie ohne Hilfe von Maurern, Klempnern und Elektrikern ein neues Haus bauen. Es ist ein großes, komfortables zweistöckiges Haus. Zwischen den kleinen Bauernhütten der Nachbarn sieht es aus, als sei es zufällig aus einer anderen Welt hierher gebracht worden.
Mitica Jalba arbeitet als Handwerker auch für andere Leute im Dorf - gerade verputzt und glättet er im Haus eines Bekannten die Wände. Es sind noch nicht viele, die, wie er, den Schritt zurück in die arme Heimat gewagt haben. Doch Mitica Jalba glaubt, dass er auch in Rumänien leben kann. Er will demnächst sogar eine eigene Handwerksfirma gründen.
" Wir werden Häuser und Gebäude bauen, und zwar schlüsselfertig. Angefangen von den Mauern und vom Putz bis hin zu Fußböden und Kacheln. Ich hoffe, ich kann davon leben. Erstmal werde ich nicht dasselbe verdienen wie in Italien, aber Stück für Stück werden vielleicht auch hier im Land die Gehälter steigen, so dass wir irgendwann das dortige Niveau erreichen. "
Im Haus der Jalbas. Der elfjährige Marius klimpert auf einer Elektroorgel, die Eltern hören zu. Er ist ein schüchterner, stiller Junge und möchte nicht darüber sprechen, wie es war, jahrelang ohne Mutter und Vater zu leben.
Silvia Jalba hält ihren zweiten Sohn auf dem Arm, den sechs Monate alten Angelo, den sie noch drüben, in Italien, geboren hat. Sie lächelt. Sie ist froh, zuhause zu sein, sagt sie, nicht einmal mehr in den Urlaub möchte sie nach Italien fahren.
" Wir haben dort ehrlich gearbeitet. Wir waren eine ruhige Familie und haben Geld nach Hause geschickt. Im Fernsehen wurde die ganze Zeit nur von den Ausländern geredet. Ich glaube, es ist besser hier. Hier wird niemand mehr auf der Straße Ausländerin zu mir sagen. Denn ich bin hier geboren. Ja! "