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Klimawandel in der Antarktis

Aufgrund ihrer Abgeschiedenheit bietet die Antarktis einzigartige Möglichkeiten für Biologen, Geologen und Klimatologen. Trotz rauer Klimabedingungen bekommt das Naturparadies am Südpol immer mehr Zulauf von Touristen. Die Pflanzen- und Tierwelt habe sich durch die Touristenschiffe bereits verändert, war dann auch auf der internationalen Polartagung in Jena zu hören.

Von Stefan Römermann |
    Diedrich Fritzsche gehört zu den Urgesteinen unter den deutschen Polarforschern. Noch bevor 1981 die erste deutsche Antarktis-Station Neumeyer gebaut wird, erlebt er in der sowjetischen Station seinen ersten antarktischen Winter. Eine Grenzerfahrung. Monatelang sind Fritzsche und seine russischen Kollegen dort von der Außenwelt abgeschnitten. Die einzige Verbindung nach Hause: Telegramme, die per Kurzwelle auf Festland gefunkt werden:

    "Die waren auch teuer, und das dauerte lange. Und man hat also geschrieben: Mir geht’s gut! Und tschüss! Und viel mehr kam da nicht an Informationen, und heute haben wir auf allen Stationen zumindest E-Mail und auf Neumeyer sogar direkte Internetanbindung."

    Mit schwerem Gerät bohrt er sich durch die durch die dicken Eispanzer. Doch er sucht nicht nach Öl oder Erdgas: Ihm geht es um die Eisblöcke, die er dabei ans Licht holt. Wie in einem Geschichtsbuch liest er aus den Eisbohrkernen das Klima längst vergangener Zeiten ab:

    "Eis konserviert in Form von Luftblasen alte Atmosphäre. Wir haben also je nach Bohrstelle über zehntausende, bis hunderttausende Jahre Proben aus der Erdatmosphäre. Wir können also eine ganze Menge lernen, was Klima angeht."

    Eiszeiten und Hitzeperioden hat es natürlich schon immer gegeben. Doch die Daten zeigen: Der Mensch tut eine Menge, um diese Extreme zu verstärken: Die Konzentration des Treibhausgases CO2 in der Atmosphäre war zum Beispiel noch nie so hoch wie heute, erklärt Fritzsche.

    Sein Kollege Peter Convey kennt die Daten genau. Die Folgen hat er mit eigenen Augen gesehen: Auf der Antarktischen Halbinsel, jenem Landzipfel, der sich auf der Landkarte Südamerika entgegenstreckt. Für die Britische Antarktis Survey-Gesellschaft besucht er die Gegend seit 15 Jahren immer wieder. Und wie im Zeitraffer kann Convey dort die Auswirkungen der globalen Erwärmung beobachten. Manche Gegenden, die er vor ein paar Jahren besucht hat, erkennt er heute kaum wieder:

    "Es gibt Gegenden, wo die Gletscher und Schneekappen komplett geschmolzen sind. Wo vor ein paar Jahren noch eine Eiswüste war, ist jetzt eine Steinwüste. Und im gleichen Zeitraum haben sich zum Teil auch bestimmte Pflanzen rasend schnell ausgebreitet."
    Die Daten sprechen eine klare Sprache: Die Durchschnittstemperatur steigt auf der Halbinsel fast fünfmal so schnell wie in Europa:

    "Es ist eine der drei Gegenden, die sich weltweit am stärksten erwärmt haben. Rund drei Grad über die letzten fünfzig Jahre. Das ist schon eine ziemlich schnelle Erwärmung."

    Doch auch Wetterphänomene wie "El Niño" können das Klima einer Region langfristig verändern. Den Einfluss des Menschen kann daher auch Convey nicht genau berechnen.

    Auf King George Island, ein paar hundert Kilometer nordwestlich hat der Mensch allerdings deutliche Spuren hinterlassen: Leere Ölfässer und anderer Müll verrottet dort im Schnee. Und auch Tourismus wird zunehmend zum Problem. Denn selbst Naturfreunde, die einfach nur ein paar Fotos von brütenden Pinguinen machen wollen, sorgen für Stress bei den Vögeln – die dann nicht selten ihre Brut verlieren. Die junge Biologin Simone Pfeiffer will deshalb alle Parteien an einen Tisch bringen:

    "Das heißt, ein speziell verwaltetes Gebiet zu schaffen, in dem alle Staaten übereinstimmen, die da vor Ort sind, dass sie Regeln anerkennen und so einen erhöhten Schutzstatus für das Gebiet erwirken."

    Die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Schließlich haben solche Vereinbarungen in anderen Regionen auch funktioniert.