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König Kunde

Am Lehrstuhl für Marketing der Universität Stuttgart-Hohenheim betrachtet man Studierende als Kunden und demzufolge auch als kleine Könige. Lehrstuhlinhaber Professor Markus Voeth sichert ihnen deshalb in einem bundesweit einzigartigen Projekt eine Fülle von Service-Garantien zu. Der Student als Kunde König.

Von Thomas Wagner |
    Ein ungewöhnliches Bild - ein Professor, der Marketing lehrt, nimmt eine Bohrmaschine in die Hand:

    "Das hätten einige nicht gedacht, dass ein Hochschullehrer so etwas hinbekommt. Aber bei vorgebohrten Löchern ist ihm dass denn doch möglich."

    Noch ein paar Schrauben hineingedreht - und schon hängt sie an der Wand - die Proklamation von Professor Markus Voeth vom Lehrstuhl für Marketing an der Universität Hohenheim. Auf der Urkunde im Ostflügel des Hohenheimer Schlosses lesen die Studierenden erstaunliches - nämlich zehn verbindliche Service-Versprechen, deren Einhaltung Professor Voeth und seine Mitarbeiter ab sofort garantieren:

    "Also zunächst einmal: Das für meine Studenten vielleicht wichtigste Service-Versprechen ist die garantierte Diplomarbeits-Korrekturzeit innerhalb von vier Wochen. Wer seine Diplomarbeit abgegeben hat, der möchte sich bewerben. Und wer drei Monate, so wie es die Prüfungsordnung dafür vorsieht, darauf warten muss, der hat eben einen sehr langen Zeitraum. Und vier Wochen ist da ein sehr nützliches Versprechen für die Studierenden."

    Ein zweites Service-Versprechen betrifft alle 200 Marketing-Studierende in Hohenheim, nicht nur diejenigen, die kurz vor dem Abschluss stehen:

    "Meine Mitarbeiter haben sich dazu verpflichtet, gemeinsam innerhalb von einem Werktag Studentennachfragen, die per e-Mail eingehen, zu beantworten. Das hört sich zunächst mal nicht toll an., Das sollte man meinen, wäre selbstverständlich. Auf der anderen Seite: Wenn Sie überlegen, dass Sie jeden Tag 60 bis 80 Anfragen von Studenten bekommen, dann ist es auch für einen Mitarbeiter nicht immer leicht, innerhalb von einem Werktag fundiert zu antworten. Und wir haben zwischenzeitlich intern so umorganisiert, dass wir das sicherstellen können."

    Die Liste der Service-Versprechen umfasst zehn Punkte. Demnach bekommt jeder Studierende nach einem Seminar ein persönliches Feedback-Gespräch; ebenso verpflichtet sich der Lehrstuhl zum Aufbau von Kontakten mit Unternehmen - Kontakte, bei denen Praktikumsplätze oder gar Jobs herausspringen. Bricht der Lehrstuhl eines dieser Versprechen, haben die Studierenden die Möglichkeit, dies in einem Internet-Forum zu veröffentliche. Den Studierenden sieht Professor Voeth als Kunden; und der Kunde sei selbstverständlich König - eine Erkenntnis, die ihm und seinen Mitarbeitern nicht so rein zufällig gerade Anfang 2007 gekommen ist.

    "Ich denke, dass sich mit der Einführung von Studiengebühren an den Universitäten tatsächlich etwas ändern muss, aber auch ändern wird. Und wir wollen ein Stück weit auch ein Zeichen setzen, dass Universitäten nicht warten wollen, bis die Studiengebühren da sind, die Möglichkeiten dann noch etwas besser bestehen, tatsächlich serviceorientiert zu arbeiten. Wir wollen eben auch jetzt schon damit loslegen."

    Die Studierenden, so scheint es, haben auf so etwas geradezu gewartet. Tobias Möller und Bettina Weisser studieren Wirtschaftswissenschaften in Hohenheim. Sie gehören damit zu den ersten Nutznießern des Service-Versprechens. Das Ganze ist für sie mehr als ein PR-Gag:

    "Das ist was dran. Das ist nur eine hohle Aussage. Ich denk mal wirklich, dass man sich auch verlassen kann als Student, also bei diesem Lehrstuhl. Also bei anderen Lehrstühlen können wir skeptischer sein. Aber bei diesem Lehrstuhl kann man sich drauf verlassen."

    "Also sinnvoll ist es auf jeden Fall in Bezug auf die Studiengebühren, die ja jetzt eingeführt wurden, dass die Studenten eben auch das Gefühl haben, dass die gefördert werden und dass die Studenten auch das Gefühl haben, dass etwas für sie getan wird."

    Da klingt unausgesprochen eine Entwicklung mit, die immer deutlicher zutage tritt: Dass nämlich die Hochschulen vor allem bei den Master-Studiengängen zukünftig um die Gunst der Studierenden buhlen müssen, vor allem dann, wenn Studiengebühren erhoben werden. Da kann ein guter Service am Lehrstuhl schon ein Argument sein, sich dort und nirgendwo sonst einzuschreiben. Dass von dem Projekt Signalwirkung auf den ganzen Hochschulbetrieb ausgeht, ist für die Mitarbeiter, aber auch für die Hochschulleitung der Uni Hohenheim ausgemacht - und auch dringend nötig. Viele Studierende sehen beispielsweise gerade bei allgemeinen Dienstleistungen der Uni noch Defizite, so zum Beispiel:

    "Bei der Betreuung. Wartezeiten vor dem Studentensekretariat, Wartezeiten zum Beispiel vor dem Prüfungsamt - da sehe ich das größte Defizit."

    "Ein großes Defizit hat zum Beispiel auch die Verwaltung, was man an den Hörsaalkapazitäten sieht, was man einfach auch an der Servicefreundlichkeit des Prüfungsamtes sieht. Dort herrschen Sprechzeiten von drei oder vier Stunden pro Woche. Und ich denke, da sollte im nächsten Schritt etwas passieren", "

    so Daniela Mezger und Andreas Kramer, Studierende der Uni Hohenheim - Argumente, die sich nun, nach dem Service-Versprechen ihres Profs, nicht so einfach wegdiskutieren lassen, wenn die angesprochenen Bereiche auch mit dem Lehrstuhl selbst nichts zu tun haben. Doch bereits hier zeigt sich die Signalwirkung. Florian Klebs, Sprecher der Uni Hohenheim:

    " "Wir werden in einigen Monaten ein Studierenden-Service-Center einrichten, in dem wir alle Leistungen bündeln, so ähnlich wie das Städte mit den neuen Bürgerbüros machen, so dass es weniger Wartezeiten gibt, weniger Wege, es gibt für vieles nur noch einen Ansprechpartner, man kann alles vor Ort erledigen."