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"Klänge der Nacht" Musik für Traversflöte und Clavichord

Die CD des Labels trägt den schönen Titel "Klänge der Nacht", und dementsprechend ist das Cover auch nachtblau. Fast überflüssig zu sagen, dass die Verpackung der, wie gesagt, audiophilen CDs geradezu bibliophil zu nennen ist: Die Hüllen sind aus sehr guter Pappe gefertigt, exquisit aufgemacht, die Booklets hervorragend gedruckt und wirklich außerordentlich informativ. Bei "Raum Klang" wird offenbar das Medium CD noch nicht als Wegwerfware betrachtet. Aber zu den "Klängen der Nacht": Da haben der Flötist Benedek Csalog und der Cembalist Miklós Spányi Werke von Johann Philipp Kirnberger und Johann Gottfried Müthel aufgenommen. Produktionsort war das Schönefelder Schloß, und das Besondere an dem Ganzen ist ein Straube-Clavichord von 1787, das normalerweise seinen Standort in der Sammlung der Universität Leipzig hat. Csalogs Traversflöte und dieses altehrwürdige Clavichord ergeben nun zusammen tatsächlich einen äußerst lebendigen Zusammenklang, und man sollte den Titel "Klänge der Nacht" nicht mißverstehen. Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da, lautete eine Chanson aus den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts, und offenbar verhielt es sich im 18. Jahrhundert nicht anders. Anderseits ist das Clavichord eben auch jenes Tasteninstrument, das man seines überaus feinen Klangs auch nachts spielen kann, ohne dass die Nachbarn etwas davon bemerken, geschweige denn aus den Betten und Schlafmützen fallen. Die beiden machen eine ausgesprochen ausgeschlafene Musik, und es lohnt sich, in jeden Takt genau und aufmerksam hineinzuhören, in die galanten oder auch empfindsamen Wendungen dieser vorklassischen Musik, die keine große Musik ist, aber von bezwingender Liebenswürdigkeit. * Musikbeispiel: Joh. Ph. Kirnberger - 1. Satz, Adagio aus: Sonate G-dur für Flöte und b.c. Soweit erst einmal das Eingangs-Adagio aus der Sonate G-dur für Flöte und continuo von Johann Philipp Kirnberger, gespielt von Benedek Csalog und Miklós Spányi. Spányi spielt auf dieser CD auch einige Werke für Klavier solo, und da spitzt man natürlich die Ohren. Ja, es ist durchaus möglich, auf dem Clavichord ein forte zu realisieren. Alles nur eine Frage der Relationen. Man hört sich in den spezifischen Klang hinein, und schon nimmt man die differenziertesten Ausdrucksformen wahr. Am Schluß eines Variationenwerks von Johann Gottfried Müthel steht eine Fantasie, und zum nächtlichen, selbstverlorenen Phantasieren war immer schon das Clavichord das Instrument der ersten Wahl. Spányi spielt das Ganze wie improvisiert, und man muss nur daran denken, bitteschön den Verstärker nicht zu weit aufzudrehen, sondern eben auch beim Hören ein wenig nächtliche Stille zuzulassen, und schon kann man sich auf eine Weise in Musik und musikalisches Denken vertiefen, wie das nicht eben oft der Fall ist. Eine CD für Fans. * Musikbeispiel: J. G. Müthel - aus Variation 10, Fantasia, Poco adagio aus: Tempo di Minuetto con Variazioni

Norbert Ely |